5 - Instagram

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* Domen *

Als ich am See angekommen war, stand ein fremdes Mädchen bei meinen Geschwistern im Wasser und unterhielt sich angeregt mit Mina. Da sie sehr nah bei Alma und Luka stand, konnte ich mir schon denken, um wen es sich bei dieser Person handelte. Mina war immer zu nett zu allen und unterhielt sich mit jedem.

Ich mochte die Frau meines Bruders wirklich gerne, aber sie ging mir mit ihren Ratschlägen regelmäßig auf die Nerven. Aus unerklärlichen Gründen machte sie sich ständig Sorgen um mich, was mich ziemlich nervte. Ich unterhielt mich gerne mit ihr und war froh, dass sie Peter glücklich machte, aber manchmal hatte sie einfach keine Ahnung. Und sie zog immer fremde Leute zu uns, obwohl sie wusste, was wir davon hielten. Wir hstten keine Lust auf Menschen, die in unserer Privatsphäre rumkrochen. Ich für meinen Teil nahm auch selten einen Pressetermin wahr. Umso weniger die Medien wussten, desto weniger konnten sie mich angreifen. Früher hatte mir der Verbund strengstens untersagt an Interviews teilzunehmen. Alles, was ich gesagt hatte, wurde gegen mich verwendet. Ich war der furchtlose Flieger mit dem großen Selbstbewusstsein und frechen Anteorten. Mir reichte es ja schon, wenn uns Fans manchmal auflauerten, weil Slowenien ein kleines Land war.

Peter hatte es seiner Frau oft indirekt gesagt, aber er konnte ihr nie böse sein oder Konsequenzen durchziehen. Das war das, was Liebe mit einem machte. Menschen verloren ihre Prioritäten und wurden unvorsichtig. Aber Peter hatte Mina gebraucht und sie war immer für ihn da gewesen. Er würde alles für sie tun, das stand außer Frage. Für ihn gab es keinen besseren Menschen. Und ich wusste, dass sie alles, was sie sagte immer nur gut meinte. Ich konnte mir nicht vorstellen, jemals solche Gefühle für jemanden zu entwickeln. Oder eine Familie zu haben. Ich konnte froh sein, wenn es eine Frau mit mir aushalten würde.

Die junge Frau stellte sich später dann als Lina heraus, die auch noch ziemlich gut slowenisch sprach. Auf mehr achtete ich nicht, weil ich es vermied neue Menschen kennenzulernen. Umso weniger Menschen man um sich hatte, desto geringerer war die Wahrscheinlichkeit verraten zu werden. Ich wollte einfach nur meine Ruhe. Aber als ich sie einmal erwischte, wie sie mich anstarrte, konnte ich meinen Blick kaum von ihr lösen. Sie hatte irgendetwas an sich, was mich in ihren Bann zog. Schnell löste ich meinen Blick von ihr. Ich dachte eine lange Zeit darüber nach, woher sie mir bekannt vorkam. Als ich dann auf der Wiese lag und die Wolken beobachtete, wurde mir klar, wo ich sie schon einmal gesehen hatte.

Es gab viele Skisprungfans, aber es gab wenige, die sich für die mürrischen Slowenen interessierten. Deswegen erinnerte ich mich an viele Situationen und Gesichter. Sie war bei einem Springen als Helferin dabei gewesen und hatte mich und Žiga, zusammen mit einer Freundin und ganz schüchtern, nach einem Foto gefragt. Mina hatte uns einen Fan geangelt und nun mussten wir wirklich vorsichtig sein. Jede Information, die wir ihr gaben, wäre eine zu viel.

"Wer ist diese Lina?", fragte Lara neugierig und innerlich stöhnte ich genervt. Meine Eltern waren so stolz auf Cene und Peter und irgendwie war ich der einzige ohne Freundin. Es war irgendwie ein Druck unter Brüdern und irgendwie auch eine Erwartung, wenn man in seinen 20ern war. Ich versuchte es mit Lara, aber es nervte mich eher, wenn sie da war. Dauernd wollte sie sich mit mir treffen und ich brachte es nicht über die Lippen sie meine feste Freundin zu nennen, denn das war sie nicht. Und vermutlich würde sie das auch nie sein.

Außerdem war meine Mutter überhaupt nicht angetan, als ich ihr sagte, dass wir uns öfter trafen. Ich hatte mir das alles leichter vorgestellt.

"Ein AuPair Mädchen aus dem Dorf.", antwortete ich knapp, da ich damit beschäftigt war, Lina auf Instagram zu finden. Das war nicht schwer, denn ich konnte mich gut an das Bild mit ihr erinnern und musste nur durch einige Beträge scrollen, ehe ich es gefunden hatte. Sofort leitete ich dieses an Cene weiter und schaute mir ihr Profil an. Auf den meisten Bildern sah man sie von hinten oder im Urlaub. Anscheinend hatte sie verschiedene Haarfarben ausprobiert und verschiedente Stilrichtungen ausgetestet. Auf den meisten Bildern lachte sie oder sah ganz schick aus, als hätte sie irgendwelche wichtigen Termine.

In ihren Storyhighlights befanden sich Konzerte, Skispringen und Jahresrückblicke. Ein ganz normales Profil also. Kein creppy Fan schon mal.

Auf dem Rückweg konnte ich mir nicht verkneifen, etwas freches zu ihr zu sagen und zu meiner Belustigung konnte ich sehen, wie ihr Gesicht rot anlief.

"Sie war in Klingenthal. ", meinte Cene zu mir als Lina und die zwei Kinder außer Hörweite waren.
Ich nickte.
"Mina hat einen Fan angeschleppt.", murrte ich und mein Bruder nickte nachdenklich.
"Ich glaube sie ist ungefährlich ", gab er nach kurzer Zeit von sich. Kein Mensch war ungefährlich, wenn man ihm Gründe dazu gab. Und im Fokus der Öffentlichkeit zu liegen war einer.

Wir verabschiedeten uns voneinander, da ich mit meinem Auto nach gekommen war. Ich liebte das Autofahren, aber Laras Gesellschaft nahm mir die Freiheit und die Luft zum Atmen.
Ich bog zu einer Tankstelle ab und verdrehte die Augen, als ich Saras Auto dort erkannte, denn ich wusste genau, wer darin saß.

An der Kasse stand eine Schlange und ich musste mich genau hinter Lina, Alma und Luka stellen. Lina lächelte mir kurz zu und ich nickte nur kurz. Ich wollte bestimmt keinen Smalltalk mit ihr führen. Sollte sie doch zurück nach Deutschland fahren, wo sie hergekommen war.

Trotzdem musterte ich Lina dieses mal von der Seite. Sie hatte lange blonde, aber unglaublich zerzauste Haare und sonnengebräunte Haut. Dummerweise hatte sie irgendwas anziehendes und nettes an sich, was mich nicht ganz los ließ. Viel eher machte es sie interessant. In diesem Moment drehte sie sich zu mir um.
"Vielleicht solltest du das nächste Mal unauffälliger starren.", zwinkerte sie und äffte meine Worte vom See nach. Auf keinen Fall würde ich mich mit meinen eigenen Waffen schlagen lassen.
Ich verkniff mir allerdings ein Grinsen, denn taff war sie auf jeden Fall.

Ich nickte zu der Brünette vor ihr.
"Wer sagt denn, dass meine Aufmerksamkeit bei dir lag?", erwiderte ich schulterzuckend. Lina verdrehte die Augen, aber ein Lächeln umspielte ihre Lippen als sie an der Reihe war um zu zahlen. Vielleicht hatte Cene recht und sie war keine Gefahr, trotzdem musste man sie im Auge behalten.

Bigger than the whole sky {Domen Prevc}Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt