Skylla fantasiert vom Untergang spartanischer Schiffe; von Fieberträumen und Circes Verschwörungen, die Männer in Schweine verwandeln. / Mit ihren Augen ruft sie die Toten; vergleicht ihre blassbesprenkelten Schuppen mit der Art, wie ihre hellen Knochen im Licht des Mondes schimmern und fragt sich, was an ihr noch so lebendig ist wie damals, als ihre Pflaumenlippen triumphal die Hälse von menschlichen Jungen berührten und sich ihre Moleküle lebhaft kräuselten. /
Mama, was ist Trauer?, hatte sie manchmal gefragt. / Ausbleibende Tränen, hatte ihre Mutter geantwortet, Gesicht eingefallen und neugierig, Vanilleöl und Arsen. / Skyllas Tränen sind längst versiegt, ihre Kehle wund von dem Geschmack des Giftes, das sie aus den Gaumen der Jungen trank. / Sie ist ein Körper gewunden aus krummen Memoiren vergessener Töchter, sie kennt das Mädchen-sein nicht so wie es die Dichter beschreiben: Aprikosenträume, plumpe Lippen, Honigbienenlust. / Zu Skyllas Füßen schwimmt nur der Ozean, schäumend aus ihren kochend-zerflossenen Träumen gewoben. / Ihr Herz brennt und sie fragt: Ist das Trauer, Mama, ist das Schmerz? / Skyllas Herz brennt in seiner schuppigen Hülle und sie fragt sich, ob sie nichts aus der Geschichte des Prometheus gelernt hat.