Kapitel 7

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„... du Scheiße... ist denn hier los?"
Ich hörte leise Wortfetzen, die so klangen, als würde jemand von einer sehr großen Entfernung rufen. Identifizieren konnte ich die Stimme jedoch nicht.
Ich merkte jedoch, dass ich langsam wieder die Kontrolle über mich zurückgewinnen konnte. Meine Augen fühlten sich aber so an, als würden mehrere Gewichte auf den Lidern liegen, sodass ich sie nicht öffnen kann.
„Fuck... mache ich jetzt? ... Freakshow..."
Die Stimme wurde lauter. Ich konnte erkennen, dass es sich um eine weibliche Person handeln musste. Sie muss in Panik sein! Karo?
Mit viel Kraft und Anstrengung schaffte ich es letztendlich meine Augen zu öffnen, konnte sie aber schwer aufhalten.
„Karo?" murmelte ich.
Die Person stand direkt vor mir. Es handelte sich jedoch nicht um Karo, sondern um Jana, dessen Kleid, welches sie den ganzen Tag trug, zerrissen war. Sie fiel mir sofort um den Hals und drückte sich fest an mich.
„Oh mein Gott! Ich dachte du wärst tot!" sagte sie während der Umarmung.
„Das dachte ich bis gerade auch..." antwortete ich und musste gähnen. Ich fühlte mich so müde und erschöpft, als hätte ich eine ganze Woche geschlafen. Jana löste indes die Umarmung hielt mich aber noch an den Unterarmen fest.
„Was läuft hier heute ab? Ich werde verfolgt, muss in diesen schrecklichen Keller flüchten und finde dich auf diesem Stuhl..." sagte Jana hektisch.
Ich erzählte ihr die ganze Geschichte über die Spritzen-Folter und was ich geträumt habe.
„Die scheiß Drohne? Und Emily und Mike sind tot meinst du?!"
Ich gähnte und antwortete ihr leise: „Ich hoffe nicht..."
Während ich dies sagte, öffnete Jana eine Schublade, des Tisches, auf dem die ganzen Spritzen lagen.
„Pentobarbital... deshalb bist du also so müde, Robbi!" sagte Jana.
„Ich habe einfach nur geschlafen? Karo sagte, das Zeug bringt einen um!"
Jana tropfte sich ein wenig Pentobarbital auf den Finger und leckte daran. Sie schaute zu mir.
„Da ist so wenig von drin. Ich tippe mal auf ein Verhältnis von 99% Wasser und maximal 1% Pentobarbital. Das hat dich einfach ein wenig schlafen lassen". Ich war beeindruckt von Jana's Wissen.
„Oh Mann, hier ist die Hölle los und ich penne einfach friedlich. Und Karo denkt bestimmt, ich hätte mich mit dem Zeug umgebracht." sagte ich und trat eine benutzte Spritze, welche auf den Boden gefallen war in Richtung Tür.
„Hast du sie oder irgendjemanden oben gesehen, Jana?"
„Nein, ich musste vor diesem Perversen weglaufen. Der hat mich einfach von hinten gepackt und festgehalten. Ich konnte gerade so abhauen, aber mein neues Kleid ist wegen diesem Arschloch ruiniert" erklärte Jana und zeigte auf die beschädigten Stellen ihres Kleides.
„Wer war das?" fragte ich.
„Keine Ahnung, so ein alter Mann. Ich dachte auf den ersten Blick zuerst, es wäre Ian gewesen" antwortete Jana.
Fuck...
„Wir müssen nach oben und gucken, was mit allen los ist, Jana!"
„Ich gehe da nicht hoch. Denkst du, ich laufe diesem Wichser in die Arme? Der hat dich betäubt, Mann!" antwortete Jana und zeigte mir einen Vogel.
„Aber wenn der Typ es jetzt auf die anderen abgesehen hat? Mike und Emy scheint es schon erwischt zu haben. Karo und Ian laufen bestimmt auch noch irgendwo herum und ich habe während ich diesen Drohnen-Traum hatte gesehen, dass irgendwas mit Theresa und Paul passieren könnte..." erläuterte ich Jana und ging einen Schritt auf sie zu.
„Die beiden sind mir sowas von scheiß egal!" rief sie.
Auf einmal hatte ich so einen Drang in mir, der wollte, dass ich etwas unternehme und nicht wie sonst so oft etwas unberührt lasse, da ich mich einfach nicht traute aus meiner Komfortzone zu kommen.
„Jana, bitte... Ich brauche dich jetzt..." ich ging zu ihr, griff nach ihrer Hand und schaute tief in ihre Augen und merkte, wie schön diese doch waren.
Einen kleinen Moment war es totenstill.
Ohne etwas dagegen tun zu können, sagte mein Mund: „Du bist so eine tolle Frau, Jana. Du bist einfach so stark..."
Was machst du da, Robbi? Denk erst, bevor du sprichst!
„Das ist auch nicht immer so..." antwortete sie und unterbrach den Augenkontakt, indem sie nach unten schaute.
Ich konnte mir Jana einfach nicht anders vorstellen. Sie hatte immer eine klare Meinung und wirkte immer authentisch und tough. Viele Leute stempelten sie direkt als die arrogante Tochter des reichen Geschäftsführers Augustus Jerillo ab. Ich hatte immer das Gefühl, dass hinter dieser Fassade eine völlig andere Person sei. Dies konnte vor allem Theresa nie verstehen.
„Erzähl mir mehr über den Typen, der dich verfolgt hat, Jana. War er bewaffnet?"
„J-Ja..." antwortete Jana sichtlich verängstigt. „Er hatte eine Machete in der Hand, als er mich im Flur überraschte..."
„Scheiße..."
Mir kam immer mehr die Angst, dass die anderen dem Kerl in die Arme laufen würden. Ein Gefühl, welches wahrscheinlich dem vielen Adrenalin geschuldet war, des Tatendrangs machte sich in meinem Körper breit.
„In diesem Raum ist nichts außer den ganzen Spritzen..." sagte ich.
„Und wenn wir eine Spritze mit dem Schlafmittel füllen und dem Wichser in den Hals schlagen?" Jana war wohl ebenfalls Adrenalin getrieben.
„Das wäre wahrscheinlich unsere einzige Chance..." antwortete ich, hob eine Spritze vom Boden auf und überreichte sie Jana, die jene zu etwa einem Fünftel mit Pentobarbital füllte.
„Aber woher wissen wir, wo wir nach ihm suchen sollen?" fragte sie und ging in Richtung Tür.
„Vertrau mir, er muss draußen sein. Ich habe einfach so ein starkes Gefühl, dass irgendwas dort passieren wird..." ich erinnerte mich an die Vision, die ich als Drohne sehen konnte.
„Wir müssen aber sehr leise agieren, Robbi, ja?" sagte Jana mir in die Augen schauend.
„Stimmt. Er wird wahrscheinlich gerade nicht das ganze Gelände im Blick haben, deshalb leise, aber schnell" antwortete ich und griff den Türknauf der Holztür, aus der ich Karo, kurz bevor ich eingeschlafen war, laufen sehen konnte.
Bevor ich die Tür öffnen konnte griff Jana mich am Arm. Ihr Hand war recht kühl geworden. Sie lächelte und zog sich ihre Schuhe aus, sodass sie nun barfuß da stand.
„Den Absatz hört man auf hundert Meter" sagte sie und zwinkerte mir zu.
„Wir konntest du damit überhaupt so schnell wegrennen?" fragte ich verwundert.
„Jana Jerillo kann so einiges" sagte Jana und zwinkerte erneut, griff dann meine Hand, die sich immer noch am Türknauf und öffnete die Tür, sodass wir uns nun auf den Weg ins Erdgeschoss machen konnten.
Wir kamen an dem Bild vorbei, welches ich mir mit Karo angeschaut habe. Es machte mich wirklich fertig, nicht zu wissen, wie es ihr und den anderen ging.
„Wer hängt sich so etwas schreckliches an die Wand?" flüsterte Jana angewidert und lief weiter zur Treppe.
Auf Zehenspitzen gingen wir beide herauf und waren wieder im Raum angekommen, in dem es vor ein paar Stunden noch nach einem tollen Party-Wochenende aussah. Der Raum sah noch genau so aus, wie ich ihn verlassen hatte. Das riesige Porträt von Ian's Onkel, das Sofa und die ganzen Koffer und Flaschen, welche überall verteilt herumstanden. Aber nirgendwo eine Spur von einer Menschenseele.
„Komm nach draußen, Robbi!" sagte Jana und winkte mich zu ihr hin.
Wir blieben an der geöffneten Haustür stehen und linsten um die Ecke. Es war niemand zu sehen. Als ich ein wenig weiter nach oben schaute, konnte ich Ian's Drohne erkennen. Sie flog frei hin und her.
„Meinst du, dieser Psycho kann uns mit dem Teil sehen?" fragte mich Jana.
„Ich kann es mir gut vorstellen. Am besten laufen wir erst, wenn die Drohne weg ist" antwortete ich.
In den wenigen Sekunden merkte ich, dass Jana am Zittern war. Ihr Körper schüttelte sich wirklich stark, wie als wenn einem ein Schauer über den Rücken läuft.
„Alles OK, Jana?" fragte ich leicht besorgt.
„Hm? Ja, es geht schon..." antwortete sie schnell und sprintete in Richtung Hütte, zu der auch Paul und Theresa in meinem Traum gelaufen sind.
Während des Spurts schaute ich besorgt nach oben, um sicher zu gehen, dass uns weder die Drohne, noch irgendwer anders erwischen würde.
Und tatsächlich: Paul und Theresa!
Als wir die beiden erreichten, fiel ich den beiden um den Arm. Ich war sehr froh, dass ihnen nicht passiert war.
„Was läuft hier für eine Show ab?" fragte Theresa und ich erkannte, dass sie Tränen in den Augen hatte. Außerdem hatte sie viel Blut an ihren Handflächen.
„Es geht uns allen beschissen... Reiß dich zusammen!" hetzte Jana.
„Halt deine scheiß Fresse, Jana. Oder hast du schon mal jemanden tot vor dir liegen sehen?" rief Theresa, fing an zu weinen und schubste Jana, sodass Blutspuren auf ihrem zerrissenen Kleid blieben.
„Tot?" fragte ich und spürte ein Stechen in der Herzgegend. Ich dachte sofort an meinen Traum.
„Wir haben einen Knall gehört... Hinter der Villa..." Paul machte eine kurze Pause.
„Überall lagen Glasscherben... Emily muss aus dem Fenster gefallen sein und ist auf einer Axt gelandet..." fuhr er fort.
„Ich weiß..." murmelte ich vor mich hin, während ich versuchte mich zu ordnen. Ich musste direkt daran denken, dass Theresa's Bein eine Art Aura um sich hatte. Was könnte das nur bedeuten?
„Verdammte Scheiße, wie lange wollen wir hier noch rumstehen? Wir müssen hier weg!" sagte Jana mit ihrer dominanten Stimme.
„Bitte passt auf euch auf, Leute... Hier könnten überall Gefahren lauern!" sagte ich und schaute auf den Boden, ob irgendwo eine Falltür im Rasen versteckt sein könnte. Es war jedoch nichts auffälliges zu sehen.
Paul sah sich hektisch um, nahm Theresa an die Hand und sagte: „Wir laufen zum Gepäck. Da sind unsere Handys. Damit rufen wir Hilfe!"
Ich nickte und blickte dann zu Jana. Sie stemmte eine Hand in die Hüfte.
„Holen wir die Axt, Robbi? Ich will diesem Typen seine Eier abhacken, dafür dass er mein Kleid zerstört hat!"
„Die erste vernünftige Idee von dir seit langem..." meinte Theresa zu ihrer Feindin.
Ich meine gesehen zu haben, wie Jana's Mundwinkel für den Bruchteil einer Sekunde nach oben gingen.
„Und du bezahlst mir die Reinigung der Flecken!" antwortete sie. Theresa musste tatsächlich lächeln.
„Wir schaffen das, Leute!" versicherte Paul uns und lief mit Theresa Richtung Villa.
Jana und ich machten uns auf den Weg, um hinter die Villa zu gelangen, um dort Emily's Körper zu finden. Es sah alles aus wie in meinem Traum.
„Ruhe in Frieden, Emy" flüsterte ich, um ihr die letzte Ehre zu erweisen.
„Du musst sie auf die Seite drehen, Robbi. Dann ziehe ich die Axt aus ihrem Rücken..." sagte Jana.
Ich sah ihr in die Augen und nickte. Ich beugte mich also über Emily, berührte mit der rechten Hand ihre Schulter und mit der linken Hand ihre Kniekehle und rollte sie auf die Seite. Ihr kompletter Rücken war voll mit Blut.
„Augen zu..." sagte Jana und packte den Holzgriff der Axt.
Während ich noch hockte, um den Körper zu stützen, schloss ich die Augen und wartete darauf, dass Jana ziehen würde. Während den wenigen Sekunden hörte ich ein Surren. Ich kannte dieses Geräusch. Ich war mir sicher, es war Ian's Drohne. Ich öffnete die Augen wieder. Und tatsächlich, sie schwirrte genau in dem Moment, als Jana mit einem kräftigen Ruck die Axt aus dem Rücken ziehen konnte.
„Oh fuck! Das wollte ich nicht sehen!" rief ich und ließ mich nach hinten fallen.
„Warum guckst du auch hin?" fragte Jana, die die Axt in der linken Hand hielt. Mit ihrer anderen Hand wischte sie sich etwas von Emily's Blut vom Kleid.
„Weil da oben die Drohne von Ian ist!" sagte ich und zeigte mit dem Zeigefinger in die Luft, sodass Jana sehen konnte, wo die Drohne sich befand.
„Hey Ian!" rief ich und wedelte mit den Armen.
„Was macht der Kerl eigentlich mit dem Ding?" fragte Jana.
„Er kann damit das ganze Gelände filmen und überwachen. Ich hoffe nur, dass auch wirklich er die Drohne steuert und nicht dieser Killer" antwortete ich.
„Apropos. Wo kann ich den Typen aufschlitzen?" fragte Jana.
„Komm, lass uns gucken wo Theresa und Paul sind!" schlug ich vor und wir liefen zur großen Eingangstür, wo Ian uns am Anfang begrüßt hat.
Doch dort fanden wir keinen der beiden vor. Stattdessen lief uns jemand ganz anderes in die Arme...

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⏰ Letzte Aktualisierung: Feb 16, 2023 ⏰

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