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"Fabiola und Mariana streiten sich die ganze Zeit"', berichtete das Mädchen dem Lehrer unsicher. Sie zeigte auf den Tisch, an dem die beiden saßen. Die Mädchen schienen sich heftig zu streiten. Zornig blickten sie einander an. Jetzt bemerkte auch der Lehrer den Streit. "Schon wieder?", fragend sah er das junge Mädchen an. Sie nickte zaghaft. "Ich weiß einfach nicht, was ich tun soll, sie arbeiten einfach nicht. Alles was sie machen ist streiten.", erklärte sie. Der Lehrer nickte verständnisvoll und stieß dann einen langen Seufzer aus. Das ist schon das vierte Mal, dass sie sich in dieser Woche stritten. Er wusste nicht mehr, was er dagegen tun kann. Es war eine schlechte Idee gewesen, die beiden in eine Gruppe zu stecken. "Ich regele das, keine Sorge.", versuchte der Lehrer, die verunsicherte Schülerin zu beruhigen. Langsam stand der Mann auf. Er wollte nicht schon wieder diese Diskussion führen. Aber er musste. 

Langsam glitt er zu dem Tisch in der letzten Reihe, um den drei Stühle standen. Fabiola und Mariana schienen sich gar nicht für ihren Lehrer zu interessieren, sie schienen sich mehr darauf zu konzentrieren, dem anderen zu widersprechen. Dabei wurden sie immer lauter. Jetzt drehten sich schon ein paar neugierige Mitschüler die Köpfe zu ihnen um. Ganz darauf versessen, ein paar Gesprächsfetzen auf zu schnappen. Der besorgte Lehrer stützte sich zwischen ihnen auf den Tisch und beugte sich zu ihnen runter. Aber die beiden schienen nicht einmal Notiz von ihm zu nehmen. Immer noch sehr damit beschäftigt sich gegenseitig fertig zu machen. 

"Bist du eigentlich so dumm, dass du nicht einmal das kleine einmal eins kannst oder was?!", zischte Mariana wütend. "Ach und du bist so viel besser als ich?! Du hast doch eben einen Fehler gemacht, das habe ich genau gesehen!", bellte Fabiola zurück. "Warum glotzt du immer auf meine Sachen, hast du kein Leben?!", doch gerade, als Fabiola ihr wieder antworten wollte, schritt der Lehrer ein. "Ich glaube, ihr habt vergessen, was wir gestern ausgemacht haben.", seine Stimme war ruhig, aber Mariana und Fabiola entging nicht die leise Bedrohung, die dahinter steckte. "Aber Herr Carrizo, sie hat angefangen mich zu beleidigen.", unschuldig blickte Fabiola. Gerade als Mariana ihr widersprechen wollte, machte ihr Herr Carrizo einen Strich durch die Rechnung. "Hört zu ihr beiden, in meiner ganzen Zeit als Lehrer habe ich es noch nie erlebt, dass sich zwei Personen so wenig leiden können wie ihr. Also entweder vertragt ihr beiden euch jetzt endlich mal, oder ich schicke euch zur Direktorin und ihr könnt euch eine Strafarbeit abholen, die ihr dann jeden Nachmittag zusammen machen müsst. Also was ist euch jetzt lieber?", fragen sah er die beiden Mädchen an. Sie schienen ein bisschen geschockt. Beide warfen sich einen kurzen Blick zu, bis Mariana dann endlich antwortete: "Es tut uns leid. Wir werden nicht weiter streiten.", mit einem Nicken wandte sich Herr Carrizo von ihnen ab und machte sich auf den Weg zu seinem Pult. Er wusste, dass er diese Konversation mit ihnen in der nächsten Stunde wieder führen wird, aber er versuchte die Ruhe, die gerade im Klassenraum herrschte zu genießen.

Als es klingelte, packten alle sehr schnell ihre Sachen ein und verließen in Lichtgeschwindigkeit den Raum. Fabiola war die einzige die übrig blieb. Sie blieb immer übrig. Sie hatte, seitdem sie hergezogen war noch keine Zeit gehabt, sich Freunde zu suchen. Eigentlich, aber das wollte sie sich nicht eingestehen, wollte sie gar keine neuen Freunde haben. Sie mochte es alleine zu sein. Das Gefühl von der Stille um sich herum. Sich nicht für sich rechtfertigen zu müssen. Sie konnte ganz sie selbst sein, wenn sie alleine war. 

 Langsam bahnte sie sich den weg aus dem Schulgebäude. Es war Schulschluss, und alle Schüler machten sich auf den Weg nach Hause. Fabiola wusste nicht, wo sie hingehen sollte. Sie war nicht gerne zu Hause, seitdem ihre Eltern anfingen sich zu streiten. Sie stritten sich immer häufiger und immer heftiger. Sie hasste es. 

Also schlug sie ihren Weg zum Park ein. Der Park war vielleicht 3 Kilometer von der Schule entfernt. Es war ihr lieblings Ort. Es gab nicht viele Orte, die sie mochte. In Puerto Rico war sie immer am Strand gewesen. Dort hatte sie stundenlang gesessen und dem Meer zugehört. Sie hatte sich immer vorgestellt, wie das Meer ihr Geschichten ins Ohr flüsterte. Damals haben sich ihre Eltern noch nicht gestritten. Damals war alles noch gut dachte sie. 

Der Park war nicht besonders groß, aber er war perfekt. Über all standen große schöne Weiden, deren Blätter sich aufgrund des Jahreszeitenwechsels orange und rot verfärbt hatten. Sie liebte die ganzen Farben. Sie machten ihr momentan graues Leben bunt. Sie gaben ihr die nötige Kraft, die sie brauchte um weiter zu machen. Langsam spazierte sie zu einer verlassenen Parkbank. Sie machte es sich auf ihr gemütlich, und fing an die Leute zu beobachten die an ihr vorbei liefen. Alle mit ihrem eigenen Leben beschäftigt. Sie zog einen Block aus ihrer Tasche und schlug ihn auf. 

Wenn Fabiola eins mehr mochte, als den kleinen Park, dann war es Gedichte schreiben. Zögerlich nahm sie einen Stift zur Hand und fing an das Papier mit Tinte zu beflecken. Sie schrieb nieder, was sie momentan am meisten beschäftigte und versuchte das in Reime zu verfassen, die sich dann in ihrer ganzen Schönheit auf dem Papier erstreckten.

Wünsche

Ich wünschte du wärst hier.

Hier.

Ganz nah bei mir.

Wie letztes Mal,

Erinnerst du dich?

Als wir unter den Sternen tanzten und uns zwischen den Planeten auf unsere Schuhe getreten sind?

Dort wo du damals warst ist heute der Wind.

Weht meine Träume von deiner Präsenz weit weg geschwind.

Und der Platz an dem wir gestern waren,

Dort gehe ich nie wieder hin.

Ich liege unter den Sternen im Klaren,

Sie erzählen mir eine Geschichte von zwei Personen die wie wir waren.

Und dann fühle ich es.

Ein kleines Stück.

Verschwunden und kam nie wieder zurück.

Es ist zwar klein aber ich spüre es deutlich.

Hilfe der Gedanke an dich verfolgt mich.

Und ich wünschte du wärst hier.

Hier ganz nah bei mir.

Meine Gedanken kreisen ums nächste Mal.

Willst du kommen und wir meinen Himmel malen?

Ich wünschte du wärst hier.

Hier.

Ganz nah bei mir.

Ich will mit dir tanzen und uns unter den Sternen drehen.

Und lachen bis wir den Wind weg wehen.

Und wenn du kommst wäre mein Herz vielleicht komplett.

Denn immer wenn du gehst ist mein Herz ganz schlimm defekt.

Ja dachte sie. Sie wird niemals Etwas mehr lieben können, als Gedichte. Niemals. Gedichte sind wie Kunstwerke aus Worten. Man kann sie interpretieren und Analysieren. Sie machen Menschen glücklich, oder traurig, aber wenigstens lassen sie einen Etwas fühlen. Und dass dachte sie, ist mehr wert, als alles andere auf dieser Welt.

The two sided loveWo Geschichten leben. Entdecke jetzt