1. Kapitel

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Aruna

- Wochen zuvor-

Mein Heimatdorf, im Königreich Baicosta, wird von einer sich schnell ausbreitenden Krankheit befallen. Welche sich über den ganzen Körper erstreckt und dabei eine Art Verätzung oder Verbrennung auf der Haut hinterlässt. Alle Dorfbewohner zählen auf die Kenntnisse und Hilfe meiner Familie. Schließlich sind wir seit vielen Generationen auf das Apothekerhandwerk spezialisiert.  

Schon der Urgroßvater meines Großvaters, der erste Apotheker des Königreiches, wuchs hier auf und zog durchs ganze Land um seine Kenntnisse und Weisheiten zu verbessern. Es ist unsere Berufung den Menschen zu helfen die unsere Hilfe benötigen. In unserer Familie werden seit Generationen die mühsam gesammelten Forschungen und das gesamte Wissen über jegliche uns bekannten Heilkräuter weiter vererbt.  

Meine Eltern und ich durchforsteten schon unzählige dieser alten Bücher, immer auf der Suche nach einem passenden Heilmittel. Denn keine der üblichen Methoden zur Linderung von Verbrennungen oder Nesselgiften, zeigt ansatzweise eine Wirkung. Unsere letzte Hoffnung liegt in diesen alten Büchern meiner Vorfahren. 

"Das muss es sein!", ruft mein Vater voller Freude, doch mit jeder weiteren Zeile die er liest versiegt die zu vorige Freude wieder. Wie es scheint, suchen wir eine äußerst seltene Pflanzenart, welche in unserer näheren Umgebung nicht wächst und nur in Bergregionen anzufinden ist. Den Aufzeichnungen zufolge soll im Königreich Ragna, am Fuße des Berges Fairsol, eine Lichtung existieren. Auf dieser Lichtung wächst eine der letzten Gattungen dieser seltenen Pflanzenart.

Ich muss dort hin, auch wenn es nur ein kleiner Hoffnungsschimmer ist mein Heimatdorf damit von dem Elend zu erlösen. Solange es die Chance gibt, diese spezielle Pflanze dort zu finden, muss ich es versuchen. Eine Sache die mir meine Großmutter geraten hat war: "Wenn es sich für dich richtig anfühlt, wird es nie schlecht werden. Riskiere bevor du bereust!"

***

Nach 5 Tagen bin ich endlich am Ziel. Kann meinen Augen kaum trauen, nicht glauben was sich vor mir erstreckt.

Diese Lichtung ist wunderschön, atemberaubend und absolut einmalig, so viele mir bekannte Heilpflanzen sind hier vertreten. Außerdem sehe ich hier so einige Pflanzen die mir völlig unbekannt sind. Ich wusste gar nicht, dass es einen Ort wie diesen gibt, an dem sich so unterschiedliche Pflanzenarten zusammen finden. Es existieren noch Pflanzen die ich nur aus den alten Büchern kenne, wir glaubten sie seien für immer verschwunden. Damals gab es in unserer Gegend eine große lang anhaltende Dürre, welche viele Pflanzenarten ausgerottet hat. An diesem Ort scheint alles spurlos vorbei gegangen zu sein. 

So viele Dinge würde ich gerne von hier mitnehmen. Mir die Pflanzen ganz genau anschauen und über sie lernen, mit ihnen forschen und Weiterentwicklungen starten. Verstehen wieso sie genau hier so zahlreich blühen. Doch jetzt muss ich mich erstmal auf das wesentliche konzentrieren. 

Ich brauche die Wurzeln der Pflanze mit den violetten Blütenblättern und einem gelben inneren. Diese soll zu einer Paste mit noch anderen Heilpflanzen verarbeitet und großzügig auf den betroffenen Stellen verteilt werden. Schnell werde ich fündig und befülle meinen Sack mit so vielen Wurzeln wie ich tragen kann. 

Ein letztes Mal blicke ich zurück zur Lichtung und hoffe das ich eines Tages hierher zurückkehren werde. Dann mache ich mich auf den Heimweg. Je schneller ich wieder in meinem Heimatdorf bin, umso schneller können wir das Heilmittel herstellen. Und dadurch die Krankheit besiegen.

***

Endlich wieder daheim angekommen, muss die Wiedersehensfreude kurz gehalten werden, erstmal steht die Zubereitung der Paste an oberster Stelle. Da die Lage sich in meiner Abwesenheit stark verschlechtert hat, müssen wir uns noch mehr beeilen. Genauer gesagt sind in letzten 10 Tagen 12 Menschen an den Folgen der Krankheit verstorben und vielen geht es immer schlechter. Einige können sich nur noch mit Hilfe ihrer Liebsten bewegen. Darunter leider auch Bekannte unserer Familie.

Mehrere Stunden verbrachten wir mit der Verarbeitung der Wurzeln und endlich ist die Salbe fertig. Einige unserer engsten Freunde erklärten sich bereit die Salbe zu testen. Binnen weniger Stunden sahen wir Verbesserungen an ihnen und sie selbst fühlten sich auch schon erholter. Nun verteilten wir die Salbe an alle Menschen die von der Krankheit betroffen waren.

In mir stieg ein so berauschendes Gefühl empor. Ich war so Stolz und erleichtert, dass meine Familie es geschafft hatte und unser Dorf bald wieder normal weiterleben kann. Die ganze Mühe und Hürden die Wurzeln zu beschaffen hatte sich gelohnt!

Meine Eltern sind sehr stolz auf mich, dass ich diese Schwierigkeit auf mich genommen habe. Auch wenn sie am Anfang eher skeptisch waren, da es keine Garantie gab, ob diese Pflanze uns wirklich helfen wird. Doch jetzt waren sie nur erleichtert und glücklich!

Jetzt kann wieder Normalität in unser Dorf einkehren. Alle sind dankbar und erleichtert, sie schätzen unsere Arbeit sehr. So wie wir jeden einzelnen von ihnen schätzen. 

Das ist alles was ich je wollte! Menschen helfen und sie heilen. Doch mein Leben ist oft auch ziemlich eintönig und langweilig. Denn es gibt nicht oft so schlimme Krankheiten, worüber ich natürlich auch sehr froh bin, aber ich denke ich bin für mehr geschaffen. Ich kann mehr erreichen und Dinge entwickeln und vorantreiben. Seit dem Tag, dort oben auf der Lichtung, vergeht keine Minute wo ich nicht an diesen Ort denke. Die Möglichkeiten, die dieser Ort uns eröffnen kann, mir eröffnen kann, sind so unbeschreiblich groß. 

Ich frage mich, ob ich eines Tages dort hin zurückkehren werde? Werde ich meine Familie verlassen können und alle die ich kenne? Möchte ich ein komplett neues Leben in einem anderen Reich soweit weg von allem gewohnten führen? Meine Liebe zu meiner Familie sagt nein, aber meine Neugierde und Sehnsucht, auf neue Abenteuer und Erfahrungen, sagt ja unbedingt!

Wie dieser eine Ort mich auf einmal so verändert hat. Bevor ich dort war habe ich noch nie den Wunsch verspürt etwas in meinem Leben zu ändern, alles war okay so wie es war. Doch nur hinter frage ich so viel und bin mir von Tag zu Tag unschlüssiger, ob ich hier ein erfülltes Leben leben kann. 

***

 -vor 5 Tagen-

Diese Lichtung, lässt mich nicht mehr los. Seit Wochen ist sie mein einziger Gedanke. Als ich dort oben war, fühlte ich mich so frei und voller Tatendrang, mehr über all die dort wachsenden Pflanzen herauszufinden. Mehr über mich selbst heraus zu finden. Doch ich konnte mich bis heute nicht dazu durchringen, meine Eltern hier zurückzulassen und dort oben ein neues Leben zu starten. Dort oben könnte ich forschen und neue Methoden zur Anwendung von Heilpflanzen zu finden. 

Ich habe so viele Pläne und Träume, die ich hier in unserem kleinen Dorf einfach nicht verwirklichen kann. Auch wenn es mir schwerfällt, alles was ich Liebe zurück zulassen muss ich es tun. Hier werde ich einfach nicht mehr glücklich sein, nicht nachdem ich Diese wunderschöne Lichtung betreten hatte.

Ich muss dort hin zurück, hier fühle ich mich nicht mehr am richtigen Ort. Meine Neugierde siegt einfach immer und meine Eltern werden das verstehen. Sie verstehen mich immer und wollen auch nur das ich glücklich bin. Und wenn es heißt, dort oben im Wald zu sein, weit weg von meinem Zuhause. Ich liebe meine Eltern, dass werde ich immer tun und eines Tages, wer weiß das schon, werde ich vielleicht in mein Heimatdorf zurückkehren. Aber gerade ist der Drang in mir so groß, dass ich einfach dieses neue Abenteuer wagen muss.

Also packte ich ein paar meiner Sachen, ein paar der alten Bücher und unbeschriebene Bücher für neue Erkenntnisse ein. Bereit in ein neues Abenteuer zu starten. Ich verabschiede mich lange und mit vielen Tränen, unteranderem aber auch Freudentränen, von meinen Eltern und Bekannten und machte mich auf den Weg. 

Auf dem ersten großen Hügel bleibe ich stehen, drehe mich noch ein letztes Mal um. Verabschiede mich von meiner alten Heimat und der tollen Kindheit und Zeit die ich dort verbracht habe. Denn jetzt wartet ein ganz neues Leben auf mich und ich bin gespannt was alles auf mich zukommen wird. Doch ich werde es schaffen, ich bin bereit und gewillt alles zu bewältigen was kommen mag!


Der Duft der VersuchungWo Geschichten leben. Entdecke jetzt