🩵Kapitel 3🩵

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Jeongin POV:

Erschrocken blicke ich in das Gesicht eines fremden Jungen. Durch das wenige Licht, welches durchs Fenster kommt kann ich ungefähr sagen, dass er in meinem Alter ist. Er hat jedoch schmalere Gesichtszüge und vollere Lippen, an denen ich kurz hängen bleibe. Sie sehen so weich aus.
Plötzlich bewegen sie sich.

"Du bist also doch ein Mensch."

Ich richte mich auf und drehe mich zu der Person um. Erst jetzt bemerke ich, dass er ziemlich groß ist.
Er könnte glatt als Model durchgehen.
Dachte er wirklich ich wäre ein Geist?

"Ich sehe vielleicht ziemlich mitgenommen aus, aber ich bin immernoch ein Mensch."

Darauf fängt er einfach an zu lachen.

"Haha du bist echt witzig."

Er setzt sich neben mich auf die freie Sitzfläche der Couch und dreht sich zu mir.

"Lass mich raten. Du hattest keine Lust nach Hause zu fahren und bist dann geistesabwesend in irgendeinen Zug eingestiegen, um dann hier in der Pampa zu landen."

Überrascht versuche ich ihm nun in die Augen zu sehen. Es ist jedoch zu dunkel, um sie genau erkennen zu können.
Er ist definitiv ein Menschenkenner. Zumindest was meine Wenigkeit angeht. Ich lasse den Kopf hängen und nicke.
Ich bin sogar für Fremde ein offenes Buch.

"Das ist bei mir leider immer so.
Ich bin einfach so ungeschickt.
Deswegen gehöre ich auch einfach nirgendwo richtig hin."

Plötzlich tauchen die Bilder von den letzten Jahren wieder auf. Meine toten Eltern. Der Gerichtsvollzieher, der von meiner kleinen schäbigen Bude steht und sein Geld will.
Meine Arbeitskollegen, die über mich lästern und sich über mich lustig machen. Die Menschen, die alle so ein glückliches und zufriedenes Leben führen und an mir vorbeilaufen als wäre ich ein Nichts. Ich habe keinen Sinn mehr.

"Ich wäre am liebsten Tod, dann würde ich niemanden mehr mit meiner Anwesenheit stören."

Es herrscht wie erwartet Totenstille zwischen uns. Ich wollte gerade wieder aufstehen und zum Bahnhof laufen, als er plötzlich meine Hand nimmt.

"Du würdest es bereuen, wenn du sterben würdest, also sag sowas nicht."

Was soll das?
Als ob er ein Ahnung hätte, wovon ich rede. So ein perfekter Mensch weiß nicht, wie es ist alleine durchs Leben zu kommen. Dieses Geschwafel muss ich mir nicht anhören.

"Du hast keine Ahnung."

Ich will mich von seiner Hand befreien, aber statt locker zu lassen, drückt er sie fest.

"Da hast du wahrscheinlich recht, aber wenn du heute sterben würdest, würdest du es bereuen, denn du hättest nicht die Möglichkeit genutzt um es morgen besser zu machen."

Sprachlos bleibe ich wie angewurzelt stehen. Noch nie hat jemand zu mir sowas gesagt. Es braucht zwar etwas, bis ich seine Worte verstanden habe, aber je länger ich darüber nachdenke, desto mehr Sinn ergeben sie. Vielleicht hat er recht mit dem, was er sagt. Vielleicht stehe ich morgen einfach auf und mache etwas besseres aus meinem Leben. Schlimmer kann es ja kaum werden.

"Du...du hast irgendwie recht."
Ich lasse mich zurück auf die Couch plumpsen und starre ins Dunkle.

"Na siehste.", sagt er lächelnd und streichelt mir unerwartet durch mein Haar. Mein Kopf kribbelt durch diese Berührung. Mich hat schon seit Ewigkeiten niemand mehr so berührt.
Ich weiß nicht wieso, aber wer auch immer er ist, er gibt mir gerade so Hoffnung.

"Wie ist dein Name Kleiner?"

"Y-yang Jeongin."

Ich bin mir nicht sicher, aber ich glaube er hat gerade gelächelt.

"Was ein schöner Name.
Ich bin Hwang Hyunjin."

Er kam im Winter [Hyunin]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt