Legen wir gleich los?

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Bounty liegt in der Küche neben seinem vollen Napf und regt sich nicht. Er hat den Kopf auf dem gefliesten Boden zwischen seinen weißen Pfoten abgelegt und starrt trübe vor sich hin.

"Na, für eine Katze guggst du ganz schön bedröppelt drein, Dicker" begrüße ich ihn als ich im Morgenmantel in die Küche komme. Mein Blick wandert zur glänzenden Küchentheke hinüber, auf der ein Obstkorb steht, in dem die glänzenden Früchte sich förmlich gegenseitig überbieten wollen, eine noch dampfende Suppe, Kimchi und Beilagen. Man merkt sofort, wenn Jin im Haus ist. Ich stelle aber fest, dass mich das alles gerade eher abstößt. Ich hocke mich zu Bounty und streichel ihm übers Fell. Er schmiegt seinen Kopf gegen meine Handfläche. Ich graule ihn zwischen den Ohren und dann am Nacken, das hat er gern, wie ich bereits gemerkt habe.

Ich schaue auf seinen vollen Napf "Keinen Appetit, was Dicker?"

Ich kann es ihm nachvollziehen.

Ich habe auch keinen Appetit. Es geht mir nicht gut.

Es wäre gelogen zu sagen, dass es mir gut geht, dass es mich nicht berührt.

Ein Teil von mir wünscht sich, dass es so wäre, ich kenne sie ja schließlich kaum. Es ist der Teil, der mich zu dem gemacht hat, der ich heute bin.

Aber die Übelkeit, dieses scheiß flaue Gefühl in meiner Magengrube, ist viel zu stark um sie ignorieren zu können. Ich mache mir Sorgen und ich denke, ich habe sogar Angst.

Das letzte Mal hatte ich diese Gefühle, als mein Vater ermordet wurde. Doch das ist lange her. Ich wollte nie mehr so schwach sein. Um ehrlich zu sein, begriff ich selbst nicht so richtig, was mit mir los war. Ich weiß nur eines: Schwäche wollte ich mir nicht eingestehen, auf gar keinen Fall.

Ich höre ein Schlürfen hinter mir und drehe mich in der Hocke um, um zu sehen, wer da komt. Es ist Tae. Er kommt ebenfalls in Morgenmantel und Hausschuhen angeschlappt. Er hält ein schickes Paar beige/braune Sneaker in der ausgestreckten Hand und sieht im Gesicht noch bedröppelter aus als Bounty.

"Die Katze hat in meine Gucci Sneaker gepisst" beschwert er sich und sein Gesicht verzieht sich zu einer Fratze; für einen kurzen Moment habe ich Angst, er bricht gleich in Tränen aus, aber er läuft zum Mülleimer, stellt seine Hausschlappe, übrigens ebenfalls von Gucci, auf die kleine Pedale, sodass der Deckel des Mülleimers sich öffnet und wirft seine Schuhe hinein.

Dann dreht er sich mit einer geschmeidigen Drehung, auf die jeder Tänzer neidisch wäre, (immerhin hat er nur Schlappen an) um und wirft der Katze einen Killer-Blick zu.

Irgendwie bin ich gerade froh, dass ich neben Bounty bin, so kann ich ihn schützen, sollte Tae durchdrehen und zum nächstbesten Küchenmesser greifen. Ich wollte gerade etwas zur Verteidigung der Katze sagen, als Jin gut gelaunt in die Küche kam.

"Ah, guten Morgen, ihr seid ja schon wach! Ich habe Frühstück vorbereitet." Das war die Rettung für Bounty, denn Tae nahm nun seinen Blick weg von der Katze und hin zur Küchentheke, gleich hellte sich seine Stimmung wieder sichtlich auf.

"Jinnie, du bist der Beste!" rief er erfreut angesichts der Vielfalt. "Dieses behaarte Biest da" er zeigte auf Bounty "hat meine Schuhe ruiniert."

Er wollte jetzt sicher etwas Mitleid von Jin einheimsen, aber dieser zuckt nur mit den Schultern und erklärt in ungerührtem Tonfall "Wenn ihr ihm auch kein Katzenklo hinstellt..."

