Kapitel 6

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Elsa richtete sich zitternd auf. Ihre Arme hingen schlaff an ihr herunter. Alle Kraft schien aus ihnen gewichen zu sein. Was war passiert? Ihr Kopf schmerzte und sie konnte ihren unnatürlich lauten Herzschlag hören.

Ihr Blick wanderte zu den Büchern, die aus den Regalen gefallen waren und nun überall verstreut auf dem Boden lagen, oder sogar noch ein Stockwerk tiefer gefallen waren.

Eine dicke Eisschicht umschloss eins der Regale und spitze Eiszapfen standen von ihm ab, wie eisige Schwerter. Direkt unter diesem Regal befand sich der größte Haufen Bücher. Genau an der Stelle, an der sie Jack vermutete. Angst stieg in ihr auf. Panische Angst. Was war mit ihm? Ging es ihm gut? Tränen begannen ihre Wange herunter zu laufen. Sie wollte nicht schon wieder jemanden verletzt, jemanden in Gefahr gebracht haben, wie damals Anna.

"Jack?"

Keine Antwort. Elsa eilte auf den Bücherhaufen zu. Die spitzen Eiszapfen lösten sich unter ihrer Berührung auf und schmolzen zu Wasser, das bald den ganzen Boden bedeckte und hinunter in das untere Stockwerk der Bibliothek tropfte.

Plötzlich bewegte sich etwas unter den vielen Büchern. Der Haufen erzitterte und ein besonders dickes Buch fiel Elsa genau vor die Füße.

"Jack?"

Hoffnung stahl sich in Elsa's Stimme, als sie sich auf die Knie sinken ließ und begann ein Buch nach dem anderen zur Seite zu schieben. Dann hatte sie auf einmal Jack's Arm in der Hand. Seine Finger schlossen sich fast sofort um ihre, wie um sie zu beruhigen und ihr zu sagen, dass es ihm gut ging. Ein ersticktes Schluchzen stieg in Elsa auf, und ein riesen Stein fiel von ihrem Herzen. Das kalte Wasser, das ihr Kleid durchdrängte bemerkte sie gar nicht. Dann begann sie noch schneller die Bücher von Jack weg zu räumen.

Als sie einen von seinen Armen freigelegt hatte, ging es ganz schnell. Zusammen räumten sie ein Buch nach dem anderen zur Seite, bis zuletzt nur noch eins seiner Beine unter zwei dicken Lexika begraben war.

Mit zitternden Händen schob sie die beiden dicken Wälzer bei Seite.

"Es- es tut mir so- so leid!" Ihre Stimme war kaum zu verstehen und schon wieder stahlen sich Tränen in ihre Augen, die sie verärgert bei Seite wischte.

Elsa traute sich kaum in Jacks Richtung zu sehen. Da hatte sie gerade jemanden gefunden, der genauso war wie sie, der genauso wie sie mit dem Eis verbunden war - und dann jagte sie ein zwei Meter hohes Bücherregal hinter ihm in die Luft.

"Elsa", die Zärtlichkeit in Jacks Stimme ließ für einen Moment ihren Atem stocken, "Es ist alles in Ordnung!"

Seine Augen suchten ihre. Elsa bemerkte sein kurzes Zögern, dann griffen seine Hände nach ihren. Sie wirkten erstaunlich warm und erst jetzt bemerkte Elsa, dass ihr ganzer Körper eiskalt war.

"Was du getan hast... Das war einfach unglaublich!"

Elsas Augen weiteten sich vor Überraschung. Was sie in seiner Stimme hörte war keine Angst, wie sie erwartet hatte, sondern pure Bewunderung. Seine tiefblauen Augen glänzten vor Begeisterung und für einen Moment konnte Elsa alles vergessen: Ihre immer begleitende Angst vor sich selbst, das kalte Wasser, in dem sie beide saßen und das klamme, kalte Kleid, das sie trug.

"Danke"

Und irgendwie wusste Elsa in diesem Moment, dass Jack sie verstand. Dass er ihre Dankbarkeit für all das, was er in den letzten Stunden für sie getan hatte, dass er für sie dagewesen war, verstand, ohne dass sie es groß in Worte packen musste.

Sanft zog er sie auf die Füße. Den Holzstab nahm er locker in die rechte Hand, während sich sein linker Arm um ihre Taille legte und sie sanft, aber bestimmt, an ihn zog.

Forbidden Love - Jelsa FanfictionWo Geschichten leben. Entdecke jetzt