☆ Kapitel 01 ☆

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Toulouse, 17. August. 2022 

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„Meine Füße bringen mich um," klagte ich scherzend, sank dabei erschöpft auf die Couch. Direkt holte ich meine Füße auf diese, balancierte mich in einen Schneidersitz, stützte meine Ellenbogen auf den Oberschenkeln ab und bettete mein Kinn auf den Handballen. Die Angesprochene, nahm mir gegenüber Platz, ihre dunkelblonden Haare, fielen ihr in sanften Wellen über die Schulter, umrahmten ihr Gesicht. Kastanienbraune Augen blitzten mich vergnügt an. Ihr schien es deutlich besser zu gehen, trotzdem streckte sie ihre Beine aus, wobei ihre Fußsohlen fast meine Kniescheiben berührten. „Aber Du musst zugeben, dass es sich gelohnt hat und ich nicht zu viel versprochen habe, oder?" Entspannt lehnte sie sich die junge Frau, welche seit über Zehn Jahren zum engsten Kreis meiner Freunde gehörte, zurück, achtete aber darauf, dass ich weiterhin eine gute Sicht auf ihr Gesicht hatte. Die Aussage hatte Hand und Fuß, weswegen ich ihr mit einem Kopfnicken zustimmte.

 

Ich war zum ersten Mal in Toulouse, in Frankreich. Sally, welche vor knapp Drei Jahren nach Toulouse gezogen war, um mit ihrem Freund einen neuen Lebensabschnitt zu beginnen, hatte versprochen, uns etwas von ihrer neuen Welt zu zeigen. Über die Jahre hinweg, hatte sie von den verschiedensten Orten geschwärmt und mir fest versprochen, dass sie mir all diese zeigen würde. Ihr Versprechen, hatte sie eingehalten und sie hatte nicht übertrieben – Toulouse hielt magische Orte und Momente bereit. Die Führung hatte sie im Herzen von Toulouse gestartet, dem Place du Capitole. Schon nach wenigen Minuten, hatte ich zu meiner Kamera gegriffen, denn die alten Gebäude, welche den Platz säumten, stellten das perfekte Fotomotiv dar.

 

Südwestlich der Place du Capitole, entlang des Ostufers der Caronne, erstreckte sich die Altstadt von Toulouse. welche sie uns unbedingt zeigen wollte. Den Spitznamen ‚La ville rose' hatte sich die Stadt wahrlich verdient. Mit großen Augen, hatten wir die pfirsichfarbenen Fassaden der alten Gebäude bewundert, als wir die engen Fußgängerstraßen entlang spaziert sind. Danach ging es über die Point Neuf, nach Saint-Cyprien. In dem angesagten Viertel, hatten wir einige Läden besucht, Lebensmittel für unseren morgigen Kochabend eingekauft und uns in ein gemütliches Restaurant gesetzt und eine leckere Mahlzeit zu uns genommen. Bis zum Nachmittag waren wir unterwegs gewesen, bis wir uns mit einer  Eiswaffel in der Hand, auf den Rückweg gemacht hatten.


Mit den Zehenspitzen tippte Sally gegen meine Kniescheibe, weswegen ich sie irritiert anblinzelte. „Du warst wieder in Deiner eigenen Welt gefangen," lächelte sie mir zu. Sofort zeichnete sich ein entschuldigender Blick auf meinem Gesicht ab. Nur leicht hob sie ihre Schulter an und ihr Lächeln wurde milder. Aus dem Augenwinkel, bekam ich den kleinen Lockenschopf mit, welcher sich im schleichenden Schritt der Couch näherte. „Das war wohl doch ein bisschen zu viel, hm?" Ich streckte meine Hand aus und fuhr mit den Fingern durch die schwarzen Locken meiner Tochter. Diese schüttelte den Kopf und kletterte zu uns auf die Couch. Mit hochgezogener Augenbraue, betrachtete ich Leandra, beobachtete wie sie sich zusammenrollte und ihr Lieblingskuscheltier, welches sie überall mit hinschleppte, fest an sich drückte.


Jedes Mal, wenn Sally oder ich sie gefragt hatten, ob sie wieder zurück möchte, hatte sie mit dem Kopf geschüttelt. Selbst als es uns beiden Frauen zu viel wurde, wollte sie noch nicht gehen, hatte sogar geschmollt, als wir den Rückweg angetreten sind. Allerdings kannte ich meine Tochter und wusste, welche Knöpfe ich drücken musste – nachdem ich ihr ein Eis angeboten hatte, war sie mehr als bereit zurück zu Sallys Wohnung zu gehen. Lächelnd schüttelte ich den Kopf und fuhr ihr erneut durch die wilden Locken. Zwar hatten wir die 4-Jährige oft auf die Schultern oder Huckepack genommen, trotzdem war es eine beachtliche Strecke, welche wir zurückgelegt hatten, deswegen wunderte es mich auch nicht, dass ihre Augen immer kleiner wurden und sich letztendlich schlossen.

Green Flags | Mapi LeonWo Geschichten leben. Entdecke jetzt