'Stimmt. Da war ja was. Hätte man auch dran denken können.' Ich nicke leicht während ich weiter meine Finger durch das seidige Fell streichen lasse. "Ich hole ihm seins. Das kennt er dann auch schon." Sage ich dabei.

"Wenn der nochmal in meine Schuhe macht, werfe ich ihn am Schwanz aus dem Fenster" sagt Tae und wäscht sich schnell die Hände.

Nach und nach trudelten auch die anderen ein und wir frühstückten. Auch wenn ich nicht viel aß, war ich froh über die Gesellschaft. Ich war dankbar, wie meine Hyungs mich in dieser Sache unterstützten, obwohl sie Y/n ja gar nicht kannten.

Wir hatten die Aufnahmen der öffentlichen Überwachungskameras auf dem Campus und in Uni Nähe ausgewertet. Wir haben gesehen, wie Hong Joongs Männer an der Bushaltestelle aus dem BMW gestiegen sind und wie Y/n in Richtung Park geflohen ist.

Wir haben den Park durchkämmt und ihren Rucksack in einem Schneebeerenstrauch gefunden. Also für mich war es einfach ein Busch mit weißen Beeren, aber Taehyung wusste gleich, dass es ein Schneebeerenstrauch ist, keine Ahnung woher er sowas immer weiß.

Weiter hinten im Park, kurz vor den Sportanlagen, sind wir dann auf einen Hinweis gestoßen, der mir das Blut in den Adern gefrieren ließ. Eine Blutspur.

Ich musste kein Hellseher sein oder erst eine labormedizinsiche Untersuchung machen lassen um zu wissen, dass es Y/N's Blut war.

Seitdem begleitet mich die Übelkeit und ich werde sie nicht los. Es ist ein flaues Gefühl im Magen, das hochsteigt und ein unangnehmes Brennen in der Speiseröhre auslöst und schließlich im Mund einen faden Geschmack hinterlässt, der sich hartnäckig auf der Zunge hält und sich auch mit Zähneputzen, Mundwasser oder Alkohol nicht beseitigen lässt. Auch nicht mit Essen. Hatte ich alles schon probiert.

Wir haben im Park auch zwei Patronen gefunden.

Die Bastarde haben auf sie geschossen. Nach der Menge des Blutes und dem Fundort der beiden Kugeln zu urteilen, hat sie aber nur eine getroffen. Die andere schien in die Luft abgefeuert worden zu sein.

Da wir die Patronen gefunden haben, war es entweder ein glatter Durchschuss oder ein Streifschuss, wobei ich auf letzteres hoffe und ich denke, die Menge an Blut spricht auch dafür.

Sicherheitshalber haben wir die Aufnahmen in allen Kliniken abgescheckt, aber es wurde keine junge Frau mit entsprechenden Verletzungen im fraglichen Zeitraum eingeliefert. Was mich jetzt auch nicht wirklich überrascht hat. Ich hoffe nur, dass sie nicht zu schwer verletzt ist und Hong Joong sie ärztlich behandeln lässt.

"Also versuchen wir heute unser Glück in Hong Joongs Villa?" RM riss mich aus meinen Gedanken. Ich sah zu ihm. An seinen Grübchen war deutlich zu sehen, wie sehr er sich darauf freute dort ein bisschen für Ärger zu sorgen. Auf meine Jungs war eben Verlass.

Ich nicke. "Ich denke zwar nicht, dass wir sie dort finden, aber wir platzieren dort was, was uns die Suche erleichtern könnte" Ich zwinkerte Jimin zu.

Jimin nickt "Um die Wanzen und Tracker kümmer ich mich."

"Außerdem müssen wir vorsichtig sein. Ich will sie nicht gefährden." Ich sehe jeden in der Runde ernst an.

Alle nicken und RM's Grübchen sind noch ein bisschen größer geworden als vorher "Legen wir gleich los?" fragt er.

My mafia saviour (bts, ateez)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt