Als ich noch ein Kind war, lebte ich in einer Stadt, die eine Garnison der amerikanischen Streitkräfte beheimatete.
Die Amerikaner fügten sich nahtlos in das Kleinstadtleben ein und gehörten unlängst zum Stadtbild. Die großen, spritfressenden Pickups mit den kleinen, amerikanischen Nummernschildern waren längst kein ungewohnter Anblick mehr und auch die Einzelhändler in der Stadt übten sich in der englischen Sprache, was hier und dort mal besser, mal schlechter gelang. Die Kommunikation mittels Händen und Füßen funktionierte erstaunlicherweise aber zumeist recht gut.
Einige Offiziere wohnten sogar mit ihren Familien außerhalb der Kasernen, es gab auch Ehen zwischen Mitgliedern der US-Army und deutschen Bürgern und sogar gemeinsame Kinder entstanden. Manche waren sogar meine Mitschüler.
Dies war wohl auch der Grund, wieso hier in der Gegend mit Halloween ein amerikanisches Fest Einzug gehalten hatte und deutlich umfangreicher als in anderen Teilen Deutschlands gefeiert wurde.Für uns Kinder war dies auch immer die Gelegenheit in schaurigen Verkleidungen durch die Nachbarschaft zu ziehen und Süßigkeiten zu sammeln. Der besondere Reiz bestand darin bei amerikanischen Haushalten an den Türen zu klingeln um exotische Süßigkeiten, die man bei uns nicht kaufen konnte, zu erhalten. Die ersten Jahre gingen wir in Begleitung unserer Eltern und auch nur zu Bekannten, als wir dann schon etwas älter waren, zogen wir alleine los.
In einem Jahr, ich und meine beiden Freunde Felix und Sebastian waren inzwischen vielleicht auch schon ein bisschen zu alt dafür, zogen wir wieder wie gewohnt in Verkleidungen durch die dunklen Straßen. Felix trug ein Vampirkostüm. Ein blass geschminktes Gesicht mit schwarz umrandeten Augen, ein Mantel mit hochgestelltem Kragen, ein verräterischer Blutfleck unter dem Mund sowie ein Plastikgebiss mit spitzen Zähnen, welches er auf seine Zähne gesteckt hatte, verwandelten ihn sichtbar in das bekannte Fabelwesen aus Filmen und Literatur. Sebastian hatte weniger Aufwand betrieben und sich von seiner Schwester großzügig mit Klopapier einwickeln lassen. Sein Anblick sorgte eher für Lacher als dass ihn jemand für eine angsteinflößende Mumie gehalten hätte. Ich hatte mir nicht extra ein Kostüm gekauft und hatte Kleidungsstücke kombiniert, die ohnehin zuhause vorrätig waren. Aus einem weiten Karohemd meines Vaters, einem alten Strohhut und ein bisschen Stroh, das wir immer für unsere Meerschweinchen im Haus hatten, hatte ich versucht ein Kostüm für eine schaurige Vogelscheuche zusammenzustellen. Noch ein paar passende Details ins Gesicht geschminkt und ich war fertig. Wenig Aufwand für ein tolles Kostüm. Ich war zufrieden.
Ich weiß noch genau wie wir durch die Straßen, der Route folgend, die sich über die Jahre bewährt hatte und uns möglichst effizient die meisten Süßigkeiten einbrachte, zogen und uns köstlich amüsierten. Dunkel war es natürlich schon geworden, der Vollmond stand hoch am Himmel und tauchte unsere Heimatstadt in ein mystisches Licht. Mit voranschreitender Zeit wurde es auch immer kälter und gerade in den äußeren Wohngebieten, die nicht so dicht bebaut waren und auch einige Felder und unbebaute Grundstücke aufboten, zog Nebel auf.
Uns drei halbstarke Halloween-Profis freute das allerdings und wir erhofften uns mit unseren Verkleidungen noch gruseliger zu wirken.Nach einer Weile kamen wir mit großen Tüten voller Süßkram in den Händen an das Haus von Thomas Johnson. Er war ein Offizier bei der Army und wohnte alleine in einem kleinen Haus am Stadtrand. Er war irgendwie verwandt mit unserem Mitschüler Kevin. Sein Onkel glaubte ich zu wissen. Ganz genau wusste ich es aber nicht. Seine Tür war in den letzten Jahren so etwas wie das Highlight unserer Streifzüge geworden, da der gute Johnson für Halloween stets seinen Vorgarten aufwendig dekorierte und auch äußerst spendabel in Sachen amerikanischer Süßigkeiten war. Zu unserer Enttäuschung war der Vorgarten vor seinem Haus diesmal aber absolut nicht geschmückt. Keine Spinnenweben, keine Gespensterpuppen, kein Plastikskelett, noch nicht mal eine Kürbislaterne. In den letzten Jahren war das ganz anders gewesen. Man hatte sogar den Eindruck gehabt Johnson würde sich jedes Jahr selbst übertreffen wollen und hatte immer mehr und mehr aufgefahren. Wieso war hier dieses Mal absolut nichts geschmückt?
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Schauergeschichten (Creepypasta)
TerrorSo langsam neigt sich der Sommer zu Ende und die Tage werden kürzer. Für mich ist das die Zeit, in der ich mich gerne ein bisschen gruseln möchte. Dir geht es genauso? Dann hab ich etwas für dich: Eine Sammlung an gruseligen Schauergeschichten! Perf...