2. Kapitel

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Emma

Mein Morgen ist nicht ganz so verlaufen, wie es geplant war.
Ich hasse es, wenn etwas nicht läuft wie es soll. Vor allem wenn es ums Timing geht.
Natürlich musste ich heute verschlafen, der Tag wäre ja nicht so schon stressig genug geworden.

Leider sind es nicht bloß einige Minuten sondern ganze zwei Stunden gewesen, die ich länger im Bett verbracht hatte.
Eigentlich sollte mich das nicht wirklich wundern. Auf kurz oder lang gesehen wäre es so oder so irgendwann vorgekommen.
Die vielen schlaflosen Nächte ziehen eben nicht spurlos an mir vorbei, auch wenn ich mir das ständig einrede.

Ich habe ewig keine Nacht mehr durchgeschlafen.
Da sind einfach zu viele Gespenster die vor allem nachts durch meinen Kopf spuken.
Sie sind für jeden so leise und unsichtbar aber doch spüre ich sie.
Gestern Abend dachte ich, ich könnte endlich mal wieder vernünftig einschlafen, nur ein einziges Mal, aber der mir viel zu bekannte Alptraum machte mir einen Strich durch die Rechnung.
Es ist kaum in Worte zu fassen wie schlimm diese Träume sind, was sie mit mir machen.

Ich erlebe in ihnen alles erneut, Nacht für Nacht.
Ich sehe wie sie uns umzingeln, höre den Schuss, spüre sein warmes, austretendes Blut an meinen Händen und fühle wie seine Atmung immer schwächer wird, bis ich plötzlich aufwache. Einschlafen ist danach kaum möglich.

Genauso war es letzte Nacht.
Danach kommen bei mir jedes Mal all die Schuldgefühle wieder hoch.
Ich kann mich noch ganz genau daran erinnern, dass Finn sich an diesem Tag eigentlich nur mit den Jungs treffen.
Ich habe ihn dazu überreden, dass ich mitkomme. Wäre es anders gekommen wenn ich nicht da gewesen wäre? Hätten sie dann nicht dieses sadistische Grinsen im Gesicht gehabt? Hätten sie nicht das innere Bedürfnis dazu gehabt ihn zu verletzen um mir damit weh zu tun?
Gott, wahrscheinlich haben sie sich sogar an meinem Leid und Schmerz aufgegeilt.
Wer weiß das schon, vorstellen könnte ich mir bei diesen Bastarden einiges.
Ich frage mich auch ständig ob ich irgendwas anderes hätte tun können um ihm zu helfen, ob ich irgendetwas falsch gemacht habe.
Fragen über Fragen sprengen meinen Kopf und ich weiß nicht, wie lange ich das noch aushalte.
Ich brauche dringend Antworten!
Bis jetzt habe ich das alles niemandem erzählt, nicht einmal Maddy.
Ich möchte auf gar keinen Fall, dass sie sich noch mehr Sorgen um mich macht als sie es sowieso schon tut.

Das Rufen meines Namen bringt mich wieder ins hier und jetzt.
Ich blinzele ein paar mal und sehe mich um.
Ich sitze immer noch im Hörsaal und bemerke, dass ich, neben meiner Professorin und einigen wenigen Studenten, die dabei sind den Raum zu verlassen, die einzig bin, die noch hier sitzt.
Shit, bin ich etwa eingeschlafen?

„Miss Brown, ist alles in Ordnung bei Ihnen? Es scheint mir nicht so, als hätten sie meinem Unterricht ihre Aufmerksamkeit geschenkt."
Sie sieht mich an, aber ihr Ausdruck in den Augen wirkt im Gegensatz zu dem, was sie sagt nicht enttäuscht oder verärgert, sondern besorgt.
Es scheint so als würde meine Fassade langsam wieder zu bröckeln beginnen und ich könnte nichts mehr hassen und weniger zulassen als das.

Ich entschuldige mich für mein Verhalten, es wird auf keinen Fall wieder vorkommen. Vielen Dank der Nachfrage, aber es geht mir gut. War bloß eine lange Nacht." witzele ich mit einem Lachen, das meine Worte unterstützen soll.
Es ist alles in Ordnung.
Mir geht es gut.
Oder...?

Das sollen zumindest alle denken. Ich brauche definitiv kein Mitleid von den Menschen um mich herum. Weder von meinen Professoren noch von irgendwelchen Studenten aus meinen Kursen.
Ich komme gut alleine zurecht, das bin ich schon immer und mal ehrlich, wie soll mir jemand, der mich überhaupt nicht kennt helfen können?

„In Ordnung, dann hoffe ich für Sie, dass das wirklich nicht öfter vorkommen wird. Falls doch etwas sein sollte, können Sie sich immer an mich oder die anderen Professoren wenden, vergessen Sie das nicht."
Irgendetwas sagt mir, dass Sie mir die Nummer nicht ganz abgekauft hat. Ihr Blick ist gleich geblieben und das ist überhaupt nicht gut. Ich hoffe, dass ich sie in den nächsten Wochen davon überzeugen kann, dass man sich keine Sorgen um mich machen muss.

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⏰ Letzte Aktualisierung: Feb 19 ⏰

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