Kapitel 15

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Für immer.

Was machte ich hier überhaupt? Ich stand mitten in Tamis Vorzimmer und zerstörte grade vielleicht alles, was ich mir aufgebaut habe.

"Sicher?"

"Ganz sicher."

"So sicher, dass du mich jetzt gleich heiraten würdest?"

"So sicher, dass ich dich jetzt gleich heiraten würde. Warte...du willst jetzt gleich heiraten?"

Ich zuckte mit den Schultern. "War nur so eine Idee. Ich weiß, total albern. Niemand heiratet nach so kurzer Zeit."

"Haben wir es je so gemacht, wie andere es machen würden?"

"Aber...ich möchte eine richtige Hochzeit."

"Ich habe Kontakte. Die können bis Samstag eine Hochzeit organisieren."

"Okay, dann werden wir also heiraten."

Jo drehte sich zu Tami und Des. "Wir werden am Samstag heiraten."

"Und wie soll ich in drei Tagen ein Kleid finden?", fragte Tami.

"Jetzt tu mal nicht so, als hättest du die Zwillinge selbst ausgetragen. Dir passen noch alle deine Sachen. Und irgendwo findest du bestimmt was Passendes!", antwortete Jo, der doch sonst immer so modeaffin war, gelassen.

"Ihr versteht das scheinbar nicht. Mein kleiner Bruder..."

"Es sind ein paar Sekunden, Tami", stellte ich klar.

"Wenn du meinst...wie auch immer, mein um ein paar Sekunden jüngerer Bruder heiratet meinen besten Freund. Das ist nichts zu dem ich einfach in irgendwas, das ich grade so in meinem Schrank gefunden habe, auftauchen kann."

"Dann weißt du's jetzt. Dann kannst du jetzt panisch nach einem Kleid suchen."

"Ihr seid solche...", Tami sah runter zu Jamil, "...Austrittsöffnungen des Darmkanals!"

***

"Das war eine Scheiß-Idee!", sagte ich.

Wir durchforsteten seit geschlagenen drei Stunden das Internet, in der Hoffnung, irgendeine Location und was es sonst noch so für eine Hochzeit braucht, zu finden.

"Warum heiraten Leute überhaupt? Ein Haufen Stress für einen einzigen Tag?"

"Vielleicht sollten wir es doch verschieben."

"Auf gar keinen Fall. Tami wird uns das ewig vorhalten. Und außerdem möchte ich dich endlich meinen Mann nennen können."

"Wir könnten doch auch einfach nur zum Standesamt gehen."

"Ich heirate doch nicht und dann bin ich nicht mal der Star des Tages, sondern nur einer von den Leuten, die an irgendeinem x-beliebigen Tag beschließen, auf irgendsoeinem Wisch zu unterschreiben. Nein, wenn dann machen wir's richtig."

"Und wie wär's, wenn wir's nicht hier, in Seattle, machen?"

"Was meinst du?"

"Wir laden nur die Allerwichtigsten ein und hauen in den Süden ab."

"Und was schwebt dir vor?"

"Fidschi?"

"Gut, machen wir's."

"Gut, machen wir's?"

"Ich wollte schon immer auf Fidschi heiraten."

"Dann brauchen wir also nur mehr eine Unterkunft und einen, der uns traut."

"Und Anzüge."

"Wir haben doch genug Anzüge."

"Auf gar keinen Fall! Hast du schon mal eine Frau gesehen, die in irgendeinem weißen Kleid heiratet?"

"Wir sind keine Frauen."

"Aber deswegen brauchen wir doch nicht geschmacklos zu sein."

"Ich finde unsere Anzüge schön."

"Nein, nein, nein!"

"Okay, okay, dann besorg deine Anzüge. Auch wenn sie sich nicht von denen, die wir schon haben, unterscheiden werden."

"Die Schwulen werden uns hassen."

"Weil wir uns neue Anzüge für unsere Hochzeit kaufen? Nein, ich bin mir ziemlich sicher, dass sie uns hassen würden, wenn wir einfach irgendwelche anziehen würden."

"Nein, ich meine, weil wir sie nicht einladen."

"Tun wir nicht?"

"Nur die Allerwichtigsten. Ich mag die meisten von denen nicht mal."

"Gut, dann machen wir das so. Ich kann sie nämlich auch nicht ausstehen."

"Aber sie sind deine Freunde."

"Nur weil ich mit ihnen abhänge und ab und zu mit ihnen Klatsch austausche, sind sie nicht meine Freunde."

"Ich bin mir ziemlich sicher, dass das die Defintion von Freunden ist."

"Du verstehst das nicht. Weil du keine hast."

Ich sah Jo empört an. "Natürlich habe ich Freunde."

"Zähl mir einen auf!"

"Ich habe dich, ich habe Tami, ich habe Nawin, ich habe Des."

"Das ist Familie."

"Na und? Familienmitglieder können auch Freunde sein. Was kann ich dafür, dass ich mit ihnen verwandt bin?"

"Wenn du nicht mit ihnen verwandt wärst, würdest du sie nicht mal kennen."

"Das kannst du doch nicht wissen. Außerdem hast du ja auch nur Tami. Und bald seid ihr auch verwandt."

"Das ist was anderes."

"Schau, wir haben beide keine Freunde."

"Ich habe Freunde."

"Wenn das so ist, schicke ich gleich mal ein paar Einladungen an sie raus." Ich nahm mein Handy.

Jo sprang auf und stürzte sich auf mich. "Das wagst du nicht!"

Ich tat so, als würde ich irgendwas tippen. Jo riss mir das Handy aus der Hand und warf es auf den Sofasessel. Dann packte er mich am Hinterkopf und küsste mich heftig. Irgendwann zogen wir unsere Shirts aus.

"Wir haben beide keine Freunde", hauchte ich, als wir für einen Moment die Lippen voneinander lösten.

"Wenn du dann glücklich bist."

Are We Toxic?Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt