Nur einen Spalt breit, sonst würde der Wanderer mich sehen dürfen, aber ich sah nur ein Zimmer, das dem unseren aufs Haar glich, nur ein Bett fehlte.
Viola und er waren ganz allein in dem erleuchteten Wagon, aber ich hatte Vertrauen darin, dass sie es schaffen würde. Ich wartete.
Plötzlich gellte der Schrei einer Frau durch die Nacht.
Ich riss die Tür auf, doch es war bereits alles vonstatten gegangen.
Viola stand über den Körper von Ratte gebeugt, der auf ihrem Bett zusammengesunken war. In ihrer Hand war ein langer gebogener Dolch, fast eine Nadel, könnte man sagen. Er passte perfekt in die feinen Stichwunden, die Rattes Körper perforierten.
Sie sah mich in der Tür stehen, Dolch erhoben. "Ich glaube du kannst aufhören", sagte ich beschwichtigend. "Er ist tot."
Mit einer trotzigen Miene ließ sie ihre Hand noch ein letztes Mal hinunterfahren, vergrub die Spitze tief zwischen den Ripper seiner Uniform. Er blieb darin stecken, auf seinem Körper war die Wunde nur ein weiteres Aufquellen von Blut. Seine Maske war ein wenig verrutscht, aber man konnte nicht darunter sehen.
"Hast du sein Gesicht gesehen?", fragte ich mit aufwallender Neugierde.
"Ja." Und als ich gehen wollte, um die Maske hochzuheben: "Es ist besser, du tust es nicht."
Mir sollte es recht sein. "Vom Bett runter mit ihm. Er soll keine Spuren auf dem weißen Laken hinterlassen."
"Nein, nein, du darfst dich da nicht einmischen. Ich werde sagen, er ist zu meinem Zimmer gekommen, um mir... etwas anzutun."
"Wenn in Wirklichkeit du diejenige warst, die ihn dazu gebeten hat."
Sie wurde noch bleicher als im normalen Zustand. "Ich habe ihn nicht berührt. Niemals hätte ich... In der ersten Nacht habe ich ihn abgewimmelt. In der zweiten Nacht... Ich habe Handschuhe getragen, ich habe aufgepasst, hätte mir nie verziehen."
"Ich verurteile deine Methoden nicht, nur deswegen sind wir noch am Leben. Aber wir können ihn hier nicht liegen lassen."
"Du bist sehr schlau, Viola und ich muss zugeben, dass ich ohne dich noch am Anfang stünde, ohne Hoffnung, hier herauszukommen, aber er hat ein wichtiges Werkzeug, das wir benutzen müssen."
"Und das wäre?"
"Kyles Schlüssebund, dort auf dem Teppich. Er musste ihn mitnehmen, um unseren Wagon und die abgeschlossenen Türen zu passieren. Wir können damit die Tür nach draußen aufschließen und seinen Körper hinauswerfen. Es wird sein, als ob er einfach verschwunden wäre."
"Aber was nützt das uns? Wir können nicht mit hinausspringen, wir würden am Boden zerbrechen." Es war eine seltsame Wortwahl, "zerbrechen", aber ich ging nicht weiter darauf ein.
"Aber wir können sie benutzen, wenn der Zug stehen bleibt."
"Wird er das denn?"
"Lass das meine Sorge sein. Jetzt müssen wir uns beeilen, dein Schrei könnte Kyle geweckt haben und wenn er bemerkt, dass entweder der Schlüsselbund oder einer seiner Wachen - um nicht zu sagen, der wichtigste, fehlt, sind wir dran."
"Ja, ich wollte nicht schreien. Ich hatte nur Angst, er hat versucht, mich zu küssen." Ich wusste nicht, was ich darauf erwidern sollte.
Viola zog indessen den Dolch wieder aus der Wunde, nahm den Bund vom Boden auf und probierte Schlüssel nach Schlüssel, bis einer von ihnen in die schwere Tür an der Außenwand passte und sie den Riegel zurückdrehen konnte. "Jetzt ihn."
Ich griff unter den Achseln der Wache hindurch und schleppte ihn langsam rückwärts gehend durch den Raum, darauf achtend, keine blutige Schleifspur zu hinter lassen. Meine Sorge war jedoch unbegründet, lediglich auf der Decke, auf der er gelegen hatte, waren ein paar Blutspritzer zurückgeblieben, seine Uniform hatte den Rest der Flüssigkeit aufgesaugt. Als ich mit der Leiche im Schlepptau zu Viola gelangt war, gab ich ihr ein Zeichen, die Tür zu öffnen.
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Endlose Schienen
ParanormalJohannes Kastan ist auf einer Reise mit dem Zug, um jemanden verloren geglaubtes wiederzufinden. Doch der Zug wird von Unbekannten entführt und befindet sich nun auf einer Geisterfahrt durch den niemals weichenden Nebel. Und alles scheint so, als be...