✩‧₊Unter dem Bett ₊˚

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"There's more to doing good than hating evil."

4 Monate Später

Ich öffne die letzte Kiste. Die letzte Kiste in die ich endgültig die noch zurückgebliebenen Erinnerungen an meine Mutter verstauen würde. Ich zog mich an der dunklen Theke meiner kleinen Küche zurück auf meine Beine und trat meinen weg in Richtung Schafzimmer an. seit sie verstorben war hatte ich diesen Raum nicht mehr betreten, habe entweder auf dem Boden oder auf einem der Stühle in der Essecke geschlafen, wenn ich überhaupt dazu kam; die meiste Zeit verbrachte ich damit meine Sorgen durch extensive Arbeit im Krankenhaus zu verdrängen. Zum einen, weil ich dort die Möglichkeit hatte, Essen von meinen Kollegen zu bekommen, zum anderen weil ich so nicht hier sein musste. Hier, an diesem Ort, den ich am liebsten in Flammen aufgehen sehen würde. Ich griff nach dem Türknauf und verharrte einen Moment, bevor ich mich schlussendlich mit einem Ruck in das kleine Zimmer begab und die Kiste, ohne mich umzusehen auf das ungemachte Bett legte und damit begann die herumliegenden Sachen meiner Mutter darin zu verstauen. Schnell wurde mir klar, dass ich doch noch eine Kiste mehr, als zunächst vermutet benötigen würde, als zunächst gedacht und somit schloss ich die nun volle, um sie gegen die letzte noch leere Kiste auszutauschen.

Meine Mutter hatte wahrlich nicht viel in ihrem Lebe gehabt, aber eben doch mehr als nur eine einzige Kiste an Wertgegenständen.

Ich füllte die zweite Kiste und ließ mich daraufhin auf den Boden fallen. Ich starrte die Decke an und dachte darüber nach, was ich mit dem bisschen Kleidung machen könnte. viel wert würden die paar Sachen wohl kaum sein, das Zeug zu verkaufen würde also kein Vermögen bringen und den damit verbundenen Aufwand nicht rechtfertigen. Ich betrachtete den zarten Schimmel an der weiss gelblich leuchtenden Decke die immer mal wieder durch die vorbei fahrenden Autos erhellt wurde. Das Schlafzimmer war immer der einzige Raum mit Fenstern zur Straße hin gewesen, die anderen Räume boten nur einen unspektakulären Ausblick auf eine andere Hausmauer. resignierend drehte ich mich mit geschlossenen Augen auf die Seite zum Bett. Als ich meine Augen wieder öffnete bot sich mir eine kleine Kiste, die mir vorher noch nie aufgefallen war. Zugegebenermaßen hätte ich spontan auch nicht sagen können, ob ich überhaupt schon einmal, und wenn dann wann ich das letzte Mal unter dieses Bett geschaut hatte. Ich rollte mich zurück auf meine Knie und zog die kleine Kiste hervor. In ihrer verschnörkelten Handschrift hatte meine Mutter meinen Namen auf die Mitte des Deckels platziert. langsam strich ich mit meinem Zeigefinger darüber und eine leichte Staubschicht löste sich. Sie war also schon eine weile hier, oder jedenfalls unberührt.

Ich hatte meine Schwierigkeiten damit Gedanken darüber zu fassen, was sich in meinem neu gefundenen Schatz befinden könnte; vielleicht hatte sie ein paar Kindheitsbilder darin verstaut, wobei nein, dafür hätten wir eine Kamera benötigt und für solche dinge hatten wir kein Geld. Oh-Geld! Vielleicht hatte sie ja doch heimlich etwas Geld für mich beiseite gelegt. "Unwahrscheinlich" stellte ich resignierend fest, als ich daran denken musste, wie wir vor zwei Monaten unsere Miete nicht zahlen konnten und 5 Tage kein fließendes Wasser hatten. Spätestens da hätte sie sicher aufgehobenes und verstautes Geld verwendet, um unsere Schulden zu begleichen.

Ich war wahrhaftig ratlos und das war ich wirklich selten. Ich atmete tief ein und legte meine beiden Hände an die Seiten des Deckels und hob ihn nun leicht an. Ob das was ich finden würde mein leben und meinen Blick auf sie verändern würde?

Ich hob den Deckel endgültig an und legte ihn nun beiseite und ich musste feststellen, dass sich meine Mutter mal wieder selbst übertroffen hatte. ich schaute in die Kiste und es offenbarte sich mir ein Haufen Zeitungsausschnitte und Bilder vorzugsweise aus der Tageszeitung über diese Superhelden, die vor einem Jahr New York gerettet hatten. "Will die mich verarschen?", platzte es mir leise heraus. Ich schob den ersten Artikel "Die Avengers retten New York vor außerirdischen Eindringlingen" beiseite und es offenbarte sich mir ein weiterer Artikel, der allerdings deutlich älter war. Die Überschrift "Wer ist iron Man wirklich?" hätte wohl nicht plumper gewählt werden können. resignierend schüttelte ich meinen Kopf und schob auch diesen Artikel beiseite, es folgte eine Vielzahl weiterer ausgeschnittener und gesammelter Werke mit den passenden Bildern dazu, die mich nur weiter an dem psychischen Wohlbefinden meiner Mutter zweifeln ließen.

Ehe ich weiter nachdenken konnte, klopfte es an meiner Haustür. Die Klingel ging schon länger nicht. ich schaut auf. "Komme gleich", rief ich in Richtung Ausgang und betrachte noch einmal meinen letzten Fund in der Kiste; einen Brief, auf den meine Mutter in ihrer verschnörkelten Schrift "Tony Stark" geschrieben hatte. "Sie hatte ihren verstand verloren", murmelte ich kopfschüttelnd und packte die Sammlung dahin zurück wo sie hingehörte. Ich fragte mich ernsthaft mit welcher Intention sie auf diese Kiste meinen Namen geschrieben hatte. wollte sie, dass ich ihre Obsession fortsetze oder ihren Fanbrief an Iron Man sende?

Ich stand auf, nahm meinen Fund mit ins Wohnzimmer und platzierte ihn auf der Küchentheke, um kurz später die Tür zu öffnen; es war Eric, mein Vermieter, der auf einem Zahnstocher kauend an der Wand neben meiner Haustür lehnte. "Endlich biste mal zuhause mein Gott, dich kann man aber auch nie antreffen! N'Telefon wär mal ne sinnvolle Anschaffung, dann könnte man dich wenigstens erreichen, wenn was ist"

Oh ja ein Telefon wär sicher ne tolle Anschaffung. Doof nur, dass ich mir mein Leben auch ohne schon nicht leisten kann.

"Guten Tag erst mal.", gebe ich kurz von mir und trete zwanghaft einen Schritt beiseite, da er sich nun dazu entschieden hatte sich einfach selbst herein zu bitten. "Was hast du denn vor mit den Kisten hier?", er mustert meinen Fußboden und wandert durch den Raum, "Willste ausziehen und hast mir noch nichts davon gesagt?"

"Ich packe die Sachen meiner Mutter zusammen; kann das ganze Zeug hier nicht mehr sehen", sage ich kurz und er lacht kurz auf, "Wieso? hat sie was besseres gefunden?" Er wusste dass sie gestorben war. "Jetzt zieh nicht so ein Gesicht, das war ein Spaß", er haute mir leicht gegen die Schulter und lachte kurz. "Lustig" ich verdrehte meine Augen, "Was willst du hier Eric?", er grinste kurz, "Na was will ich wohl? Die Miete"

"Ich hab Ihnen doch schon gesagt, dass ich es diesen Monat nicht pünktlich schaffe"

"Oh hast du das? Nun das ist jetzt echt blöd, daran kann ich mich gar nicht erinnern."

"Ich hab es Ihnen sogar schriftlich abgegeben und Sie haben unterschrieben, dass es okay ist", ich war arm, aber nicht dumm.

"Oh ich hatte einen ganz schlimmen Wasserschaden, alle Dokumente die ich hatte sind leider unbrauchbar geworden"

blödes.

Arschloch.

"ich hab das Geld jetzt trotzdem noch nicht, tut mir wirklich leid- nächste Woche kann ich zahlen."

"Das ist mir leider ein bisschen zu spät", schmunzelte er und kam mir einige schritte näher, "Aber du bist so eine junge hübsche Frau, von dir nehme ich auch gerne eine andere art Zahlung an. "

Und dann passierte es. Er griff nach meinen Schultern und drückte mich an die wand hinter mich, bevor ich einen erschrockenen schrei von mir gab. "Lass mich los du widerlicher-" er drückte seine Lippen auf meine und begann damit mich mit einer Hand an der Brust anzufassen. So gut ich konnte drückte ich ihn von mir, doch ich schaffte es nicht. "Jetzt stell dich nicht so an", grummelte er, bevor er sich erneut dicht an mich drückte und seine Hände weiter an mir runter glitten. Ich merkte, wie tränen begannen meine Wangen runter zu kullern und mit einem Mal spürte ich eine Kraft in mir, die ich noch nie zuvor gespürt habe. Mit einem Mal drückte ich ihn einige Meter von mir weg und verpasste ihm einen tritt gegen den Bauch, woraufhin er zu Boden kippte. "Du blöde Schlampe" rief er und zog sich an einem der Stühle meiner Essecke hoch und griff hinter sich nach einem der Messer meines Messerblocks. Meine Atmung beschleunigte sich und ich griff reflexartig nach der Kiste meiner Mutter bevor ich so schnell ich konnte aus dem Zimmer rannte.

"Das wirst du bereuen", rief Eric noch, bevor er sich daran machte, mir mit dem zugegebenermaßen nicht sonderlich scharfem Messer in seiner Hand hinterher zu rennen.

𝐕𝐞𝐫𝐢𝐭𝐲 |  𝑴𝒂𝒓𝒗𝒆𝒍 𝒖𝒏𝒊𝒗𝒆𝒓𝒔𝒆Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt