Des Psychopathen Krimskrams-Kiste

54 13 23
                                    

Ja, ich weiß auch nicht, was mich geritten hat. Eine Woche Zeit, nur einen Satz in Kopf gehabt und einfach drauf losgeschrieben. Es ist zwar ein bisschen... ähm aus dem Ruder gelaufen und ich habe schon Besseres geschrieben, aber letztendlich bin einigermaßen zufrieden.
Feedback ist auf jeden Fall Willkommen!!

*************


Der Täter saß auf einem schäbigen Metallstuhl. Grelles, kaltes Licht erhellte sein Gesicht, dass von Tätowierungen und Narben gezeichnet war. Er kämpfte nicht mehr gegen die Fesseln an. Es gab keinen Ausweg und offenbar hatte er sein Schicksal akzeptiert.

Auf der anderen Seite der Glasscheibe stand Marco, hochgewachsen und muskulös, die Arme verschränkt.
Betty, die hinter ihm in den Raum gekommen war und sich jetzt in einer geschmeidigen Bewegung an die Wand lehnte, zog an ihrer Zigarette. „Das ist also der Bastard", sagte sie, ihre Stimme rau vom Nikotin. Im Halbdunkeln des Zimmers glomm der Stummel in ihrer Hand.
Statt seinem Ärger Luft zu machen und Betty ganz genau zu beschreiben, wie gerne Marco dem Kerl den Hals umdrehen wollte, starrte er mit offenem Mund auf das Schauspiel jenseits der Scheibe.
Er war nicht per se dumm, aber seine grauen Zellen waren nicht von der schnellen Sorte.

Die Balkontür schwang auf. Unglaublich zufrieden mit sich stolzierte Frank Feigenbaum in sein penibel aufgeräumtes Wohnzimmer.
„Ich wusste doch, dass mein Plastik-Daumen doch noch für etwas gut sein konnte", sagte er milde belustigt und schob seine runde Brille die Nase hoch. Er wirkte seltsam zufrieden mit sich.
Dann rümpfte er die Nase, wandte ruckartig den Kopf und entdeckte Betty, die ihm lasziv den Rauch ins Gesicht blies.
„Das ist eine Nichtraucherwohnung", brachte Frank hustend hervor und wedelte demonstrativ mit der Hand. „Aber vielleicht hast du dir ja mittlerweile zu oft die Birne durchgeräuchert, um das noch im Oberstübchen verarbeiten zu können."
Betty lachte erstickt und drückte ihre Zigarette in einem Blumentopf aus. „Charmant wie eh und jeh, unser Feigenbaum."
Frank schnalzte mit der Zunge. „Wieso bist du überhaupt hier?"
Betty fing jetzt an, ihre Lockenwickler neu aufzudrehen. „Marco hat mich aus meinem Schönheitsschlaf geklingelt. Er meinte, ihr zwei bräuchtet Hilfe einen Einbrecher in die Mangel zu nehmen. Dachte mir aber, ich schau's mir erstmal an bevor ich die Bärenfalle aus dem Keller hole. Wie es scheint, kommt ihr aber auch ganz gut ohne mich zurecht."
„Wofür in drei Teufels Namen brauchst du eine- ach, weißt du was, ich will es gar nicht wissen."

Frank hatte schon längst aufgegeben, Betty zu verstehen. Sie war eine alleinstehende Frau, faltig vom Alter, vom Rauchen, und von zu viel Sonne – niemand wusste wie alt sie wirklich war und niemand wagte es zu fragen – und sie machte oft den Eindruck als würde sie einen in ihre Wohnung locken und einem dort entweder zu süßen Tee oder Gift (oder beides, so sicher konnte man sich da nie sein) einflößen wollen. Als Frank vor zehn Jahren in die Wohnung neben ihr gezogen war, hatte sie noch relativ normal gewirkt – nunja, das Einzugsgeschenk war kein Kuchen nach Omas Geheimrezept, sondern ein gigantischer, steinharter Keks in Penisform gewesen, aber nicht jede alte Dame war versiert in der Küche. Doch dann fing sie an sehr ausführlich und genüsslich zu beschreiben, wie sie ihrem vierten Ehemann die Zunge abgeschnitten hatte, während Frank mitten in der Nacht vor dem Sicherungskasten im Keller kauerte und sich wünschte er hätte jemand anderem die Taschenlampe in die Hand gedrückt. Dass er ein paar Wochen später, als er Betty ihr Paket vorbeibracht, ein sehr verdächtiges Einmachglas neben ihrer Schlüsselschale stehen sah, machte das ganze auch nicht besser – und er war sich fast sicher, dass sie es extra dort platziert hatte.

Obwohl es allen Grund gab, der Frau zu mistrauen, war Marco, der idiotische Medizinstudent, sofort zu ihr gerannt. Frank war sich nicht sicher, ob er naiv oder einfach nur dumm war – oder auf ältere Frauen stand. Vielleicht ja auch alles.
Jetzt, nachdem er minutenlang bedröppelt auf den Balkon geglotzt und von der Kabbelei nichts bitbekommen hatte, öffnete Marco den Mund. „Bro, was hast du mit dem Kerl gemacht?!"
Frank wandte sich in Richtung seines Balkons, als würde ihm der an einen Klappstuhl gefesselte, Rotz und Wasser heulende Kriminelle jetzt erst auffallen.
„Ach, das?", meinte er beiläufig, doch man konnte hören, dass er nur auf die Frage gewartet hatte. „Ich hab ihm den Plastik-Daumen dahin gesteckt wo die Sonne nicht scheint!", verkündete er boshaft.
Irritiert runzelte Marco die Stirn, als dachte er ‚Aber die Sonne scheint nachts doch eh nicht' – für einen Einser-Schüler war er nicht gerade die hellste Kerze auf der Torte – und Betty rollte mit den Augen. „In seinen Arsch", übersetzte sie.
Marcos Augenbrauen schossen in die Höhe. „No offense, Bro, aber das klingt kinda gay."
Frank stöhnte und Betty lachte. „Wenn du nicht schon einen Stock im Arsch hättest, hätte dein neuer Freund dir ja als Gegenleistung damit helfen können", sagte sie und ihr faltiges Gesicht sah aus, als würde es jeden Moment reißen, so sehr grinste sie.
„Da haben sich zwei gefunden, was?!", brummte Frank und verschränkte die Arme. „Apropos, warum könntet ihr euch beide nicht etwas angemessener kleiden?" Er deutete auf Bettys Negligé, das wenig Raum zur Imagination bot, und Marcos mit Dreck verkrusteten, nackten Oberkörper.
„Ach, und Flanellschlafanzug und Altherren-Hausschuhe sind die neuste Mode für Folterknechte?" Betty musterte Franks Outfit von oben bis unten, ihre hauchdünne Augenbraue provozierend in die Höhe gezogen.
„Ich bin doch kein-"
„Oh, doch. Dir macht das Spaß, gib es doch zu."

Tohuwabohu - KurzgeschichtensammlungWo Geschichten leben. Entdecke jetzt