3. Kapitel: Krisensitzung

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Jetzt, wo wir wussten warum Miriel das Schattenreich angreifen wollte und warum wir das unbedingt verhindern mussten, konnten wir hochkonzentriert nach einer Lösung suchen. Nachdem wir von der Lilie wieder zurückgekommen waren, hatte Yuna Einladungen in alle Teile des Dunklen Waldes verschickt, um alle zu einer Krisensitzung im Palast der dreizehn Monde zusammenzurufen. Diese Sitzung fand zwei Tage später in dem Saal statt, wo wir am Tag unserer Ankunft mit Yuna gesessen hatten. Während diesen zwei Tagen durften wir uns im Gästezimmer des Palastes aufhalten. Darin waren vier große, gemütliche Himmelbetten, sodass wir uns genug ausruhen konnten, bevor die Sitzung begann. Tagsüber halfen wir Yuna bei sämtlichen Vorbereitungen.

Am Tag der Sitzung warteten wir im Speisesaal auf das Ankommen der anderen Gestalten. Alle Tische waren zu einer langen Tafel zusammengestellt. Es war genau festgelegt, welche Wesen an welcher Stelle des Tisches saßen. An der Stirnseite nahm Yuna Platz. Links von ihr sollten alle Tenebrias sitzen. Auf der anderen Seite saßen alle Mitglieder des Palastes schon auf ihren Plätzen. Torvacornus, so wie ich, hatten neben den Tenebrias Platz zu nehmen. Alle Arcanimaliums konnten sich auf Ästen, die extra über die Tische gehangen wurden waren, niederlassen. Alle anderen Umbras wurden auf den restlichen Stühlen verteilt. Nur die Insidiosas, weil sie so hinterlistig und diebisch waren, mussten an den Wänden auf separaten Stühlen hinter Glaswänden sitzen. So konnten sie trotzdem ihre Meinung vertreten, ohne dass Yuna befürchten musste, dass ihr am Ende der Sitzung einige Habseligkeiten fehlten.
Der Saal füllte sich allmählich und fünf Minuten vor Beginn der Krisensitzung, war der Raum bereits komplett überfüllt. Alle Plätze waren belegt und alle, die keinen Platz mehr bekommen hatten, standen. Es waren deutlich mehr Gestalten gekommen, als wir erwartet hatten, aber dadurch hätte wenigstens jeder die Gelegenheit, seine Meinung zur aktuellen Situation mit einzubringen. Dann war es Zeit, die Krisensitzung zu eröffnen. Yuna stand auf und ihr langes und gönnendes Kleid mit langer Schleppe funkelte so sehr, dass ihr alle sofort die Aufmerksamkeit schenkten, die sie haben wollte. 
„Danke, dass ihr alle gekommen seid, um mit mir gemeinsam nach einer Lösung zu suchen. Die Gerüchte über die momentane Lage sind bestimmt wie ein Lauffeuer herumgegangen. Dennoch würde ich gerne, um falsche Informationen zu meiden und richtigzustellen, die Detektive Situation kurz zusammengefasst schildern", begann sie.
Es gab kurzes Getuschel, als sie eine kurze Pause machte. Allerdings herrschte wieder sofortige Stille, als die sich räusperte bevor sie weitersprach:
„Miriel hat einige seiner Engel losgeschickt, um einen Weg zu finden, die Grenze zu überqueren und das haben sie auch geschafft, nur kann ich euch leider nicht sagen, wie sie das gemacht haben. Ich wüsste es auch gerne. Jedenfalls haben diese Engel drei Tenebrias und vier weitere  Umbras mitgenommen "
Es gab ein kurzes Schluchzen im Bereich der übrigen Umbras.
„Nun will Miriel mit seinem Gefolge die Grenze überqueren um etwas aus unserem Wald in seinen Besitz zu bringen, was ihm nicht gehört. Näheres kann ich dazu nicht sagen, aber ich denke ihr wisst, wie dringend wir handeln müssen, um das zu verhindern, was unsere „Vermissten" erleiden mussten und um zu vermeiden, dass er den gesamten Dunklen Wald in seine Gewalt bringt! Stimmt ihr mir zu?"
Großes Gejohle und großer Applaus. Nur ich saß ruhig da und applaudierte nicht. Es war mir nicht geheuer, was hier gerade eingeleitet wurde. Außerdem merkte ich, wie zittrig Yunas Stimme wurde, sobald sie von Miriel redete. Irgendwas stimmte hier nicht, aber ich brauchte Informationen was hier vor sich ging, also hörte ich einfach zu und behielt meine Bedenken für mich.
„Hat jemand Vorschläge?", fragte Yuna in die Runde. Ein kleiner Troll, der ein Insidiosa sein musste, denn er saß hinter der Glasscheibe, sagte:
„Wir sollten ihnen alles rauben, was sie besitzen, denn wie sollen sie sich dann noch verteidigen?"
Die anderen seiner Art klatschten und pfiffen, aber alle anderen im Raum waren nicht so begeistert von der Idee, wie die Trolle. Loelia schlug etwas anderes vor:
„Meine Schwester und ich könnten sie nah an der Grenze beobachten. So könnten wir herausfinden, wie sie diese überqueren"
„Und dann könnten wir das vermeiden", setzte Nisha Loelias Gedanke fort. Alle um Raum schieben davon deutlich mehr begeistert zu sein, aus von der ersten Idee der Trolle, aber Yuna sah es anders:
„Das kommt nicht infrage. Es ist viel zu gefährlich und niemand weiß, wie mächtig die Magie der Grenze ist und wie sie sich auf uns auswirkt"
„Es muss aber doch jemanden geben, der weiß, wie die Magie funktioniert", sagte Nisha verzweifelt.
„Ja, das stimmt. Es gab jemanden, aber sie ist nie wieder aufgetaucht", antwortete Yuna traurig und sah mir dabei traurig in die Augen. Warum sie ausgerechnet mich ansah, wusste ich zu der Zeit such noch nicht.
Ein Tenebria stand auf und sprach:
„Wir sollten lieber eine Mannschaft, eine Armee aufstellen, die dann unseren Wald verteidigt. Wir sollten keine Zeit verlieren und jetzt sofort damit anfangen!"
Er streckte die Faust nach oben und schrie. Einige der anderen Tenebrias standen ebenfalls auf und brüllten ihre Zustimmung. Nur der Tenebria, der mit uns gekommen war, blieb still sitzen. Jetzt erhob er sich und sprach ruhig und voller Willenskraft:
„Es bringt uns rein gar nix, gegen sie zu kämpfen, denn wir haben einfach keine Chance gegen sie. Ich habe es doch versucht, aber es war unmöglich. Sie sind einfach zu mächtig"
Er seufzte tief und sank auf seinen Stuhl zurück. Es wurde ruhig im Saal und jeder schien für einen kurzen Moment um die zu trauern, die von den weißen Engeln entführt wurden waren.
Nach einer Minute der Stille ging plötzlich die Tür auf und ein Umbra trat herein. Er löste sich, kurz nach Betreten der Tür, auf und erschien an Yunas Seite. Dort gab er ihr eine Papierrolle, auf der man eine rot aufgestempelte Sonne erkennen konnte. Ich schluckte.

Das war eine Nachricht von der Sonnenseite!

Sie musste von Miriel sein. Das sah ich an Yunas Gesicht und daran, wie zittrig sie das Papier öffnete. Sie las ihn durch und sah schließlich mit erschrockenem Blick davon hoch. Sie war kreideweiß geworden und sah aus wie vom Blitz getroffen. Jeder im Raum war still und sah sie an, während alle darauf warteten, dass sie uns mitteilte, was passiert war. Yuna atmete einmal tief durch, bevor sie sagte:
„Ihr habt recht. Wir dürfen keine Zeit verschwenden. Deshalb werde ich noch heute Truppen zusammenstellen und sie zur Grenze schicken. Es wird gefährlich, ja, aber wir dürfen nicht zulassen, dass sie uns ohne Kampf einfach so bezwingen! Wer meldet sich freiwillig, um zu helfen?"
Sämtliche Arme im Saal gingen nach oben und viele Wesen stürzten auf Yuna zu, um sie zu fragen, was sie tun konnten. Ich fand die ganze Sache mit dem Kämpfen merkwürdig. Und so beschloss ich, nach Hause zu gehen und dort nach einer friedlichen Lösung zu suchen. Denn die beiden Reiche durften auf gar keinen Fall gegeneinander kämpfen, da sie sich so nur gegenseitig auslöschen würden.
Ich stand daher auf und verließ den Raum. Ich lief alle Treppenstufen nach unten und verließ schließlich den Palast, indem ich durch das Tor in der Hecke ging. Ich sah kurz zurück und wollte gerade losfliegen, als jemand nach mir rief:
„Warte. Wo willst du hin?"
Ich drehte mich um. Es war Loelia und sie kam die letzten Stufen heruntergerannt und lief auf mich zu. Als sie bei mir ankam, atmete sie ein paar mal tief durch, bevor sie mich erneut fragte, wo ich hingehen wollte und wieso.
„Es tut mir leid, aber ich finde es überhaupt keine gute Idee, wenn beide Reiche gegeneinander kämpfen. Es muss doch eine andere Lösung geben und ich will sie unbedingt finden"
„Da bin ich absolut deiner Meinung. Kann ich dir helfen?", fragte Loelia und ich antwortete:
„Sehr gerne. Nur weiß ich selbst noch nicht, was wir tun könnten"
Wir beschlossen erst einmal zu mir nach Hause zu fliegen, um uns dort einen Plan zu überlegen, wie wir das Schattenreich beschützen konnten, ohne gleich in den Kampf zu ziehen. Zuhause angekommen setzen wir uns vor den Kamin und sammelten alle Infos, die wir bereits hatten. Auf einmal fiel mir etwas ein.
„Sagte Yuna nicht, dass es eine Person gab, die versucht hat, die Magie der Grenze zu verstehen und dann aber plötzlich verschwunden ist?"
Sie nickte.
„Dann sollten wir sie finden. Vielleicht kann sie uns helfen"
Loelia sah mich verwundert an, doch sie sagte dazu nichts.
„Was ist?", fragte ich sie.
„Ach nichts weiter. Es ist nur.... Weißt du, meine Schwester und ich beschäftigen sich auch schon ewig damit, aber wir wissen kaum etwas darüber. Warum sie also absichtlich verschwinden, wenn sie die einzige ist, die sich mit dieser Art der Magie auskennt?"
Ich überlegte kurz und musste ihr zustimmen. Derjenigen musste etwas zugestoßen sein und wir mussten herausfinden was.
„Aber mal noch etwas anderes. Hast du auch mitbekommen, wie traurig mich Yuna angesehen hat, als sie von ihr redete?", fragte ich.
„Ja, das ist mir auch aufgefallen, aber ich weiß leider auch nicht, warum sie das tat", antwortete Loelia, doch ich sag ihr an, dass sie etwas wusste, was sie mir nicht sagte. Allerdings fragte ich nicht nach, weil ich mir nicht sicher war, ob es nur Einbildung war oder ob es der Wirklichkeit entsprach.

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