Teil 1 - Santa und der unartige Junge

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Seufzend stelle ich den letzen Karton mit Baumschmuck neben der Kasse ab. Eigentlich funkelt und glitzert die ganze Mall schon seit drei Wochen wie eine bunte Lichterkugel. Immerhin ist es Weihnachten. Das Fest der Freude oder so. Laute Kinder. Überfüllte Weihnachtsmärkte, mit Preisen wie im Michelin-Restaurant. Alles stinkt nach Tanne und Glühwein und man kommt nirgendwo mit dem Auto hin, weil alles zugeschneit ist. Oh ja, wie ich mich doch freue!

Da morgen der neue Laden nebenan eröffnet, trug mir unsere Chefin auf, den ganzen Schmuck aus dem Lager zu holen, den wir dieses Jahr nicht gebraucht haben, um ihn zur Einweihung zu verschenken. Das dauerte zum Glück nur drei Stunden und zum Glück durfte ich die schweren Kartons ganz allein schleppen. Sternchen aus Stroh? Selbstgebastelte Zuckerstangen, die schon schimmeln? Meiner Meinung nach gehört der Kram eher in den Müll.

»Es sind noch Kunden da, du Grinch! Setz gefälligst ein weihnachtlicheres Gesicht auf!«, ermahnt mich meine Chefin aus dem Rücken. Sie sieht die Kartons durch, dann nickt sie zufrieden. »Gut, damit sollte unser Nachbar über die Feiertage auskommen.«

»Was ist das eigentlich für ein Laden?«, hake ich nach, während ich die ungewollten Kleidungsstücke auf meinem Tresen zurück an die Stange hänge.

»Ich hörte, dass es ein Spielzeuggeschäft ist. Klingt das nicht romantisch? Dass es auch genau zwei Tage vor Weihnachten eröffnet! Die Kinder werden morgen Schlange stehen.«

Ich verdrehe die Augen. »Sehr romantisch.«

Sie schnalzt mit der Zunge. »Du willst wohl keine Weihnachtsprämie dieses Jahr.«

Da klingeln meine Ohren. Theatralisch schlage ich die Hände vor dem Kopf zusammen. »Vergib mir. Du weißt, ich kann mein Glück kaum in Worte fassen! Dieses neue Geschäft erfüllt mich mit meinen kühnsten Barbie- und Lego-Träumen!«

»Gut dass du das sagst.« Sie drückt mir die Kisten in die Arme. »Dann bring die doch bitte gleich rüber.«

Meine Mundwinkel fallen herab. Durch Weihnachten arbeiten wir schon zwei Stunden länger. Jetzt, da die Kunde ihre Kleidung zur Kasse bringen, habe ich mich eigentlich darauf gefreut, aus dieser Weihnachts-Hölle fliehen zu können. Denn ab morgen bis nach den Feiertagen habe ich frei!

»Der neue Laden sieht geschlossen aus.«

Meine Chefin fällt nicht auf den billigen Trick hinein und erklärt: »Eben war der Besitzer noch da. Vielleicht raucht er oder ist zur Toilette?«

»Soll ich in den Klos nach ihm fragen?«, stichele ich.

»Schlag nichts vor, das du dir eh nicht traust«, belehrt sie mich und scheucht mich davon. »Denk dran. Weihnachtsprämie!«, lockt sie mich, bevor sie im Hinterzimmer verschwindet.

Ein geschlagenes Seufzen verlässt meine Lippen, als ich den Schnickschnack nehme und aus der Boutique bringe. Obwohl die Mall in weniger als zehn Minuten schließt, huschen noch immer Menschen von Schaufenster zu Schaufenster, um vergessene Geschenke zu kaufen. Ob Socken, Parfüm, Kleider oder ein Handy – Die Einkaufstaschen der Leute sind randvoll.

Solch eine Verschwendung von Geld. Die meisten Geschenke werden nach Weihnachten sowieso zurückgegeben. Wie viele kommen Neujahr mit einem Bon in unsere Boutique, um die Sachen umzutauschen?

Ich umgehe die Rolltreppen und halte vor dem neuen Geschäft. Links daran grenzt ein Weinladen und rechts davon geht es zu den Toiletten. Die Fenster sind mit tiefgezogenen Jalousien abgedunkelt, die mit Werbung für die Neueröffnung und Rabatten anlocken.

Wenn ich an einen Spielzeugverkäufer denke, kommt mir das Bild eines bärtigen Mannes mit Holzeisenbahn in den Sinn. Doch hinter der Tür erscheint kein Rentner. Der Typ ist Anfang dreißig, einen ganzen Kopf größer als ich und sieht aus, als hätte er sich gerade aus einer Modelzeitschrift geschält.

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