Kapitel 6

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Jake

Heute findet Cecilias erster Unterricht statt. Auch ich werde als Schüler daran teilnehmen, obwohl ich meinen Abschluss bereits vor zwei Jahren gemacht habe.

Der Klassenraum ist bereits gefüllt mit Schülern, als wir diesen betreten. Gemeinsam setzen wir uns in die letzte Reihe. Cecilia, die zwischen Olivia und mir sitzt, ist heute besonders still. Sie sitzt schweigend da und betrachtet ihre Finger, die sie knetet.

Auch Olivia scheint nicht entgangen zu sein, dass etwas nicht stimmt. „Alles in Ordnung bei dir?", erkundigt sie sich vorsichtig bei Cecilia, die ihren Blick nun endlich hebt. Ihre vom Weinen roten und geschwollenen Augen werden von dunklen Schatten umrandet. Sie muss die ganze Nacht geweint haben.

„Mir geht es gut", antwortet sie und klingt dabei so fröhlich, dass sogar ich es ihr glauben würde, wenn ich es nicht besser wüsste.

„Okay.. du sahst so traurig aus", erwidert Olivia und legt den Kopf leicht schief.

„Ich habe nur ein bisschen Heimweh", kommt prompt die Antwort von der Prinzessin. Daran ist zumindest etwas Wahres dran.

„Das kann ich gut verstehen, aber das geht bald vorüber. Glaub mir", versucht Olivia sie aufzumuntern. Cecilia nickt anerkennend und möchte gerade etwas erwidern, als das Gespräch aus der Reihe vor uns ihre Aufmerksamkeit auf sich zieht.

„Habt ihr schon die Nachrichten gehört?", fragt diese ihre Freundinnen, welche sofort auf das Thema eingehen. „Die Nachrichten über den Tod des Dukes haben mich wirklich schockiert. Er war noch gar nicht so alt", erwidert ein anderes Mädchen sichtlich betroffen.

Cecilia senkt ihren Blick und schließt die Augen. Ich sehe, dass sie mit sich kämpfen muss, um nicht wieder zu weinen.

„Die Königsfamilie hat man seit Freitag nicht mehr gesehen. Einige behaupten, dass es einen Anschlag gab und sie untergetaucht sind", sagt dasselbe Mädchen, welches das Thema begonnen hat.

„Hoffentlich geht es dem Prinzen gut", seufzt ein weiteres Mädchen und die anderen beginnen zu kichern. „Du mit deinem Crush auf den Prinzen", wechseln sie nun das Thema und machen sich noch weiter über die Schwärmerei ihrer Freundin lustig. Cecilia atmet erleichtert auf.

***

Der Tag verläuft ziemlich ereignislos. In der Mittagspause sitzen wir mit ein paar Schülern, die wir kennengelernt haben, am Tisch. Sogar mir fällt es erstaunlicherweise leicht, mich unter die Leute zu mischen. Enge Freundschaften werde ich während unserer Zeit hier nicht schließen, immerhin bin ich nicht zum Vergnügen hier. Doch es ist trotzdem ganz nett, in Gesellschaft von Leuten zu sein, mit denen man sich gut versteht.

Cecilias Stimmung hat sich über den Tag deutlich gebessert. Ich glaube, der Unterricht tut ihr ganz gut, um auf andere Gedanken zu kommen. Doch seit Unterrichtsschluss, hat sie sich wieder in ihrem Zimmer verschanzt.

Eigentlich habe ich mir selbst geschworen, meinen Job professionell zu erledigen und mich emotional nicht all zu sehr zu involvieren. Aber andererseits hat sie hier niemanden, mit dem sie darüber reden kann, was in ihr vorgeht.

Irgendwann halte ich es dann nicht mehr aus und beschließe, zu ihr zu gehen. Natürlich rede ich mir selbst ein, dass es mir nur darum geht zu prüfen, dass Cecilia nicht in Gefahr schwebt. Die Wahrscheinlichkeit, dass ihr hier etwas zustößt, ist in Wahrheit aber ziemlich gering.

Leise öffne ich meine Tür und lausche kurz, ob ich im Flur irgendetwas höre. Da dies nicht der Fall ist, gehe ich zu Cecilias Tür und möchte klopfen, halte dann allerdings inne. Es ist nicht richtig, hier zu stehen. Mein Job ist es nicht, ihr ein guter Freund zu sein, sondern sie in ihrem Alltag zu begleiten und für ihre Sicherheit zu sorgen.

The Princess's SecretWo Geschichten leben. Entdecke jetzt