Frühjahr/ Sommer 2011

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╰┈➤ POV: Marcel

Das Feuerwerk färbte den Himmel über Dortmund in den buntesten Farben. Das Stadion jubelte. Die Meisterschaftsschale wurde weitergegeben und immer wieder in die Höhe gestreckt. Wir sind Meister geworden. Amüsiert warf ich meine Arme mit den anderen zusammen immer wieder in die Luft, bevor auch mir die Schale in die Hand gedrückt wurde. Ich zwängte mich kurz zwischen die Personengruppe von Spielern, Trainern, Teamärzten und anderen, ehe ich mich auf dem Podest nach ganz vorne stellte, die Schale mit beiden Händen fest umschlossen und sie dann in die Luft ragte. Die Fans jubelten erneut, was mich nur noch breiter Grinsen ließ. Aus dem Augenwinkel neben mir entdeckte ich Lukasz, der meinen Gesichtsausdruck spiegelte. „WIR SIND MEISTER!" Lachend drückte ich ihm die Schale in die Hände, damit auch er sie in die Luft ragen konnte, bevor sie an Kuba weitergegeben wurde. Nur wenig später fühlte ich, wie sich ein Arm, um meine Schulter legte. „Wir habens wirklich geschafft." Lewys Stimme wirkte ungläubig. Er konnte es nicht realisieren. So wie wir alle.

Es dauerte noch einige Zeit, bis wir uns in die Kabine begaben. Doch niemand dachte daran, mit dem Feiern bereits aufzuhören. Stattdessen, wurden die ersten Biere geköpft. Ich sah Lukasz in der Ecke auf seinem Platz sitzen, vertieft in sein Handy. „Du bist ernsthaft am Handy? Wir sind gerade Meister geworden, falls du es vergessen hast." Lukasz blickte lächelnd auf. „Ewa hat mir ein Bild geschickt von ihr mit meiner Familie, wie sie in Polen feiern." Er hielt mir sein Handy hin, verschiedene Leute waren zu erkennen, alle in Dortmund Trikot und vermutlich alle mit der Nummer 26 hinten drauf. Ich schmunzelte. Lukasz ist derweil aufgestanden, kämpfte sich quer durch unsere tanzenden Mitspieler in der Kabine und kam mit zwei Bier in der Hand wieder. „Da das schätze ich mal auch dein erstes Bier ist... stoßen wir an. Auf uns." Er nickte mir zu, was ich erwiderte. „Auf uns."

***

„Lu, ich kann nicht mehr." Selbst ich bemerkte mittlerweile, dass ich lallte und mein Gang definitiv nicht mehr so aufrecht ist, wie sonst. Lukasz schaute mich seufzend von ein paar Meter weiter weg an. „Ich hab dir gesagt, du trinkst zu viel." Verdutzt schaute ich ihn an. Es dauerte einen Moment, dann prusteten wir zeitgleich los. Lukasz stütze sich bereits an einer Hauswand ab. Wir wussten nicht wirklich wo wir waren. Vereinzelt kamen uns Sachen bekannt vor, aber nichts war ausschlaggebend. Vielleicht lag das aber auch daran, dass die Autos, die am Straßenrand standen in meinem Blickfeld doppelt erschienen und ich mir ganz sicher war, dass diese Straße nicht dafür geeignet ist, dreispurig zu sein. Es wirkte eher wie ein Wohngebiet. Bemüht setzte ich einen Fuß vor den anderen und versuchte mein Gleichgewicht weiter zu balancieren. Torkelnd lief ich auf den Polen zu, der mich aus glasigen Augen beobachtete. „Hör auf mich so anzustarren, du bringst mich aus dem Konzept." Lukasz strengte sich an, seinen Körper aufrecht zu halten. „Welches Konzept denn? Das Gerade gehen?". Schwankend hielt ich mich an einem Zaun fest. Zwei Arme umschlossen mich von vorne. „Wie schaffst dus eigentlich noch so sauber zu denken." Ich schmiegte mich in seine Arme. „Alkohol wirkt bei mir anders, schätze ich." Ich vergrub meinen Kopf an seiner Brust. Sein Trikot, welches er noch immer anhatte, roch stark nach Rauch, Alkohol und Schweiß. Aber es war mir egal. Die Arme um meinen Rücken, hielten mich fest. Ich schloss kurz die Augen und atmete tief durch. „Ich bin froh dich kennengelernt zu haben, Lu." Das Vibrieren an seiner Brust, ließ mich seine Reaktion erkennen. „Werden wir jetzt sentimental?" - „Ja... ja ich glaube das werden wir." Ich drehte meinen Kopf zur Seite. „Lu?" Er drückte mich noch einmal näher an sich. „Ja?" - „Ist das meine Wohnung da drüben?" Der Blonde schob mich kurz von seiner Brust. „Ja...ich glaube schon." Kurzerhand nahm er meine Hand fest in seine und zog mich angestrengt über die Straße zu dem Haus, in welchem sich meine Wohnung befand. „Wo hast du deinen Schlüssel?" Seine Hände tasteten mich kurz ab. An meiner Hosentasche stoppten sie, griffen einmal kurz rein und zogen den silberfarbenen Schlüssel raus. Ohne weiteres öffnete er die Tür und blieb abrupt stehen, so dass ich in ihn hineinlief. „Eh!" brummend stellte ich mich auf Zehenspitzen, um über seine Schulter hinweg zu schauen. „Und wie kommen wir da jetzt hoch?" Mutig ging ich auf das Geländer zu, nahm Lus Hand in meine linke, das Geländer in meine rechte und zog mich hoch. Es dauerte vielleicht länger, als sonst aber nach gefühlten Minuten standen wir endlich vor meiner Haustür, die der Pole aufschloß. Erschöpft ging ich quer durch den Flur ins Wohnzimmer, wo ich mich auf das Sofa legte. Im Hintergrund hörte ich zwischen den dumpfen Aufschlagen an Wände, vereinzelte Fluchwörter. Grinsend beobachtete ich, wie er wenige Sekunden später das Wohnzimmer betrat. „Ich muss noch kurz Ewa anrufen." Mein Magen zog sich zusammen und irgendwas sagte mir, dass das nicht am Alkohol lag. „Alles gut? Brauchst du einen Eimer?" Ich schüttelte leicht den Kopf. „Sag Bescheid, wenn was ist. Ich komme gleich."

Lu ging auf meinem Balkon auf und ab. Ich konnte die Worte nicht verstehen, aber es war ein angespanntes Gespräch. Wenige Minuten später, wurde die Balkontür wieder aufgezogen. Lukasz legte sein Handy auf einer Kommode in der Ecke ab und legte sich dann zu mir. „Ich mag dich, Marcel, wusstest du das? Ich würde mit keinem anderen Menschen lieber die Momente von heute Abend teilen, als mit dir." Meine Mundwinkel zuckten. „Ich dachte, ich bin hier der Sentimentale." Er schlang seinen Arm um meine Hüfte. „Bleibst du auch. Ich weiß nämlich, dass du alles was ich hier sage, morgen vergessen hast." Ich spürte ein sanftes Lippenpaar auf meiner Wange. „Schlaf gut." Und das tat ich.

Mystery of Love {Lukasz Piszczek x Marcel Schmelzer}Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt