Bennett hatte schon des Öfteren eine nahe Erfahrung mit dem Tod gemacht. Und jedes Mal hatte er es geschafft wieder und wieder den Fängen des Sensenmannes zu entgleiten. Dies war wohl stets sein "Glück im Unglück" gewesen. Doch irgendwann war jede Ansammlung von Glück aufgebraucht und bei Personen, wie Bennett, ging es schneller, als es ihm lieb war.
Er fürchtete sich nicht vor dem Ende, schließlich gab es nichts, was er bereute. Bennett hatte sein Leben immer in vollen Zügen genossen und jede Sekunde ausgekostet. Manchmal vielleicht sogar etwas zu sehr.Ein trauriges Lächeln bildete sich auf den Lippen des Jungen, als seine Gedanken zu seinen Vätern zogen.
Hoffentlich würde es den Alten gut gehen, ohne ihn.
Hoffentlich würde sich jemand so liebevoll um ihre Wehwehchen kümmern, wie er es immer getan hatte.
Hoffentlich würden sie ihn nicht zu sehr vermissen.Zittrig stieß Bennett Luft aus, die er unbewusst angehalten hatte.
Inzwischen stand ihm das Wasser bis zur Hüfte und der Schauer füllte das tiefe Loch weiter mit reinen Regenwasser, bis es mit der bereits angesammelten trüben Flüssigkeit in Berührung kam und Teil seines Dilemmas wurde.Die Kälte biss sich energisch in seine Füße und arbeitete sich seine Beine bis hoch zu seinen Armen hoch.
Er fragte sich, wie lange es noch dauern mochte, bis er seinen Körper nicht mehr spüren würde. Ob er dann zusammenklappen würde, weil seine Beine das Gewicht nicht mehr tragen konnten? Bennett sah auf seine dreckigen Hände. Zu Beginn hatte er versucht aus dem Loch zu klettern, doch die Wände waren viel zu steil und hatten sich binnen weniger Sekunden in eine schleimige Masse verwandelt, dass der Junge es recht schnell aufgegeben hatte.
Sogar nach Hilfe hatte er gerufen, die Stimme ignorierend, die ihm zuflüsterte, dass niemand ihn hören würde.
Inzwischen hatte sich sogar die Hoffnung verflüchtigt, war davongeweht, wie ein leichtes Blatt im Wind.Die Kälte nagte weiter an Bennetts Körper, während seine vom Regen durchnässten Kleider an seinen Körper haften und er einfach nur zitterte und irgendwie versuchte, sich warm zu halten
Angst machte sich in ihm breit. Erst vorsichtig und schleichend, dann wie ein Vulkanausbruch, als die Psyche des Jungen zu brechen begann.Reue hin oder her, er wollte nicht sterben.
Er wollte seine Väter nicht zurücklassen.
Er wollte noch so viele Abenteuer bestreiten, zusammen mit Fischl und Oz.
Er wollte Barbara noch viele Male singen hören, ihren Namen rufen und ihr für ihre wundervolle Performance danken.
Er wollte ihr danke, für all die Zeit, die sie sich nahm, um seine Wunden nach jedem seiner Abenteuer zu heilen.Und... Razor.
Bennett hatte noch nie eine ernsthafte Beziehung. Sein erster Kuss lag noch auf seinen Lippen. Was war mit seinem ersten Mal?
Tränen liefen dem sonst so positiven Jungen über die Wangen.
Er wollte nicht sterben. Es gab noch so viel, was er machen und ausprobieren wollte. Und... was war mit Razor?Immer mehr Tränen fanden ihren Weg und Bennett presste sich die verschlammten Hände ins Gesicht, macht sich noch dreckiger, als er schon war.
Er wollte doch noch mit Razor zusammen sein.
Bennett schluchzte und schniefte, heulte Rotz und Wasser und schrie lauthals um Hilfe, trotz dessen er seiner Hoffnung schon längst beraubt wurde. Er wollte noch nicht sterben. Nicht heute, nicht morgen und auch nicht in den nächsten Jahren. Er wollte leben. Sein Leben leben.
***
Das Wasser hatte fast seine Brust erreicht. Seine Stimme war rau und sein Hals schmerzte. Die Kälte war kurz davor die Oberhand zu gewinnen.
Wenn er ohnmächtig werden würde, ob er dann mitbekommt, wie er ertrinken würde?
Bennett lehnte sich gegen die verschlammte Wand. Er hatte keine Kraft mehr. Weder in seiner Stimme, noch in seinem Körper. Müdigkeit und Erschöpfung drohten ihn zu übermannen.Vielleicht... wäre der Tod gar nicht so schlecht?
„Bennett! Schnell!"
„Häh."
Mit letzter Kraft trieb der Junge sich an, die Augen offen zu halten.
Ein Engel schien durch die Öffnung des Loches zu kommen. Ein seltsamer Engel ohne Flügel, gesichert durch eine Seil.Wie in Trance spürte Bennett, wie sich zwei flinke Hände um seinen Körper legten und dann fühlte er nur noch Wärme, die die Kälte langsam vertrieb.
Er spürte, wie sich das Wasser um ihn herum entfernte und das er einen Schuh verlor.***
Als Bennett wieder zu sich kam, war er nackt. Er war in einer kratzigen Decke eingewickelt und lag auf einem Haufen Stroh in einer Höhle. Ein Feuer knisterte keinen halben Meter von ihm entfernt und spendete angenehme Wärme.
Der Regen hatte aufgehört und draußen zwitschern die Vögel, während es nach frischem Gras roch.Trotz der Wärme schien er innerlich immer noch zu frieren, während seine Haut brannte und sich unnatürlich warm anfühlte.
Bennett rückte näher ans Feuer und zog die kratzige Decke enger um seinen Körper. Erneut spürte er einen Anflug von Müdigkeit und ohne irgendwelches Zutun war er wieder eingeschlafen.Bennett erwachte wieder, als es bereits Nacht war.
Razor saß ihm gegenüber am Feuer und grillte zwei Fische. Wie der Langhaarige den Bewusstseinszustand seines Freundes bemerkte, hellte sich sich seine Miene auf.„Lupical ist wach!", rief der Junge erfreut und sprang auf, nur um mit Bennetts Kleidern zurückzukommen. „Kleider wieder trocken", sagte er und legte das Bündel von Stoffen neben Bennett. „Nur Schuh konnte Razor nicht finden."
Schamesröte hatte sich über die Wangen des jungen Pyro-Nutzers gelegt, wie er realisierte, dass er noch immer nackt war. „D-danke, Razor", versuchte er das aufkommende Schamgefühl zu ignorieren und lächelte schwach. Bennett fühlte sich noch immer ausgelaugt und erschöpft und würde sich am liebsten wieder hinlegen und weiterschlafen.
Doch Razor reichte ihm einen der Fische. „Bennett muss essen", meinte er, als sein Gegenüber die Mahlzeit nicht gleich akzeptierte. Und erst dann bemerkte Bennett, wie hungrig er war und verschlang das tot gebratene Tier innerhalb von wenigen Minuten.Der Fisch breitete in seinem Magen eine angenehme Wärme aus und ehe Bennett sich versah, spürte er, wie salzige Tränen seine Wangen benetzten. Er hatte überlebt. Razor hatte ihn gefunden und gerettet und er hat überlebt.
Langsam ließ Bennett den Ast, auf welchem der Fisch aufgespießt worden war, zu Boden sinken. Er weinte und weinte bis seine Sicht tränen-verschleiert war.Razor beobachtete seinen Freund überrascht.
„Warum weint... Bennett? Bennett traurig?"
Der Junge schüttelte seinen Kopf. „Ich- ich bin glücklich", schluchzte er und vergrub sein Gesicht in den Händen.
Razor verstand den Ausbruch Bennetts noch immer nicht ganz und auch wenn er behauptete, er sei glücklich, mochte er nicht, wie immer mehr Tränen das Antlitz seines Freundes verschleierte.
Der Wolfsjunge bohrte des Ast seines Fisches in die weiche Erde und kroch herüber zu Bennett.
Sanft nahm er die schwieligen Hände des anderen in seine und begann die Tränen von Bennetts Gesicht zu lecken, wie es seine Mutter bei ihm immer getan hatte, wenn er weinen musste.Bennetts Herz schlug ihm bis zum Hals, als Razors feuchte Zunge immer wieder über seine Wangen glitt.
Auch, wenn es sich seltsam anfühlte, machte Bennett keine Anstalten die Tätigkeit des anderen zu stoppen. Irgendwie mochte er es sogar, vor allem das Kribbeln, dass sich bei jeder Berührung in seinem Bauch entfaltete. Es fühlte sich beinahe, wie Schmetterlinge an.
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Genshin Impact OneShots
Fanfiction~ oneshots/short stories ~ german/deutsch ~ about love, friendship and destinies