Fabiola schreckte aus ihrem Schlaf, nachdem ein lauter Knall aus dem Badezimmer ertönte. Es war so laut gewesen. Es hatte sich angehört, als wäre irgendetwas zu Boden gefallen. Langsam stand Fabiola auf. Sie hatte Angst und wollte keine Geräusche machen, während sie auf Zehenspitzen auf ihre verschlossene Zimmertür schlich. Vorsichtig versuchte sie die Tür aufzuschließen. Langsam machte sie ihre Zimmertür einen Spalt auf und schaute hinaus auf den Flur. Nichts war dort zu sehen.
Das Mondlicht, welches durch das Fenster in den Raum fiel, tauchte den Raum in eine Art magisches Licht. So hatte es ihr Bruder immer gesagt. Dass alles was der Mond berührt magisch ist.
Fabiola nahm all ihren Mut zusammen und trat aus ihrem Zimmer. Der Boden knarzte leicht unter ihren Füßen, während sie zum Badezimmer schlich. Als sie an der Tür ankam hielt sie ihr Ohr an die Tür und lauschte. Alles war still, bis sie eine Person weinen hörte. Leises Schluchzen. Aber das Komische war, dass das Weinen weder das von ihrer Mutter noch das von ihrem Vater war. Es hörte sich viel jünger an. Älter als sie, aber vielleicht nur ein paar Jahre. Sie bückte sich um durch das Schlüsselloch schauen zu können. Das Licht im Badezimmer war an. Soviel konnte sie sehen. Und als sich ihre Augen an das Licht im Bad gewöhnt hatten, erschrak sie fürchterlich, bei dem Anblick der sich ihr Bot.
Ihr Bruder, ihr wunderschöner Bruder lag dort. Blutend und weinend am Boden. Es sah aus, als wäre er schwer verletzt. Er hatte ein Loch in seiner Brust. Es sah so aus, als wäre auf ihn eingestochen worden. Schnell sprang Fabiola auf und rüttelte an der Tür. Panik erfüllte sie bis in jede Ecke ihres Körpers. Caleb, ihr Caleb lag dort und starb.
Und sie dachte, dass sie es nicht vertragen könnte ihn noch einmal tot zu sehen. Und die Frage warum er da war stellte sie sich. Warum war er da. Warum war er nicht tot. Es ist doch tot. Und sie rüttelte und rüttelte an der Tür, doch sie öffnete sich nicht. Und als sie bemerkte dass sie sich nicht öffnen ließ schrie sie. Und sie fing an so fürchterlich und laut zu schreien, dass sie sich selber angst machte. Und dann fing sie an zu weinen und zu kreischen und sie war so verzweifelt, während sie gegen die Tür trat. Und sie schrie nach Caleb. Sie schrie seien Namen. Den Namen den sie schon so lange nicht mehr in dem Mund genommen hatte und schrie ihn immer wieder. Und dann ließ sie von der Tür ab und blickte nochmal durch das Schlüsselloch und dann sah sie ihn wieder. Und er blickte sie an. Er blickte ihr genau in die Augen, während er in seinem eigenen Blut saß. Aber er konnte sie nicht sehen, denn er war schon längst verblutet.
Fabiola schreckte aus ihrem Traum. Ihr Atem ging schnell und hektisch und sie war sich sicher dass ihr Herz einmal ausgesetzt haben musste. Wie hätte sie es geschafft nicht auch zu sterben. Wie hat sie es geschafft nicht zu sterben bei diesem Anblick. Bei diesem Traum, welcher sich so real angefühlt hat. Die Augen ihres Bruders hat sie so klar vor ihren Augen. Wie sie so ausdruckslos, so leer angeblickt hatten. So tot. Er war so tot. Und dann noch das ganze Blut. Da war so viel Blut. Fabiola wurde schlecht bei der Erinnerung.
Sie sah auf ihren Wecker. Es war schon fast 6 Uhr und sie musste bald aufstehen und sich fertig machen. Am liebsten würde sie einfach in ihrem Bett liegen bleiben und so lange dort liegen, so lange, bis sie den Traum vergessen hat. So lange bis sie sich nicht mal an ihren eigenen Namen erinnern kann. So lange bis sie auch sterben würde.
Aber als der Wecker anfing stieg sie trotz Allem was in ihrem Kopf passiert war, trotz all der Panik und all der Angst aus ihrem Bett. Und sie ging zum Badezimmer, bückte sich, wie sie es in ihrem Traum gemacht hatte und blickte durch das Schlüsselloch. Und vielleicht, ganz vielleicht hatte sie für einen Moment gehofft ihren Bruder dort sitzen zu sehen. Aber er saß nicht dort. Alles was man sehen konnte war ein Teil des Waschbeckens, an dem Caleb im Traum gelehnt hatte. Seufzend richtete sie sich wieder auf und drückte die Türklinke runter. Die Tür öffnete sich. Und sie blieb im Türrahmen stehen und sah lange einfach nur in den Raum hinein, ohne ihn zu betreten.
Als es Zeit war das Haus zu verlassen, packte sie ihre Schulsachen zusammen und ging hinaus. Es war ein kühler Morgen gewesen und man konnte seinen Atem sehen. Und in der Luft lagen so viele Erinnerungen dass sie kurz dachte dass sie einen Anfall hat. Es war schrecklich, alles war so schrecklich.
Als sie in der Schule ankam, wurde sie sofort von Lucia begrüßt, die gerade ihr Fahrrad am Fahrradständer anschloss. Zusammen gingen sie in die Schule, während sie über verschiedene Themen redeten. Fabiola versuchte sich nicht anmerken zu lassen, dass es ihr schlecht ging und anscheinend machte sie es gut, denn Lucia schien nichts zu bemerken. Als ein paar Stunden vergangen waren, bemerkte sie, als die letzte Stunde begann, dass Mariana gar nicht da war. Sie saß nicht neben ihr und als sie eine Freundin von Mariana fragte, wo sie sei, wurde ihr gesagt, dass sie krank sei.
Die Stunde war sehr langweilig ohne Mariana, dass musste sie ihr leider lassen. Es gab niemanden, der ihr unter dem Tisch auf die Füße trat und niemanden der sie beleidigte. Und das Komische ist, dass es sie eigentlich hätte freuen müssen, aber es freute sie nicht. Nein. Sie vermisste es sogar ein kleines Bisschen. Aber das würde sie niemals zugeben.
Es wurden Arbeitsblätter ausgeteilt und als ihre Lehrerin zu ihr kam, fragte sie Fabiola, ob sie die Arbeitsblätter nicht Mariana bringen könnte, da es sehr relevant für den Test sei, den sie in der kommenden Woche schreiben würden. Also beschloss Fabiola nach der Schule zu Mariana zu gehen um ihr die Arbeitsblätter zu geben.
Nachdem die Lehrerin den Unterricht beendet hatte, machte sich Fabiola auf den Weg zu Mariana. Heute viel es ihr schwer Leuten ins Gesicht zu blicken, sie dachte immer dass es ihr Bruder wäre, den sie da anblickt. Ihren toten Bruder, der sie so tot angesehen hatte. Dieses leere Starren. Es war so schrecklich, dass sie am liebsten anfangen würde zu weinen.
Als Fabiola in die Einfahrt einbog, wurde sie nervös. Warum hatte sie nicht einfach einer Freundin von Mariana das Arbeitsblatt gegeben? Warum hatte sie einfach das Bedürfnis gehabt zu Mariana zu gehen?
Nach einer kurzen Weile des Zögerns, fasste sie sich ein Herz und klingelte. Sie hörte wie es leicht hinter der Tür polterte, bevor sie sich öffnete. Vor ihr stand ein kleines Mädchen, welches eine gravierende Ähnlichkeit mit Mariana hatte.
"Wer bist du?", fragte das kleine Mädchen schüchtern. "Ich bin Fabiola und ich müsste kurz zu deiner Schwester.", erklärte Fabiola. Aber bevor das kleine Mädchen weiter sprechen konnte, hörte sie wie sich Schritte näherten und eine nur allzu bekannte Stimme anfing zu sprechen. "Sofia, ich hab dir doch gesagt, dass du keinen fremden Leuten die Tür auf machen sollst!", eine etwas aufgebrachte Mariana erschien in der Tür und schickte mit einer Handbewegung das kleine Mädchen wieder ins Haus.
Und dann sah sie, wer vor der Tür stand. Und sie hielt in ihrer Bewegung inne und blickte Fabiola eine lange Zeit einfach nur an. Fabiola musterte Mariana und sie musste sagen, dass sie wirklich sehr krank aussah. "Was machst du denn hier?", sie war nicht wütend, eher überrascht. "Ich soll dir Arbeitsblätter vorbeibringen.", erklärte Fabiola. Mariana nickte verständnisvoll. "Ok dann gib sie mir.", forderte Mariana. Fabiola setzte langsam ihre Tasche ab und wühlte kurz darin herum, bis sie die Arbeitsblätter gefunden hatte. Sie machte ihre Tasche wieder zu und drückte Mariana die Arbeitsblätter in ihre ausgestreckte Hand. Fabiola war doch ein bisschen verunsichert gewesen und wollte sich schnell wieder auf dem Weg nach Hause machen. Aber nachdem sie sich umdrehte und gerade losgehen wollte, hielt Mariana sie auf. "Warte.", Fabiola drehte sich um. Mariana hatte sie am Handgelenk gepackt. Fragend sah Fabiola sie an. "Kannst du mir die Arbeitsblätter erklären?", fragte Mariana. Sie erinnerte Fabiola an ein stures Kind, welches nicht gerne nach Hilfe fragte, aber sie hatte nichts besseres an dem heutigen Tag zu tun und außerdem wurde sie heute noch kein einziges Mal von Mariana beleidigt, deshalb nickte sie zustimmend.
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The two sided love
RomanceFabiola kommt nach den Sommerferien an eine neue Schule, da ihre Eltern mit ihr von Puerto Rico nach Argentinien gezogen sind. Sie hasst alles auf dem Land. Die Lage, die Schule, das Essen, die Leute, aber vor allem hasst sie Mariana. Die perfekte M...