Teil5

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Kaum draußen schlug die Hitze auf mich ein.

Unerträglich.

Aber ich wollte auch nicht wieder reingehen. Mein Abgang war schon perfekt gewesen.

Also setzte ich mich auf den Stromkasten um die Ecke und klemmte die eiskalte Cola-Dose zwischen meine Schenkel. Die Kälte zog in meine Beine. Als würde mein Unterleib von der Betäubung der Hitze befreit. Ich fühlte wieder was.

Obwohl ich keinen Hunger hatte, waren die Pommes salzig und lecker.

Kein Mensch war auf der Straße. Ich starrte auf den Asphalt, bis ich das Gefühl hatte, dass der sich unter dem Sommer verflüssigte.

Es war fast zwölf, als ich die Straße überquerte.

Zeit für meinen Termin.

Ich war aufgeregt.

Dabei war alles geplant.

Vier Sachen gehörten für mich zum Erwachsensein:

Abi, darüber musste man nicht reden.

Das Kaff zu verlassen.

Meine verdammte Jungfräulichkeit zu verlieren.

Und ein Tattoo.

Seit der Laden vor fünf Jahren aufgemacht hatte, waren wir alle davon fasziniert. Tätowierungen waren total verboten, aber auch total cool. Aber auch vollkommen unerreichbar. Meine Eltern hätten mir nie die Erlaubnis dafür gegeben. Aber jetzt war ich 18.

Scheiß drauf.

Nadelstiche hieß der Laden. Gehörte einem Pärchen. Wie der sich hier halten konnte, war mir ein Rätsel. Hier auf dem Dorf gab es nicht so viel Bedarf nach einem Tattoo. Aber aus dem ganzen Kreis kamen die Leute hierher, und das machte was aus. Und es half bestimmt, dass Ralf geerbt hatte.

Dabei waren die Tattoos noch nicht mal richtig gut. Ihre Fotos im Schaufenster sahen total anders aus als die Qualität der Tätowierungen, die man im Internet finden konnte. Aber genau das wollte ich. Ein schlechtes Tattoo. Ich würde in Köln niemandem meine Herkunft aus der Eifel verheimlichen können. Aber zumindest sollten die mich für cool halten. Und ich würde eine Story erzählen von meinem beschissenen Tattoo, um zu zeigen, aus welchem Dreckskaff ich geflohen war. Bereit für die große Welt. Ich würde dazu stehen. Zu meiner traurigen Herkunft. Vielleicht war das nicht alles ganz logisch, aber für mich machte es Sinn.

Das erste MalWo Geschichten leben. Entdecke jetzt