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Der Schultag verging zu schnell und ich befand mich auf dem Nachhause weg. Zuhause... Es war kein Ort den ich als diesen benennen würde. Nicht mehr, nicht nach dem Vergangenen. Meine Mutter war Tod, ein Unfall, hatte mein Vater gesagt doch ich wusste es besser, er hatte sie getötet. Als ich sieben Jahre alt war. 

"Schatz, Mama und Papa müssen was wichtiges klären" ,lächelnd nickte ich und schloss die Tür hinter mir. Fest im Arm Bruno, mein kleines Stofftier. Doch die Tür war nicht richtig zu weswegen ich wieder zurück hüpfte und diese verschloss. Doch was ich da sah bohrt sich heute noch in meine Tiefsten und dunkelsten Albträume... Mein Vater beide Hände um ihren Hals...

Sofort schüttelte ich die Erinnerung weg und kramte nach meinem Schlüssel. Vorsichtig schob ich ihn in die Eingangstür des kleinen Hauses. Es strahlte mal, doch auch dies war Vergangen. Der Rasen unordentlich die Blumen wüten und auf dem Pfeiler ein kaputter Blumentopf aus dem die Erde rieselte. Vorsichtig schob ich die Tür auf und lauschte. Doch ich vernahm nix, keine Schritte, kein Atem, kein Nichts- Sofort eilte ich in die Küche. Mein Vater mied diesen Ort ein Glas Orangensaft und mein Geist entspannte sich. Zögernd lief ich ins Wohnzimmer und da lag er, halb auf dem Boden, halb auf der Couch. Eine fast volle Tequila Flasche in der Hand. Doch er schlief, sein Körper hob und senkte sich regelmäßig. 

Sofort ergriff ich den Moment und lies Licht in das dunkle Haus fallen. Wie den Rollladen auch öffnete ich die Fenster und erst jetzt wurde mir bewusst wie die Luft hier drinnen stank. Nachdem alle Fenster im Wohnzimmer offen waren schnappte ich mir die Leeren Flaschen um sie in die Abstellkammer zu bringen. Ich hasste diesen Ort, hier landeten alle leeren Flaschen oder ich. Scherben lagen überall und auch Blut, mein Blut was ich verloren hatte als mein Vater mich in die Scherben getrieben hatte. So schnell ich konnte verließ ich das Zimmer wieder und machte mich in der Küche an etwas zu Essen.

Ich war am Essen als sich etwas im Wohnzimmer regte: "WER HAT DIE SCHEIß FENSTER GEÖFFNET? EMMA!" Er erschien in der Tür zur Küche und musterte mich abfällig. "Bring mir was von dem Fraß hoch!" ,und er verschwand. Laut hallten seine Fußstapfen über die Treppe, im inneren zählte ich die Stufen mit. Insgesamt waren es 34. 15, 16, 17, nun war er im ersten Stock angelangt, 30, 31, 32, 33, 34 und eine Tür wurde zu geschlagen. Er war in seinem Büro, in seiner Etage. Sofort ergriff ich mir einen der glänzenden schwarzen Teller und befüllte diesen. Schweigend schlich ich über die Treppen und brachte dem Monster sein Essen. Er jedoch würdigte mich keines Blickes und trank genüsslich aus einem der Whiskeys die hier verteilt rumlagen.

Ich lag auf meinem Bett, die Hände an meinem Handy auf dem Chat von Marly:

Ich hab mir das verhalten von Herr Leinen nochmal genauestens angeschaut. Irgendetwas hat er an dir wahrscheinlich steht er auf dich. Warum das sag ich dir Lieber nicht ich weiß das du aus irgendeinem Grund ausrasten würdest.

MARLY! Wir kennen dich wehe du machst dir Notizen die gehen immer IMMER verloren.

Jetzt entspann dich mal und wenn ist doch nicht schlimm. 

Ich schüttelte innerlich den Kopf. Wenn ich ihr Morgen begegne kann sie sich auf eine Standpauke gefasst machen. Müde wälzte ich mich hin und her die Ereignisse des letzten Tages schwirrten immer noch präsent durch meinen Kopf und hielten mich von dem Erlösendem Schlaf fern den ich so sehr herbei sehnte...

Flink wich ich der Flasch aus die haarscharf an meinem Kopf vorbei zog. Es war ein neuer Tag, eine neue Chance. So schnell ich konnte rannte ich von dem Grundstück runter und auf die, zu dieser Zeit, gut gefüllte Straße. Heute war ich pünktlich dran weswegen ich meine Schritte verlangsamte und fast durch die Gegend torkelte. In Ruhe musterte ich die Gassen die mir so vertraut waren und auch den Wetterhahn auf dem alten Schulgebäude nahm ich genauesten unter die Lupe. 

Wie ein Känguru hüpfte ich die Stufen hoch und in mein Klassenzimmer. Wie immer stapelte ich meine Arbeitsutensilien auf die linke Seite meines Tisches und wartete auf Marly die wie jeden Tag mit dem Gong das Zimmer betrat. Sie schenkte mir ein Nicken als sie angekommen war doch Herr Stiegler kam und kam nicht. Im Klassenzimmer hatte sich eine gelassene Stimmung breitgemacht und auch Marly und ich führten eine mehr oder weniger Konversation.

Nach 30 Minuten wurde die Tür aufgestoßen und ein Nervenbündel Herr Stieglers betrat den Raum sofort waren alle blicke auf ihm. "Es ist-" ,er zitterte er stand kurz vor einem Nervenzusammenbruches, "Milena... Sie ist Tod- Da war Herr Leinen er fand sie Tod auf dem Weg-" er stotterte und ein schluchzen ging durch die Klasse. Milena war mit jedem gut und auch ich sah sie als so etwas wie eine Freundin. Tränen sammelten sich in meinen Augen und verließen diese auch keine Sekunde danach. Marly stattdessen rührte sie sich kein bisschen, war ja klar. Ich wollte gar nicht Wissen wie Leinen sich dabei fühlen musste, er hatte sie immerhin gefunden. Tod.

An Unterricht war nicht mehr zu denken, alle trauerten und auch Herr Stiegler war nahe den Tränen. Doch Marly, nein, die schob mir einen Zettel unter die Nase auf dem einige Worte gekrizelt waren die vor meinen Augen jedoch verschwammen. "Die wichtigsten Schlüsselereignisse waren gestern. Er hat dich angelächelt als du nicht hingeschaut hast. Als keiner hingeschaut hat doch es ist passiert." Verheult blickte ich sie an: "Er lächelt oder lacht nie" ,brachte ich heraus und Marly nickte wissend. "Naja jetzt schon" ,ich riss ihr den Zettel weg und stopfte ihn in meine Jackentasche. "Ich hab gesagt keine Notizen!" ,fauchte ich noch. 

Ohne mit der Wimper zu zucken nahm sie sich ein Block aus meinen Block und schrieb genau die gleichen Worte erneut auf das Papier nur nun nicht mehr mit ganzen Namen sondern Kürzeln. "Das fällt immer noch zu sehr auf" ,schrie ich sie fast an und zerriss das Blatt in viele kleine Fetzen die den Weg in den Mülleimer fanden. "Ich wollte nur helfen" ,meinte sie stumpf und manchmal fasste ich es nicht wie sie so sein konnte. Das dritte Rad am Dreirad war weg und sie? Sie juckte es nicht mal. Doch plötzlich kam mir ein Gedanke: "Sie konnte heut gar nicht in die Schule" ,flüsterte ich tonlos, "Ich hab ihr gestern noch die Hausaufgaben gebracht und da konnte sie kaum stehen." ,führte ich meinen Gedankengang laut weiter doch Marly interessierte es kein bisschen: "Sie ist Tod, Gesund oder krank ist egal." 

Ich tötete sie mit meinem Blick, ich musste Herr Leinen fragen was da dran war. Denn auf dem Weg zur Schule war sie nicht, dafür war sie zu krank.

Und wie der Zufall wollte sah ich ihn, in Gedanken wischte er die Tafel, das Klassenzimmer war leer. Nur ich stand da, im Flur vor der angelehnten Türm und beobachtete seine Bewegungen. Er hatte eine Fassade auf das wusste ich, den seine Bewegungen waren nicht so geschmeidig wie sonst und auch seine Haltung war nicht ganz so agil wie sonst. Die Blätter und sein anderes Material glitt nicht in die Tasche sondern er stopfte. Nun lief er durch den Raum und stellte die restlichen Stühle noch hoch ehe er das Pult erneut anstrebte. Sollte ich ihn Fragen? In diesem Zustand wäre es nicht sehr höflich doch er kam mir zuvor.

"Willst du reinkommen oder Ewig da stehen bleiben?" ,erklang seine Stimme durch das leere Zimmer und seine blauen Augen trafen meine doch heute waren sie nicht eiskalt. Sie wirkten eher mitfühlend. Ich wusste auch warum, meine Augen brannten vom Weinen und das sah man auch von außen. "Ich wollte Sie was fragen..." fing ich das Gespräch an.

Er zog uns zwei Stühle ran und deutete mich hin zu setzten. Zu nah, ZU NAH er war zu nah! "Also Milena konnte nicht zur Schule kommen. Sie konnte gestern kaum stehen als ich ihr die Sachen brachte." Sprach ich meine Gedanken aus und Leinen runzelte die Stirn: "Du meinst also sie hätte gar nicht da sein können wo ich sie fand?" Ich nickte zustimmend: "Manchmal kommt es vor das Menschen auf den nächsten Tag genesen sind..." fing er an doch ich unterbrach ihn: "NEIN! nicht sie" ,senkte ich meine Stimme wieder. Leinen lächelte mir bekümmert zu und mein Atem blieb weg, er sah so viel jünger aus wenn er lächelte...

Die Turmuhr der Kirche gegenüber erklang und ich sprang auf, der Stuhl fiel dabei um: "Ich muss nach Hause... Wenn es kein Mittagessen gibt- ist das.. schlecht-" ,wisperte ich und rannte los. "EMMA" ,hörte ich Herr Leinen noch rufen doch war zu sehr im Film gefangen.

Helping Hands?Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt