5. Der Unfall

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Izzy PoV.

Ich lag im Bett und starrte an die Decke. Es war ungefähr drei Uhr morgens und ich konnte einfach nicht mehr schlafen. Also stieg ich aus dem Bett und schlich aus meinem Wohnwagen. Da ich barfuß war, spürte ich, wie nass das Gras vom Tau war. Ich fröstelte, aber es war ein angenehmes Gefühl. Es erinnerte mich an früher, als noch alles in Ordnung war. Ich schloss meine Augen und erinnerte mich:

"Papa fang mich". rief mein dreijähriges selbst. Papa packte mich und wirbelte mich herum. "Izzy, meine kleine Akrobatin". Lachend nahm er mich auf den Arm. "Robert, Isabelle kommt, es gibt Kuchen." Meine Mutter sass auf einer Picknickdecke und holte Teller aus einem Rucksack. Und da waren auch Alec und Jace. Jace war noch ein Baby und lag auf der Picknickdecke. Alec reichte mir einen Teller und wir aßen Kuchen.Damals war unsere Familie noch nicht kaputt gewesen. Klar Jace ist adoptiert doch er gehört genau so dazu wie wir. Ich seufzte und lief dann weiter durchs kühle Grass. 

Jetzt hing ich kopfüber an dem Ring, den mein Bruder festhielt. Es war verdammt anstrengend, aber ich lächelte dem imaginären Publikum zu (Jace sagte einmal, ich müsse eine Schnute ziehen, da ich ja verkehrt herum hänge, damit sie es als lächeln sehen. Hab ich aber noch nie gemacht). Dann landeten wir wieder auf dem Boden und Alec setzte sich neben mich. "Lass uns die neue Nummer üben." Ich nickte. Wir stellten uns jeder auf eine Seite der Stange. Der Trick besteht darin, dass wir uns beide mit einem Bein an der Stange festhalten, und dann die Stange mit den Händen die Stange loslassen und dem anderen die Hand geben. Ich schlang mein rechtes Bein um die Stange und fixierte es so, dass es zuerst brechen würde, bevor ich oder Alec abstürzten. Er tat es mir gleich und die Stange wurde in die Höhe gehoben. Langsam liess ich mit meiner Hand los und reichte sie Alec.

Plötzlich schien es ihm nicht mehr gut zu gehen, er begann hektisch zu atmen und zu zittern. Dann hing sein ganzes Gewicht an mir und meinem rechten Bein, das langsam aber sicher nachzugeben schien. Ein brennender Schmerz breitete sich darin aus und ich ahnte Schlimmes. Jetzt begann auch ich zu zittern, ich bin zwar sehr muskulös und habe keine Probleme mit schweren Dingen, aber Alec war nicht der Leichteste und mein Bein verdrehte sich immer mehr in einen unnatürlichen Winkel. Dann überkam mich eine weitere Kindheitserinnerung:

"Alec?" Rief mein fünfjähriges Ich. "Izzy, warte, nicht alle sind Kletterziegen wie du." Wir kletterten auf einen Baum. Dann verlor ich den Halt. An den Sturz erinnere ich mich nicht, nur an das, was danach geschah: Ich lag kreischend in den Armen meines Vaters, der mein Handgelenk untersuchte. Meine Mutter hatte schon das Handy in der Hand und rief den Krankenwagen. Alec hielt den weinenden Jace im Arm und sah mich schuldbewusst an.

Damals war ich das erste mal wegen einer Verletzung im Krankenhaus. Ich hatte angst das ich das jetzt wieder müsste.

Endlich erreichte die Stange den Boden. Ich liess los und schlug hart auf auf dem Boden auf. Ich bewegte mich einfach nicht, ich wartete, bis ich nicht mehr so stark zitterte und dann viel mir ein das irgendwas mir Alec nicht stimmt. Ich rappelte mich auf und ignorierte gekonnt mein schmerzendes Bein. Ich sah Alec reglos neben mir liegen und bekam einen Schock. "ALEC!" Ich kroch zu ihm. Erleichtert bemerkte ich, dass er noch atmete. Ich sank neben ihm zu Boden und begann zu weinen.Normalerweise weine ich nicht so schnell, aber ich war einfach so erleichtert, dass es meinem Bruder gut ging und dann alles, was in den letzten Tagen passiert war. Wahrscheinlich hat Alec seinen Körper so überanstrengt, dass er einfach zusammengebrochen war. Dann fiel mir mein immer noch schmerzendes Bein ein, ich setzte mich auf, um es genauer zu untersuchen.

Äußerlich waren keine Verletzungen zu sehen, aber mein Bein hing seltsam leblos herab. Ich ahnte, dass ich mir den Unterschenkel ausgerenkt hatte. Das wäre blöd, denn dann wäre wahrscheinlich auch mein Knie kaputt. Da ich Akrobatin war, kannte ich mich mit solchen Dingen ein bisschen aus. Irgendwann kam mir der Gedanke, dass ich Hilfe rufen sollte. Mein Handy steckte in meiner Jackentasche und meine Jacke lag ganz oben auf der Tribüne. Ich stöhnte genervt und kletterte los.

Zirkus Idris (Shadowhunters)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt