Egal, was passiert...

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„Man Dag, es kann doch nicht sein das du wegen einem Wort wieder alles umschreiben willst. Wir haben keine Zeit mehr!", Vincent sah mich mit zusammengezogenen Augen an bevor er aufstand und das Studio verließ.
Mittlerweile war das seit zwei Wochen der fast tägliche Ablauf im Studio.
Wir blödelten rum, schrieben an Texten und spielten die letzten Instrumentals ein, doch immer wieder kam ein Punkt an dem Vincent mich wegen einer Kleinigkeit anging und das Studio, fast fluchtartig, verließ.

Die ersten Tage hatte ich auf ihn gewartet, meistens kam er nach ein paar Minuten zurück, doch irgendwann hatte ich keine Lust mehr zu warten und ging.
Ich packte meine Sachen zusammen, fuhr Vincents PC herunter und löschte die Lichter im Aufnahmeraum, bevor ich die Tür abschloss und die letzten Kleinigkeiten auf der unteren Etage einsammelte.
Gerade als ich meine Jacke angezogen und den Rucksack auf den Rücken geschmissen hatte, kam Vincent zurück.

„Du rauchst ganz schön viel in letzter Zeit.", besorgt sah ich ihn und die Schachtel in seiner Hand an, Vincent hatte nie wirklich viel geraucht, aber in letzter Zeit machte er mir starke Konkurrenz.
„Und? Kann dir doch egal sein, schließlich bist du nicht besser.", seine Aussage traf mich, in all den Jahren hatte er nie Probleme damit gehabt oder sich negativ dazu geäußert.
„Ich denke ich fahr jetzt besser nach Hause, bis morgen Vince.", es war das erste mal das ich mich unwohl fühlte als ich die kleine Zwischentreppe hinunterlief um mein Fahrrad zu holen.

„War ja klar das du jetzt wieder die Biege machst", traurig sah ich zu ihm nach oben, wusste nicht was ich tun geschweige den sagen sollte.
Der Mann am oberen Rand der Treppe war seit geschlagenen 26 Jahren mein bester Freund, mein Bruder und wahrscheinlich die Person die mich besser kannte als ich mich selber, aber im Moment fühlte ich mich in seiner Gegenwart nicht wohl.

„Ich mache nicht die Biege Vincent, ich habe nur die letzten Tage das Gefühl in deiner Umlaufbahn nicht willkommen zu sein. Ich denke ich werden morgen zu Hause bleiben.", ein letzter trauriger Blick bevor ich das Studio verließ und die schwere Studiotür hinter mir ins Schloss fiel.
Alles in mir schrie einfach wieder zurück ins Studio zu gehen und die Sache aus der Luft zu schlagen, aber ich hatte Angst vor dem was kommen würde, vor dem was mein Leben aus der Bahn bringen könnte.

Erst als ich vor der Haustür ankam und diese aufschließen wollte, merkte ich das ich zitterte und dabei war die Kontrolle über meinen Körper zu verlieren.
Ganz automatisch verstaute ich mein Fahrrad im Keller, lief die Treppen zur Wohnung nach oben, schloss die Tür auf und schloss sie wieder, hing meine Jacke und den Rucksack an den Haken bevor ich einfach auf den Boden fiel.

Ich wusste nicht wie lange ich auf dem Flurboden lag, doch als ich das nächste mal meine Umgebung wirklich wahr nahm, war es dunkel.
Mein Handy hatte mir den Eingang einer Nachricht von Vincent verkündet, das erkannte ich am Ton.
Mit immer noch zittrigen Fingern fischte ich es aus meiner Hosentasche, das Display blendete grell und ich brauchte einen Moment um meine Augen daran zu gewöhnen.

Not LonelyWo Geschichten leben. Entdecke jetzt