Kapitel 1

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Die Muggelwoche war von Hermine Granger eingeführt worden.

Wenn sie sich recht erinnerte, war das vor drei Jahren gewesen. 

Die Wochen davor hatten in allen Büros und restlichen Räumen im Ministerium Bauarbeiten stattgefunden, nach denen überall kleine beige Kästen mit Löchern, die nur ein winziges Stückchen größer waren, als dass man sagen konnte, dass jemand sie mit Nadeln gestochen hatte, an den Wänden gehangen hatten.

Das erste Mal zur Benutzung gekommen, waren diese einen Tag vor der ersten Muggelwoche.

Pansy hatte zu diesem Zeitpunkt die erste Probeausgabe der dieswöchigen "Witch Weekly" in Empfang nehmen wollen, um zu sehen, ob das so verkauft werden konnte, und hatte aus einer Angewohnheit heraus sofort nach einem Heuler Ausschau gehalten, obwohl sie sich beim besten Willen nicht hatte vorstellen können, warum Hermine Granger ihr einen Heuler schicken sollte.

Ziemlich schnell in ihrer Rede, ihrer Argumentation, ihrem Aufruf war Hermine dazu gekommen, dass ihre Stimme aus den kleinen Kästen zu hören war, die sogenannten "Lautsprecher" zu sein schienen. Sie hatte die Technik dahinter erklärt, mehrmals betont, dass kein bisschen Magie verursachte, dass sie im ganzen Zaubereiministerium zu hören war, weil Lautsprecher eine Erfindung der Muggel gewesen waren. Sie hatte ein Argument nach dem anderen gebracht, warum es die magische Welt in den Ruin treiben würde, wenn sie sich nicht mehr Mühe gaben, den Muggeln anzupassen und mehr ihrer Erfindungen zu benutzen, und als einen ersten Schritt in eine bessere Zukunft, in der sie sich nicht mehr über Muggel stellten, nur, weil sie das Privileg hatten, mit etwas geboren worden zu sein, worauf niemand den geringsten Einfluss hatte, hatte Hermine von der Muggelwoche erzählt, die einmal pro Halbjahr gefeiert und einen Tag vor Beginn durch eine Durchsage, wie das, was sie zu dem Zeitpunkt angehört hatten, angekündigt werden würde.

Pansy erinnerte sich nicht mehr an die genauen Worte, mit denen Hermine ihren Punkt der Notwendigkeit einer Muggelwoche gestützt hatte, sie hätte kaum ein einziges der Argumente für einen Außenstehenden nachvollziehbar rekonstruieren können, doch sie erinnerte sich mit absoluter Klarheit daran, wie sie mit einem Exemplar der "Witch Weekly" in den Händen an ihrem Schreibtisch gesessen hatte, die Füße auf die Tischplatte hochgelegt und überzeugt gewesen war, dass die einzige Wahrheit, die jemals auf dieser Welt existiert hatte, gerade von Hermine gesprochen worden war und ihnen allen die Augen geöffnet hatte. 

Außerdem hasste Pansy Parkinson die Muggelwoche.

Nun, nicht direkt, schließlich hätte sie sich bei der Einführung dieser beinahe dem Applaus aus den benachbarten Räumen angeschlossen, wäre nicht ihre Assistentin noch im Raum gewesen, aber sie hatte feststellen müssen, dass ihr Beruf deutlich weniger bequem wurde, wenn sie ihn während der Muggelwoche ausführen musste.

Es fühlte sich so an, als würden ihre Arme quälend langsam ausgerissen werden, während sie sich zu den Aufzügen schleppte. Sie trug einen großen Stapel an Zeitschriften, die in die falsche (Muggel-) Hände geraten und vom Komitee für muggelgerechte Entschuldigungen angesammelt worden waren, um von Pansy abgeholt und erneut verkauft werden zu können, mit der Voraussetzung, diese ein wenig länger zu überwachen und sicherzugehen, dass nicht schon wieder Chaos angerichtet wurde.

Sich bewegende und sprechende Bilder, sowie blinkende Überschriften schienenwohl nur bei denen, die auch wussten, dass so etwas existierte, gut anzukommen.

Wäre nicht die Muggelwoche gewesen, hätte Pansy den Zeitschriftenstapel mit ihrem Zauberstab einfach neben sich her schweben lassen, doch wenn jegliche Magie, die nicht absolut zwingend für die Arbeitsausführung notwendig war, im Ministerium untersagt wurde und sogar langzeitige Konsequenzen beim Bruch dieser Regel folgen konnten, dann schloss das auch ein, dass Zauberstäbe von allen, die nicht einen triftigen Grund sie zu behalten hatten, am Empfangsschalter abgegeben werden mussten und erst nach Feierabend wieder abgeholt werden konnten, was es Pansy nicht möglich machte, ihre Arbeit mit Hilfe von Magie zu erleichtern.

Regeln, die alle Aufgaben, die auszuführen waren, deutlich in die Länge ziehen konnten und zogen, aber das Muggelleben war eben nicht sonderlich bequem.

Vor allem nicht, wenn das Ministerium so lang brauchte, um sich umzustellen, denn trotz Hermines größter Bemühungen und straffen Zeitplans, passte sich die Umgebung ihrer im Kern guten und sinnvollen Idee nicht schnell genug an. Weitere Erfindungen der Muggel, die als Ersatz für Magie im Ministerium genutzt werden konnten, waren seit vor drei Jahren kaum noch aufgetaucht - oder zumindest hatte sie nichts von ihnen mitbekommen, was nur dafür sprach, wie wenig Erleichterung für die erschwerte Arbeit sie boten.

"Es sind ja nur zwei Wochen und nicht einmal am Stück", äffte Pansy sich selbst nach, wie sie früher immer versucht hatte, sich einzureden, dass es gar nicht so schlimm war, während sie mit dem Ellbogen den Knopf zum Aufzug drückte und die Zeitschriften noch wackliger auf ihren Unterarmen balancierte.

Zu ihrer Überraschung aber auch Freude hörte sie keine Sekunde später schon das fast geräuschlose Surren und sie versuchte den Stapel in ihren Armen etwas besser zu richten, um ihn nicht gleich fallen zu lassen. Das oberste Magazin war ein wenig zur Seite gerutscht und hing gefährlich stark über den Rand.

Ohne aufzusehen, weiterhin mit den Zeitschriften hantierend, betrat sie den Aufzug und schaute dann doch hoch, als sie jemanden scharf einatmen hörte, obwohl sie erwartet hatte, dass die goldene Kapsel leer war.

Ihr Inneres stolperte ein paar Schritte nach hinten und auch Äußerlich hätte sie gerne für mehr Abstand gesorgt. Sie hätte sich gerne auf der Stelle umgedreht, wäre hinaus marschiert und hätte auf einen anderen Aufzug gewartet, doch erstens schloss sich die Tür bereits wieder ratternd und zweitens war sie viel zu stolz, als dass sie sich auch nur einen einzigen der Gedanken, die ihr gerade durch den Kopf schossen, hätte anmerken lassen.

Stattdessen stellte sie sich scheinbar ungerührt neben Hermine und bemerkte, wie diese vorsichtig ein Stück von ihr weg und näher zur Wand rückte.

Es verletzte sie, natürlich verletzte es sie, doch mehr als ein leises, abfälliges Schnauben hatte Pansy nicht dafür übrig.

Hermine reagierte nicht. Pansy beäugte die Knöpfe für die einzelnen Etagen, die direkt neben Hermine in die Wand eingelassen waren, stellte fest, dass Hermine in den vierten Stock wollte und wählte dann selbst die Fünf darunter aus. Der Aufzug setzte sich leicht ruckelnd wieder in Bewegung. 

Sie fuhren nicht lang. 

Nicht, weil es vom dritten in den vierten Stock, wo Hermine vorhatte auszusteigen, so kurz war, denn das war es nicht.

Sondern, weil der Aufzug plötzlich stehe blieb.

Er wurde zuerst etwas langsamer, eigentlich kaum, dass er losgefahren war, wobei Pansy sich naiver Weise nichts dachte, und beförderte die Redakteurin der "Witch Weekly" dann mit einem heftigen Ruck nach vorne.

Sie ließ die Zeitschriften fallen, welche sich lautstark auf dem Boden verteilten und schaffte es gerade so, sich mit ihren freigewordenen Händen abzufangen.

Ihr rechtes Knie schmerzte und ihr Plus schlug ungewollt schneller.

Pansy sah hinter sich und erblickte Hermine, die sich ein wenig verängstigt, aber scheinbar die Fassung bewahrend, mit einer Hand am Gitter festhielt und mit der anderen eine kleine Tüte an sich presste.

Das Leiden der Hermine Granger - PansmioneWo Geschichten leben. Entdecke jetzt