Sydney war wunderschön.
Kaum waren wir außerhalb des Flughafens, schien uns die Sonne ins Gesicht.
Eigentlich wollten wir noch etwas in der Stadt herumschlendern, aber Mom dachte, dass es praktischer wäre, wenn wir zuerst ins Hotel fahren würden. Da ich ihr in diesem Punkt auf jeden Fall zustimmte, suchten wir ein Bahn- oder Busnetz. Ich hatte keine Ahnung wo es hingehen sollte. Verwundert sah ich meine Mutter an, nur sie wusste in welches Hotel es gehen würde. Ich war gespannt. Jedoch versuchte ich mir nicht allzu große Hoffnungen zu machen, denn schließlich hatten wir unser gesamtes Erspartes in diese Reise hinein gesteckt. Unser Hotel würde also vermutlich keine Augenweide werden, aber das war mir egal. Ich brauchte nur eine Schlafgelegenheit. Wir würden eh nicht so viel Zeit in unseren Zimmern verbringen. Mom fuhr mit ihrem kleinen Koffer voraus, Timo und ich folgten ihr schweigsam. Vermutlich hatte sie genauso wenig Ahnung, wo wir hinfahren mussten, wie wir, doch das ließ sie sich keineswegs anmerken. Sie wirkte, anders wie ich sie normalerweise kannte, wie eine souveräne Erwachsene. Diesen Anblick genoss ich ausnahmsweise. Endlich musste mal nicht ich die sein, die sich um alles kümmerte. Wir liefen zu einem vollen Liniennetz und blieben davor stehen.
"Okay Mom, ich kann echt nicht länger warte. Sag uns endlich wo es hingeht, ich sterbe fast vor Neugier", sagte ich. Timo nickte dabei unterstützend mit seinem Kopf.
"Na na na, meine kleinen Mäuse. Noch etwas Geduld wenn ich bitten darf, ihr werdet es bald selbst herausfinden." Sie lächelte und strich mir über den Kopf. Timo kassierte einen kleinen Stirnkuss, der einen roten Abdruck auf seiner Haut hinterließ.
Frustriert stampfte Timo mit seinem Fuß auf, ließ es aber dabei bleiben.
Nach weiteren Minuten, erklang eine englische Stimme in der Lautsprecheranlage. Sie erzählte irgendetwas undeutliches von wegen, eine Bahn hätte aufgrund Bauarbeiten Verspätung. Aber da ich nicht wusste, mit welcher Linie wir fahren würden, konnte ich nicht wissen, ob uns die Verspätung betreffen würde. Jedoch löste sich das Rätzel sogleich, denn vor uns blieb eine silberne Straßenbahn stehen. Hecktisch drängten sich die Menschen hinein, als würden sie befürchten, dass sie keinen Platz mehr darin haben würden. Das war lächerlich, denn die Straßenbahn war so riesig, dass bestimmt 300 Menschen darin Platz hatten. Wir waren die letzten, die einstiegen. Das hatte den Vorteil, dass wir an den Ausgängen stehen konnten. Wir standen eine gefühlte Ewigkeit in der überfüllten Blechbüchse. Irgendwann öffneten sich die Türen unverhofft, denn wir waren an der Endstation angekommen, das Viertel der Reichen. Angeekelt rümpfte ich die Nase. Hier roch vermutlich auch das Klopapier nach Parfüm.
Überrascht klappte meine Kinnlade herunter, als Mom auf einmal aus dem Wagen sprang. Timo tat es ihr gleich, ich blieb verblüfft in der Straßenbahn stehen. Sofort griffen vier Arme nach mir und zogen mich hinaus.
"Klapp deinen Mund zu, sonst fliegt dir noch eine Fliege rein", sagte meine Mutter kichernd, wie ein kleines Kind. Sie hing sich bei mir ein und schleppte mich die Straßen entlang. Wir mussten ca. 20 Minuten laufen, als sie abrupt stehen blieb. Ich sah mich um. Hinter uns befand sich ein wunderschöner grüner Park. Seitlich ging rechts und links eine überteuerte Einkaufsstraße weiter. Dort fand man Läden wie Rolex, Louis Vuitton, Gucci und vieles mehr. Vor uns erstreckte sich ein riesiges Gebäude in die Höhe. Die halbrunde Straße des Hotels hatte eine andere Farbe. Sie war schwarz und glänze schön, sie spiegelte das Goldene Licht das von den Lampen erzeugt wurde. Allgemein war beinahe alles in Gold und Beige gehalten. Der überdachte Eingang wurde durch eine Glastür vom Foyer getrennt. Ich traute mich kaum dort hin zu sehen. Ich fühlte mich unwohl dabei, weil ich wusste, dass ich nicht dorthin gehörte. Auf dem angehängten Parkplatz standen lauter teuer aussehende schwarze Autos. Ich konnte einige Porsche und Teslas ausmachen.
Meine Mom grinste wie ein Honigkuchenpferd und sprang geradezu in das luxuriöse Hotel.
Das "Four Seasons" war auf gar keinen Fall ein Hotel das auch nur ansatzweise in unserer Gehaltsklasse lag. Mit seinen fünf Sternen und seinen extravaganten Extras hob es sich deutlich von den anderen Hotels in der Nähe ab. Es war das Beste in der ganzen Stadt. Was um Himmels willen taten wir hier?
Meine Hom und Timo standen gerade bei der Rezeption und regelten das Check-in. Sie beide stachen so stark aus der Umgebung hervor, wie ein Elefant im Porzellanladen. Ich musste mich überwinden einen Schritt auf den Boden dieses Hotels zu setzen, der vermutlich mit Blattgold angereichert worden war. Ich drehte mich einmal um mich selbst. Die Fassade der Rezeption bestand aus Holz und, wer hätte es gedacht, auch noch aus Gold. In geschwungenen Buchstaben stand darüber in weißer LED-Schrift der Name des Hotels.
Ich war noch dabei, die Einrichtung und den ganzen Eingangsbereich zu bewundern, da zog mich meine Mutter am Arm und zeigte mir freudig die drei Zimmerkarten, die sie eben bekommen hatte. Ich fasste es kaum, die Zimmerkarten bestanden aus Holz und hatten ebenfalls kleine Goldpartikel eingearbeitet.
Vielleicht könnten wir diese verkaufen?
Schwachsinn, man musste die Zimmerschlüssel vermutlich beim Verlassen des Hotels wieder abgeben. Wir liefen in den Aufzug. Goldene Spiegel auf jeder Seite. Ich sah mich in unendlich verschiedenen Versionen an den Wänden.
Ich richtete meinen Blick gerade aus, aus dem Fahrstuhl heraus. Gerade konnte ich sehen, wie sich die Fahrstuhltüren schlossen.
Das letzte was ich sah, war ein schwarzer Haarschopf.
Hatte ich den heute nicht schon einmal gesehen?
Die Türen schlossen sich und wir fuhren hinauf.
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Ich sehe Dich
RomanceFerien, ein vermeintliches Arschloch das dir am Flughafen begegnet und ein Typ der das komplette Gegenteil ist. Du siehst sie einmal und nie wieder. Doch wie heißt es so schön? Die Wege des Schicksals sind unergründlich. Durch einen Zufall triffst d...