Der Wind ist wirklich schön

281 10 0
                                    


Triggerwarnung: Dieses Kapitel spielt auf das Thema Selbstmord an





Hoseok POV

Nach dem ich stundenlang mit der U-Bahn ziellos durch die Stadt gefahren bin, bin ich nun hier gelandet. An der Mapo U-Bahnstation. Ironie des Schicksals?

Ich stehe vor dem Ausgang der U-Bahnstation und komme mir vor, wie eine Ameise, vor dem Eindruck der Hochhäuser, die mich umgeben: klein und als einzelnes Wesen vollkommen unbedeutend und nutzlos. Wie hatte ich auch glauben können, ganz allein was bewirken und gegen Kim Hong Joong oder seinen Vater bestehen zu können?  Ich sehe kurz vor mir, wie einer dieser Häuserriesen ins Wanken gerät, auf mich stürzt und ich unter ihm zerquetscht werde.

Unschlüssig sehe ich mich um. 'Wenn ich schonmal hier bin, kann ich eben so gut auch auf die Brücke gehen' denke ich mir. Die Kapuze meines dunkelgrauen Sweatpullis tief in die Stirn gezogen, setze ich mich in Bewegung.  Der Verkehr auf der Hauptstraße neben mir braust auf 8 Spuren an mir vorbei. Die Luft riecht nach Abgasen, doch das nehme ich kaum wahr.

Der Himmel ist diesig und verwaschen, so wie meine Stimmung.

Obwohl ich die gewaltige Brücke vor mir schon sehen kann, die sich von der 8 spurigen Straße aus erhebt, muss ich auf dem Gehweg  ingesamt drei  Fußgängerüberwege mit Ampeln überqueren.

Jedes einzelne Mal leuchtet mir der rote Mann entgegen, der zum stehen bleiben zwingt. Jedes Mal drücke ich auf den Knopf, damit die Ampel auf grün springt. Es ist, wie als wollte man sich bei den Fußgängern hier vergewissern: 'Wollen Sie wirklich auf die Brücke? Sind sie sich sicher? Drücken Sie den Knopf nur, wenn Sie sich  wirklich sicher sind.'  Ich bin mir sicher und drücke.

Der Gehweg ist nun schmaler. Ich laufe auf der Gehwegseite, die dem Verkehr, der über die Brücke kommt entgegen geht. Rechts von mir grenzt mich eine hohe Leitplanke vom Verkehr ab.

Links unter mir erstreckt sich eine weitere Straße. Die Autos auf den 3 Fahrspuren kommen nur langsam voran, fahren aber alle in die gleiche Richtung. Ich bleibe stehen sehe nach unten und frage mich unwillkürlich wohin diese Leute nur alle unterwegs sind, welche Ziele sie wohl haben?

Das Wort Ziel hallt dumpf in mir nach, aber ich kann es nicht ganz greifen.Es bleibt hohl.

Ja. Ich hatte auch ein Ziel. 

Aber ich hätte mir dieses Ziel niemals setzen dürfen.

Mit einem bitteren Geschmack im Mund und Tränen in den Augenwinkeln laufe ich weiter.

Ein Radfahrer kommt mir entgegen und klingelt. Der Fußweg ist mit einer weißen Trennlinie in zwei schmale Streifen unterteilt. Ich bin wohl ausversehen auf den Teil für Radfahrer gekommen, ich murmel eine Entschuldigung , verbeuge mich leicht und trete über den weißen Strich.

Linkerhand sind jetzt keine Bäume mehr zu sehen, ein sicheres Zeichen, dass ich mich dem Hangang nähere. Ohne die Häuser und Bäume an den Seiten frischt auch gleich der Wind auf.

Er bläst mir ins Gesicht, was mir noch ein paar Tränen mehr in die Augen treibt. Trotzdem genieße ich den frischen Wind und halte mein Gesicht ihm entgegen.

Jetzt kann ich den Hangang sehen.

Mein Mund öffnete sich leicht beim Anblick dieses majestätischen Flusses.

Seoul ist so dicht und eng bebaut, dass man in der Stadt oft das Gefühl hat, erdrückt zu werden. Der Hangang lässt sich nicht erdrücken. Er nimmt sich den Platz, den er braucht. Kilometerweit erstreckt er sich hier von einem Ufer ans andere.

Ich kneife leicht die Augen zusammen aber die Ausflusgsboote und Häuser am anderen Ufer kann ich nicht klar erkennen. Über dem Fluss ist es wie so oft etwas dunstig.

Ich sehe nach unten in das sich kräuselnde Wasser. Ich glaube ich war noch nie als Fußgänger auf dieser Brücke. Bisher bin ich immer nur mit dem Auto oder dem Bus darüber gefahren.

Ich setze meinen Weg fort und komme zu einer kleinen Ausbuchtung im Gehweg. Hier steht eine Holzbank mit einer Skulptur, die zwei nebeneinander sitzende Männer zeigt. Der eine in sich zusammengesunken, den Blick zu Boden gerichtet, drückt genau das aus, wie ich mich fühle. Die Figur neben ihm ist ihm zugewandt und kneift ihm in die Wange. Beieindruckend ist, dass beide identisch aussehen. Stellen Sie die gleiche Person dar? Genügt es, sich selbst in die Wange zu kneifen?

Ich stehe da betrachte die Skulptur und kneif mich selbst in die Wange.

In der Hoffnung aufzuwachen aus diesem Albtraum.

Hong Joong hat seine Drohung wahr gemacht und Y/n entführt und versteckt.

Und ich bin absolut machtlos.

Ich kann nichts dagegen unternehmen und weiß noch nicht mal, wo er sie versteckt hält.


________________

Hallo, die Mapo Brücke in Seoul hat eine traurige Bekanntheit durch die Selbstmorde erlangt, die dort in der Vergangenheit passiert sind.

Die Wegbeschreibung habe ich diesem wundervollen Youtube Video, das einen Abendspsaziergang über diese beeindruckende Brücke zeigt nachempfunden, also wer sich dafür interessiert, schaut da gern mal rein: https://www.youtube.com/watch?v=JeqtT7s31aA 

Da ist auch die Skulptur zu sehen,  die ich beschrieben habe. (Also das ist nicht auf meinem Mist gewachsen, dass die Skulptur auf der Brücke steht.)

Das Bild oben ist noch von der Zeit, als versucht wurde mit Beleuchtung und Sprüchen (Wie z.B. dem "Der Wind ist wirklich schön") Menschen vom springen von der Brücke abzuhalten.  Seit ein paar Jahren gibt es nun eine Schutzvorrichtung an der Brücke.

My mafia saviour (bts, ateez)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt