𝐩𝐞𝐫𝐬𝐨𝐧𝐚𝐥 𝐥𝐢𝐞𝐬【𝚜𝚝𝚎𝚍𝚍𝚒𝚎】

𝚠ä𝚜𝚌𝚑𝚎 𝚏𝚊𝚕𝚝𝚎𝚗【Prolog】

»Ich beschwere mich ja nicht direkt, aber wieso kann Nancy nicht die Wäsche falten? Ich meine...schau doch nur, ich knete das Ding als wäre es ein Anti-Stressball. Aber es ist ein T-Shirt, Steve. Ein T-Shirt. Ich bin viel besser im Erdbussbutterbrote schmieren. Ich...ehrlich, ich kriege die perfekte Menge hin, sodass es nicht zu viel im Mund ist, aber man trotzdem den Geschmack von Erd-«
»-Robin«

Ich hätte gerne gelacht. Oder mich aufgeregt. Oder die Augen verdreht, bis ich glaubte sie würden so stehen bleiben.
Ich hätte Robin gerne damit aufgezogen, dass sie perfekt darin war Vicky anzustarren und ihre Brotschmierkünste nur zweitrangig waren.
Aber während ich den Stapel aus Wäsche am liebsten als Boxsack benutzt hätte, war es mein Blick der sich an den immer gleichen Ort fest brannte.
Genau genommen waren es zwei Orte.

Einmal sein Vermisstenposter das so lächerlich war, dass ich es am liebsten abgerissen hätte und die verfluchte Kette mit dem Plektrum, die jeden verdammten Tag zur gleichen Zeit in mein Sichtfeld trat und an Wayne Munsons Hals baumelte.

Einmal war ich in die Verlegenheit geraten auf seinen Blick zu treffen und scheiße - am beinahe hätte ich mich auf einem Berg an Babykleidung erbrochen.
Der Blick seines Onkels kam dem von Dustin sehr sehr nahe.
Er sog einfach alles an Trauer in sich auf, wie die dämlichen Löcher Hawkins aufsogen.
Ich glaube im Nachhinein betrachtet war Wayne Munson zweimal gestorben.
An dem Tag als sein Neffe als Serienmörder gesucht wurde und dann nochmals als Dustin ihn wegen dem dämlichen Erdbeben anlog.
Und jetzt starb er jeden Tag aufs Neue.
Und wir anderen auch.

Aber das würden wir niemals zugeben.
Wir versteckten und hinter Flitereien, hinter längst abgebrannten Liebschaften und hinter Menschen, die nicht verstanden was wir erlebt hatten, weil sie es einfach nicht wussten.
Nicht wissen durften.

Eigentlich war das nie ein großes Problem für mich.
Das alles-Geheim-halten, weil es niemanden gab, dem ich es anvertraut hätte.
Jeder von Bedeutung war dabei gewesen.
Aber jetzt wo wir mit einem Lächeln Erdnussbutter-Marmeladenbrote verteilten und Spenden ausgaben, fühlte es sich wie ein Puppentheater an. Einfach falsch.

Und wenn wir fertig damit waren lief jeder Tag gleich beschissen ab.
Die eine Gruppe fuhr zu Max's ins Krankenhaus und hoffte auf dein Wunder das es nicht gab, die andere suchte die Umgebung nach ausgebrochenen Monstern aus einer anderen Dimension ab.
Ich würde es vor den anderen nie zugeben, aber manchmal hoffte ich, der nächste Demogorgon würde mein letzter sein.

Irgendwie seltsam, dass das Leben weiterging, obwohl für uns die Zeit stehen geblieben war.
Der Freak war nicht der erste, den wir verloren hatten...aber aus irgendeinem Grund derjenige, der die tiefsten Spuren hinterlassen hatte.
Vielleicht weil er nervtötend und dreist und anders war und dadurch perfekt zu uns passte.
Der gefallene King, die durchgeknallte Lesbe, Dustin - ernsthaft für den Zwerg hatte ich keine passende Beschreibung.
Er war einfach...Henderson.

Er passte einfach zwangsläufigen uns.
Wie der letzte Joker, der einem beim Rommé fehlte, um die Runde zu gewinnen.

»Steve«
Aus dem Plektrum wurde eine altbackene Bluse, deren Kragen so voller Rüschen war, dass ich für einen Moment glaubte, einen Zirkusclown vor mir zu haben.
Irritiert schob ich meine Augenbrauen zusammen und blinzelte, bis mir endlich klar wurde, dass Nancy vor mir stand.
Hatte sie mich etwas gefragt? Hatte ich schon wieder einem Typen Frauenkleidern gegeben?

Ihr Zeigefinger bewegte sich rasant schnell, während sie versuchte meine Aufmerksamkeit einzufangen und ich versuchte echt stark ihr diese zu geben, aber alles was ich aufnehmen konnte, war das verdreckte durchlöcherte mit Blut getränkte Kopftuch das Dustin zwischen den Händen hielt wie einen kostbaren Schatz.

»Sie haben ihn gefunden«, flüsterte Nance an mein Ohr und die Gänsehaut, die ich dadurch bekam hatte rein gar nichts mit dem von ihr ausgestoßenen heißen Atem zutun.