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[1186 Wörter]

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Als ich klein war, lautete die Antwort auf die Frage, was ich mal werden möchte, ein Prinz und irgendwann ein König, der sein Land regiert. Dann wurde ich größer und interessierte mich für die Polizei, wollte Gerechtigkeit schaffen, wo Unrecht getan wird. Umso älter ich wurde, umso sicherer wurde ich mir, dass ich Fußballer werden möchte. Diesen Traum verfolge ich noch immer, doch gerade, mit Luke am Fluss stehend, die kalte Winterluft um meine Nase wehend und das schier traurige Gefühl in meiner Brust, habe ich nur noch einen Wunsch.

Würde mich heute meine Grundschullehrerin fragen, was möchtest du werden, Louis?, meine Antwort wäre ganz plump.

„Ich möchte glücklich werden."

Dass ich das nicht bin, versteht sich von selbst.

Als ich das Gebäude verlassen habe, bin ich Luke direkt schluchzend in die Arme gelaufen. Harry ist mir hinterhergelaufen, um mit mir zu reden, doch als er Luke und mich in der Umarmung wiederfand, hat er sich mit einem schwachen Nicken, das so viel Akzeptanz und Abschließung widerspiegelte, umgedreht und ist verschwunden.

Nun stehen wir am Fluss, ich trage noch immer Harrys Anzug, da er mich ohne nicht hat gehen lassen wollen und Luke hat viele Fragen. Er hat ihn schließlich gesehen und seinen Blick.

„Was hast du mit Mr. Styles am Hut?", fragt er schließlich, während wir uns auf eine nahegelegene Bank setzen.

Ich kuschle mich in das Jackett, das viel zu sehr nach Harry riecht und sehe zu ihm. „Sei mir nicht böse, aber ich kenne dich kaum. Ich denke nicht, dass du die richtige Person bist, um mich anzuvertrauen.", gestehe ich und presse die Lippen aufeinander.

Ich mag ihn, aber ich vertraue ihm nicht so wie Ni oder El. Er nickt verständnisvoll. „Ist in Ordnung."

Dankbar lege ich meine Hand auf seinen Oberschenkel und tippe leicht darauf.

Stillschweigend sehen wir zum See, seine Hand liegt auf meiner und mein Kopf auf seiner Schulter. Ich weine leise. Ich möchte Harry vergessen. Ich möchte ihn nicht nochmal sehen, wobei es in unserer Situation leider unvermeidbar ist.

„Ich bringe dich nach Hause, Louis. Es ist zu kalt hier draußen."

Ich nicke und bemerke, dass er seine Arme um meine Beine und meinen Oberkörper schlingt und mich zum Auto trägt. Ich fühle mich wohl bei Luke, aber es wird sich niemals richtig anfühlen. Wie ironisch... Harry und ich dürfen nicht sein und trotzdem fühlt es sich richtig an. Luke und ich stünden eine Chance in der Gesellschaft und trotzdem wirkt es falsch für mich.

Ich seufze und schnalle mich an. Ich starre die gesamte Fahrt über aus dem Fenster. Meine Gedanken schweifen wieder zu Harry. Ich stelle mir vor, wie er mich berührt und wie er mich ansieht.

Erst jetzt fällt mir auf, wie naiv ich eigentlich war. Ich habe wirklich gedacht, dass wir funktionieren könnten. Ich habe seine Blicke völlig falsch interpretiert, dachte, dass ich der einzige für ihn sei.
Ich bin nicht enttäuscht von Harry. Ich bin enttäuscht von mir selbst. Ich habe geglaubt, dass ich eine gute Menschenkenntnis habe, aber dieser Mann hat mir gezeigt, dass man den Menschen nur vor den Kopf schauen kann.

Ich bin enttäuscht, weil ich bereit war, mich auf ihn einzulassen, obwohl da draußen die Welt auf mich wartet. Ich habe so viel aufs Spiel gesetzt, Harrys Karriere und meine. Und für was? Für ein bisschen Spaß.

In einem halben Jahr ist es vorbei.

Ich verabschiede mich von Luke, der mir noch einen Kuss auf die Wange haucht und mich zur Tür begleitet.

„Danke, dass du da warst.", sage ich ehrlich.

Er winkt ab. „Gerne. Wenn etwas ist, kannst du mich anrufen. Zu jeder Tageszeit.", fügt er hinzu und beobachtet mich dabei, wie ich die Tür aufschließen.

Ich bedanke mich noch einmal und hebe dann zum Abschied die Hand. „Bis dann.", sage ich, was er erwidert und dann schließe ich die Tür hinter mir.

Ich kicke die Schuhe von meinen Füßen und ziehe das Jackett aus, als ich leise Schluchzer aus dem Wohnzimmer höre.

Ich ziehe meine Augenbrauen in Konfusion zusammen und trete langsam vor, um einen Blick hineinzuwerfen.
Meine Augen werden groß, als ich Mum, Gemma und Camille auf der Couch sitzen sehe. Camille liegt in Gemmas Armen und weint. Sie kauert.

Als Mum ihr Gesicht hebt, sieht sie mich und springt sofort auf.

Was macht die Verlobte meines Ex-Liebhabers hier? Diese Situation ist schon verkorkst genug.

Mum schiebt mich aus dem Türrahmen in die Küche und schließt die Tür hinter uns. „Was soll das? Was macht sie hier?", frage ich aufgelöst und gestikuliere in Richtung des Wohnzimmers. „Müsste sie nicht bei ihrem Verlobten sein? Stattdessen hält sie meine Schwestern mit ihrer Heulerei vom Schlafen ab."

Es ist nicht fair. Natürlich ist es das nicht. Irgendwie sitzen Camille und ich im selben Boot. Nur dass sie ganz vorne sitzt und von Harry gerettet wird, während ich untergehe. So fühlt es sich an... als würde ich untergehen.

„Deine Schwestern schlafen alle.", beruhigt sie mich, wobei diese Aussage meinerseits nur Mittel zum Zweck war. „Ja, Camille müsste eigentlich bei ihrem Verlobten sein, aber Harry, das ist der Vorname von Mr. Styles, hat die Feier frühzeitig verlassen, ohne ein Sterbenswörtchen zu erwähnen."

Wenn meine Mutter bloß wüsste, wie oft ich seinen Vornamen schon gestöhnt habe, würde sie sich all die Erklärungen sparen. „Vielleicht war er müde, oder so.", sage ich nur und zucke mit den Achseln.

Sie schüttelt den Kopf. „Nein. Nein, Harry war anders. Er hat geweint. Gemma hat ihn noch nie weinen sehen und Camille auch nicht. Sogar gelächelt hat er seit Jahren nicht mehr. Dass er so aufgelöst abgerauscht ist und jedem auf der Feier das sehen lässt, ist nicht er." Sie kommt auf mich zu und sieht mich eindringlich an.

Harry hat geweint? Und das mit dem Lächeln... ich dachte, er sei nur bei Fremden so verschlossen, aber wenn er sogar bei Gemma nie gelächelt hat, muss das doch heißen, dass ich die erste Person seit langem war, die er sein Lächeln gezeigt hat.

„Du warst doch auf der Toilette. Hast du etwas mitbekommen? Ein Freund von Camille hat ihr gesagt, dass er Harrys Stimme gehört hat."

Ich schlucke. Ich weiß viel. Viel zu viel. „Tut mir leid. Ich habe nichts gehört. Aber warum ist Camille ihm nicht hinterher gerannt? Ist das nicht ihr Job als Frischverlobte?"

„Ist sie. Aber Camilles und Harrys Beziehung scheint kompliziert zu sein, wie sie mir erzählt hat. Sie ist ständig unterwegs und sieht Harry kaum. Sie haben sich in der Zeit auseinander gelebt und der Antrag kam für sie sehr überraschend. Und als sie ihn dann weinend gesehen hat und versucht hat, ihn zu beruhigen, hat sie bemerkt, dass sie keinen Einfluss mehr auf ihn hat. Als seien die beiden Fremde."

„Das sind sie auch.", murmle ich, denn würde Camille Harry kennen, dann wüsste sie von mir. „Ich gehe schlafen."

Mum nickt. „Schlaf gut, mein Schatz."
Ich verschwinde nur noch.

Ich weiß, dass es das nicht sollte, aber Harrys Reaktion auf Camille ändert meine Meinung. Wenn er sie lieben würde, dann würde er sie an sich ranlassen. Aber das tut er nicht.

Das hat er nur bei mir getan.

Long Way Down - Larry StylinsonWo Geschichten leben. Entdecke jetzt