Die letzten zwei Schulwochen waren gekommen. Viele Lehrer machten kaum noch Unterricht. Viele Schüler beschlossen, dass nun die Zeit gekommen war, die Schule zu schwänzen. Und Frau Holzfink hatte mal wieder eine ihrer glorreichen Ideen. „Zum Abschluss des Schuljahres möchte ich, dass ihr alle einen Praktikumstag bei euren Eltern auf der Arbeit macht“, verkündete sie uns grinsend in unserer vorletzten Klassenlehrerstunde. Gestöhne und begeisterte Ausrufen gleichermaßen tönten durch das Klassenzimmer. „Der Praktikumstag wird diesen Freitag sein. Also sorgt dafür, dass ihr dort bei euren Eltern reinschauen könnt. Ich erwarte einen Praktikumsbericht von jedem einzelnen!“ Mit einem breiten Grinsen erwartete ich meine Vater an diesem Abend, um ihn von den Neuigkeiten zu erzählen. Er war Hotelfachmann im Holiday Inn Express Hotel in Köln Mühlheim und bei ihm war immer was los. Seine Kollegen waren witzig, seine Gäste immer nett und gut drauf. Das konnte einfach nur ein guter Tag werden.
Am Freitagmorgen standen wir beide gleichzeitig auf, frühstückten zusammen und fuhren dann zum Hotel. Mein Vater hatte seine Arbeitskleidung schon an, ich sollte meine dort bekommen. Wir parkten auf dem Mitarbeiterparkplatz und betraten das Hotel durch den Mitarbeitereingang. „Morgen, Markus“, wurde mein Vater von allen begrüßt, denen wir über den Weg liefen. Mein Vater grüßte eifrig zurück. „Morgen, Kevin. Das ist unser Küchenjunge. Ah, hallo Eugen. Unser Chefkoch. Morgen, Martina. Unsere Servicechefin. Und da ist unsere Kleiderkammer. Warte, ich lege dir was Passendes raus.“ Am Ende trug ich ein typisches Pagenoutfit und konnte nicht anders, als ständig deswegen zu kichern, was meinen Vater wiederrum zum Lachen brachte.
„Pass auf, wir erkundigen uns jetzt erst mal an der Rezeption, ob neue Gäste heute Nacht angekommen oder alte Gäste heute morgen schon abgereist sind. Dann schnappen wir uns einen Putzwagen und machen die Zimmer sauber.“ Ich nickte und folgte meinem Vater zur Rezeption, wo eigenartigerweise Kevin stand. „Warum bist du nicht in der Küche? Hat Eugen dich wieder rausgeschmissen?“, lachte mein Vater. Kevin nickte zerknirscht. „Was war es diesmal?“ „Ich hab beinahe das Tablett mit dem Fleisch fallen lassen. Aber nur beinahe. Dafür ist mir ein Teller zu Bruch gegangen.“ Mein Vater klopfte Kevin lachend auf die Schulter und auch ich musste breit grinsen. „Dann erzähl mal, Küchenjunge. Irgendwelche Änderungen bei den Zimmern seit gestern Abend?“ Kevin begann, auf der Tastatur vor sich zu tippen. „Die zwei aus Zimmer 15 mussten gestern Abend noch überraschend abreisen, da solltet ihr also auf jeden Fall sauber machen und mal nachschauen, ob die nicht was vergessen haben. Heute Morgen kam niemand mehr dazu. Die ganzen Geschäftsleute aus den ersten fünf Zimmern sind schon unterwegs, da könnt ihr also auf jeden Fall rein, wenn kein Schild an der Tür hängt. Und bei den restlichen Zimmern müsst ihr einfach anfragen, da waren ein paar schon beim Frühstück, ein paar noch nicht, aber auf jeden Fall sind die alle noch auf ihren Zimmern.“ „Alles klar, Kevin. Bis dann. Und versuch, den PC nicht wieder zu schrotten.“ Lachend verschwanden mein Vater und ich im Gang, während Kevin uns hinterherrief: „Das war nur ein Mal und das war Eugens Schuld!“
An den ersten fünf Zimmern hingen tatsächlich die Bitte-Putzen-Schilder, sodass mein Vater seine Universalkarte zog und die Zimmer eines nach dem anderen öffnete. Wir richteten die Betten her, putzten im Bad durch (was ich getrost meinem Vater überließ), fegten den Boden und wischten alle Flächen. Das machten wir in allen Zimmern so. Nach den ersten fünf Zimmern schauten wir weiter, an welchen Türen die Bitte-Putzen-Schilder hingen und wo Bitte-Nicht-Stören stand. Dort störten wir dann natürlich auch nicht und putzten nur dort, wo es auch erwünscht war. Immer wenn wir fertig waren, hängten wir die Schilder nach drinnen, damit wir auch nicht verwechselten, wo wir schon geputzt hatten und wo noch nicht. Das Zimmer Nummer 15 bekam dann eine Grundreinigung und wurde quasi komplett auf Anfang gestellt, um auf seine neuen Besucher zu warten. „So, jetzt gehen wir in die Küche und bekommen von Eugen ein kleines Mittagessen. Danach müssen wir alles fürs Abendessen vorbereiten. Geschirr raustragen und so“, erklärte mein Vater. Wir verräumten den Putzwagen und seine Utensilien also wieder und machten uns dann auf den Weg in die Küche.
Eugen war ein wirklich liebenswerter älterer Herr, der sein Reich – die Küche – jedoch mit eiserner Hand regierte und nichts duldete, was ihm nicht passte. Er drückte uns eine Platte Sandwiches in die Hand, die wir im hoteleigenen Mitarbeiterraum aßen. Dann holten wir Teller, Besteck und Tabletts aus der Küche und brachten alles in den dafür vorgesehenen Ständer. Wir wischten alle Tische, legten die Deckchen wieder richtig hin und stellten Vasen mit Kunstblumen auf.
Dann schickten wir Kevin zurück in die Küche und besetzten den restlichen Tag die Rezeption. Wir checkten ein älteres Ehepaar aus und da die beiden wirklich begeistert von mir schienen, überließ mein Vater mir den PC, damit ich alles unter seiner Anleitung erledigen konnte. Dann checkten wir einen Geschäftsmann und ein junges Ehepaar ein und begrüßten am frühen Abend die ganzen Leute, die von ihren Besichtigungen oder Geschäften zurückkamen. Danach war der Arbeitstag meines Vaters auch schon vorbei – er hatte mit seinem Chef nach der Trennung meiner Mutter ausgehandelt, dass er immer am frühen Abend nach Hause fahren durfte und keine Nachtschicht mehr übernahm, da er nun eine Tochter allein zu Hause hatte. Ich zog meine Pagenkleidung wieder aus und gab sie ab. Wir verabschiedeten uns von allen, die uns noch über den Weg liefen, ehe wir nach Hause fuhren. „Das hat Spaß gemacht“, grinste ich meinen Vater an. „Na da bin ich aber froh“, grinste mein Vater zurück.
Wer hat es geschafft, sich in der zweiten Schulwochen zu erkälten? Ich! Gestern nur Halsschmerzen, heute rotze ich ein Taschentuch nach dem anderen voll und mein Kopf drückt an allen Seiten. Ich hoffe euch geht's besser als mir...
Eure Ronja
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Der neue Freund meiner Mutter (AS FF)
FanfictionJette hat es nicht leicht in ihrem Leben. Ihre Eltern sind frisch getrennt und noch dazu wird sie in der Schule gemobbt. Nur wenige Wochen nach der Trennung stellt ihre Mutter Jette ihren neuen Freund vor. Als scheint das Schicksal es nicht gut mit...