Kapitel 1

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Das alte Tor quietschte erbärmlich als ich es öffnete. Es war wieder Freitag Abend. Während andere Jugendliche sich um diese Zeit betrinken und feiern bin ich dabei meinen Vater zu besuchen. Den Weg zu ihm kannte ich mittlerweile so gut auswendig, dass ich ihn auch hätte blind gehen können. Ein eisiger Wind wehte mir um die Ohren und brachte mich zum erschaudern. Bei meinem Pa angekommen setzte ich mich vor ihn und fing an zu erzählen, von meinem Leben, der Woche und der sonstige Stuff der mich beschäftigt. Er hört mir immer zu, glaub ich zu mindest. Er ist tot. Schon seit fünfzehn Jahren. Seit dem bin ich fast auf mich allein gestellt. Im Waisenhaus aufgewachsen, da meine Mutter starke Depressionen hat, mit 10 weggelaufen und jetzt lebe ich seit fast acht Jahren mehr oder weniger auf der Straße. Die Straße ist mein zu Hause, die Stadt meine Welt. 

Woran mein Vater gestorben ist weiß ich nicht. Meine Mutter wollte oder konnte es mir nie sagen. An meinem 3. Geburtstag ist er verschwunden und eine Woche später war die Beerdigung. Ich habe mich nie gefragt, wieso er gestorben ist, da ich es sowieso nicht ändern kann und es so vielleicht einfacher für mich ist.

Seit ich aus dem Waisenhaus geflohen bin komme ich jeden Freitag Abend an das Grab meines Vaters. Es war kein besonderes Grab mit einem auffallend protzigen Mamorgrabstein. Ein einfaches Holzkreuz ist alles. Vielleicht ist das zu wenig, doch ich habe meinen Vater so in Erinnerung, dass er nie besonders auffallend sein wollte. Ganz im Gegenteil, es kam mir so vor als hätte er sich versteckt.

In guten wie in schlechten ZeitenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt