Sechs

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Kapitel 6

Auf dem Weg zurück in die Stadt, war die Stimmung ungewöhnlich still, fast drückend. Wie bei der Hinfahrt auch steuerte Changbin den Wagen und Jisung gab den Beifahrer. Allerdings unterhielten sich die beiden kaum. Der eine konzentrierte sich auf die Straße, der andere lehnte mit dem Kopf an der Seitenscheibe und schien ins Nichts zu starren.

Hyunjin saß neben mir auf der mittleren Bank, las höchst konzentriert irgendwas auf seinem Handy und von Zeit zu Zeit streckte er die Hand nach mir aus, berührte mein Bein, meinen Arm oder nahm meine Hand. Dann wandte ich mich ihm zu, schnappte sein vages Lächeln auf und erwiderte es. Die meiste Zeit aber gehörte seine Aufmerksamkeit seinem Handy und so blieb mir genügend Spielraum, um meinen eigenen Gedanken nachzuhängen.

Seungmin kauerte auf der hinteren Bank, war jedoch in sich zusammengesunken und wohl eingenickt, sodass auch aus dieser Richtung kein Störfeuer kam, das die wilde Jagd in meinem Kopf hätte unterbrechen können.

Warum hatte ich Chan vergessen? Mein Versprechen ihn anzurufen. Nachdem ich vorhin endlich mein Smartphone wiedergefunden hatte, hatte es mir ein Dutzend Nachrichten und Anrufe in Abwesenheit präsentiert. Ich verstand nicht, wie mir das hatte entgehen können. Mein schuldbewusster Rückruf lief ins Leere. Natürlich. Chan war längst arbeiten und würde erst gegen Abend wieder erreichbar sein. Das schlechte Gewissen plagte mich und ich unterdrückte ein Seufzen.

Sollte ich Changbin wohl bitten, mich gleich nach Hause zu fahren?

Mittendrin wurde ich wieder berührt, hob den Kopf und fand mich erneut unter Hyunjins musternder Beobachtung.

„Ich wollte dich etwas fragen", begann er leise, lehnte sich dabei ein wenig näher und legte den Kopf auf die Rücklehne ohne mich aus den Augen zu lassen.

„Ich weiß nur nicht, ob das jetzt richtig ist und ich will nicht, dass du den falschen Eindruck gewinnst."

Mit diesen kryptischen Aussagen konnte ich nichts anfangen, also schmunzelte ich ein wenig, zuckte leicht die Schultern und nickte ihm gleichzeitig zu. „Du wirst es wohl riskieren müssen", gab ich leichthin zurück und registrierte wie er grinsend wegsah, sich kurz über die Stirn strich, bevor er seinen Blick wieder auf mich richtete. Nochmal lehnte er sich ein Stück näher, nahm meine Hand und verschränkte die Finger mit meinen. Sein Blick rutschte dahin ab, er leckte sich die Lippen und runzelte kurz die Stirn.

„Wenn wir zurück sind", raunte er, „würde ich mir wünschen du bleibst."

Grinsend lehnte ich den Kopf ebenfalls auf die Rückenlehne. „Ja? Und wie lange?" Ein neckisches Schmunzeln begleitete das, verschwand aber bereits in der nächsten Sekunde.

„Für immer." Er sagte es ganz ruhig, sein Blick hielt meinen gefangen und nichts an ihm zeigte auch nur den Hauch von Unsicherheit.

Obwohl mein Lächeln sofort eingebrochen war, dauerte es eine Weile, bis mir die Ernsthaftigkeit seiner Worte mit aller Deutlichkeit bewusstwurde.

Es war keine Neckerei. Er meinte das vollkommen ernst!

„Ich...", stammelte ich heiser, „... weiß nicht, was ich sagen soll." Das war die Wahrheit. Gerade waren meine Gedanken noch bei Chan gewesen und schon vereinnahmte Hyunjin allein wieder alles.

Bleiben? Ich schüttelte vage den Kopf. „Wie... meinst du das?" Nun, ich wusste wie er das meinte, aber das Begreifen fiel mir schwer.

Hyunjin lächelte undurchsichtig, sein Daumen streichelte über meinen Handrücken. „Ich will dich um mich haben. Verlange ich zu viel?"

Close up [Hyunlix]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt