Als Evelyn aufwachte, bemerkte sie direkt, dass William nicht mehr neben ihr lag. War er gestern wirklich gekommen oder hatte sie sich alles nur eingebildet? Doch dann sah sie das Buch auf ihrem Nachttisch und die angebrochenen Tüten verschiedener Gummibärchensorten. Er war einfach schon aufgestanden. Sie schlug die Decke zurück und schlüpfte in ihre Stricksocken. Dann ging nach unten in die Küche wo Edith, James und William bereits am Tisch saßen. „Lyn, du bist wach. Komm her, es gibt Pfannkuchen." Lächelnd setzte sie sich neben ihren Bruder und nahm sich etwas zum Essen. Sie unterhielten sich über belanglose Dinge, vermieden es über Evelyns mentalen Zustand zu reden. Sie taten so als wären sie eine ganz normale Familie von Mutter, Vater und den beiden Kinder. Solange bis Edith und James einkaufen fuhren und sie angezogen waren.
„Ich muss dir etwas erzählen." Verwirrt sah Evelyn ihn an. „Setz dich doch mal zu mir." Angst machte sich in ihr breit. „Lässt du mich doch alleine? Musst du wegfahren?" „Nein, ich lass dich nicht alleine. Ich möchte dir etwas erzählen." Sie lies sich neben ihm aufs Sofa fallen. „Ich hatte letzte Nacht einen Traum, von Mum." „Ok..." „Es war als wollte sie mit mir reden. Als wäre sie echt." „Was hat sie gesagt?" „Sie hat dir die Bucket-List nicht gegeben, damit du sie abarbeitest. Sie wollte dich damit dazu bringen, dir immer wieder eine Auszeit vom royalen Leben zu nehmen. Sie dachte schließlich du würdest zu uns ziehen nach ihrem Tod." „Ich sollte nicht..." Evelyn starrte die Wand an. Sie wusste nicht, was sie davon halten sollte. William hatte nur einen Traum gehabt. Konnte es wirklich ihre Mutter gewesen sein, die zu ihm gesprochen hatte? Oder dachte er sich das nur aus um ihr zu helfen? „Denkst du dir das aus, um mir zu helfen?" „Nein, das würde ich nicht tun. Ich habe das wirklich geträumt. Sie hat außerdem gesagt, dass sie uns drei sehr liebt hat. Sie hat uns wirklich geliebt, Lyn." Sie zog ihre Beine zu sich. „Ich weiß nicht, ob ich dir das glauben kann." „Das ist in Ordnung. Aber ich weiß auch ohne diesen Traum, dass sie dich unglaublich geliebt hat. Sie hat dich vor den Paparazzi beschützt. Mehr als sie es bei mir und Harry konnte." Ihr kamen die Tränen. „Und ich hab dich lieb, genau wie Vater, Catherine, Edith, James, Harry und Camilla." „Du magst Camilla nicht sonderlich, oder?" „Ich akzeptiere sie. Vater hat immer noch Mum mit ihr betrogen." „Sie ist wirklich nett." „Das glaube ich gerne." „Ich habe Harry schon lange nicht mehr gesehen. Und er ruft auch nie an." „Er hat viel zu tun." „Das ist eine billige Ausrede. Du hast auch viel zu tun. Und du bist sogar hier." „Er kommt an Weihnachten nach Sandringham. Da seht ihr euch bestimmt. Wenn ihr etwas mehr Zeit miteinander verbringt, lehrt ihr euch auch besser kennen." „Ich weiß noch nicht, wo ich Weihnachten bleibe, Will. Ich habe über zehn Mal mit Edith und James gefeiert." „Ich bin mir sicher, sie können mitkommen. Wenn du gerne mit uns allen feiern möchtest, wird das sicher gehen. Soweit ich weiß, kommt außer uns sowieso nur Edward mit seiner Familie." „Sicher?" „Klar, ich ruf Granny an und frag sie." „Aber erst fragen wir Edith und James, ob das für sie in Ordnung ist."
Als die beiden nach Hause kamen, erklärte Evelyn ihrem Bruder gerade wie man Milchreis mit heißen Kirschen machte. „Hey, ihr zwei. Macht ihr schon Mittagessen?" Edith stellte die Einkaufstaschen auf die Kücheninsel und begann sie auszuräumen. „Evelyn besteht darauf, dass ich Kochen lerne. Leider habe ich nicht sehr viel Talent in der Küche." „Nur weil du es noch nie gemacht hast." Beim Essen traute sie sich dann ihre Pflegeeltern zu fragen. „Ich würde Weihnachten gerne mit euch und William, Catherine und den anderen verbringen. William hat gesagt, ihr könnt mit nach Sandringham kommen, wenn wir wollt." „Es wäre uns eine Ehre. Und wenn du das möchtest, Evelyn, dann machen wir das gerne." Erleichtert atmete Evelyn aus. Sie hätte sich nicht entscheiden können, wo sie mit wem Weihnachten verbringen sollte.
„Guten Morgen Granny." „William, wie schön, dass du anrufst. Weißt du mittlerweile wann du und Catherine nach Sandringham kommen?" „Wir fliegen am 24. Und bringen Evelyn mit." „Sie wohnt immer noch in Wales bei ihren Pflegeeltern? Das arme Ding. Ihr muss es wirklich nicht gut gehen." „Es wird schon. Aber denkst du, es wäre möglich, dass ihre Pflegeeltern mit uns feiern? Sonst kommt Evelyn wahrscheinlich nicht mit." „Ich bin mir sicher, wir haben genügend Zimmer. Sag ihnen, sie sind herzlich eingeladen mit uns Weihnachten zu feiern." „Das ist gut. Ich sag ihnen Bescheid."
Sobald Edith und James Bescheid wussten, herrschte eine unterschwellige Unruhe im Haus. Die beiden waren furchtbar aufgeregt, die Queen und anderen Royals kennenzulernen. William blieb noch einige Tage bei ihnen bis er zurück zu Catherine fuhr. Er versprach Evelyn, dass falls etwas war, sie ihn jederzeit anrufen konnte und er auch zu ihr kommen würde. „Und wenn es nachts um zwei ist, dann rufst du mich an. Es ist mir egal ob ich dann schon schlafe. Wenn du mich brauchst, rufst du an." Er umarmte sie ein letztes Mal. „Sag Catherine schöne Grüße. Ich vermisse sie." „Du siehst sie in zwei Wochen im Flugzeug. Bis heute Abend, Prinzessin." Er drückte ihr einen Kuss auf die Haare und stieg dann ins Auto. Sie hatten verabredet, dass er sie abends anrief, wenn er angekommen war.
Die ersten Tage ging es noch. Evelyn telefonierte viel mit Catherine, William und ihrem Vater. Sie freute sich schon auf Weihnachten und suchte eifrig nach Weihnachtsgeschenken. Die kleine Stadt versank im Weihnachtszauber. Edith besuchte mit ihr gemeinsam den Weihnachtsmarkt, wo sie die Waffeln von Rosalindes Stand aßen. Es hatte leicht angefangen zu schneien und die Buden sahen aus wie mit Puderzucker bestäubt. Entspannt schlenderte sie die Gassen entlang und sah sie einige Holzarbeiten an. Sie kaufte einen kleinen Wichtel für ihren Vater und drehte sich gerade um, um nach Edith zu suchen, als jemand in sie hineinlief. Evelyn stolperte und schon lag sie mit samt ihren Sachen auf dem Pflaster. „Das tut mir wirklich...Evelyn?" Schnell sammelte sie die Holzfigur ein und rappelte sich auf. „Nichts passiert." „Was tust du hier?" Teddy sah sie verwundert an. Evelyn versuchte derweil ihren Kopf unter Kontrolle zu behalten. Horrorszenarien wirbelten vor ihrem inneren Auge herum. „Ich wohne zurzeit bei James und Edith, schon fast zwei Monate. Ich ziehe erst nach Weihnachten wieder nach London." Ihre Finger klammerten sie um die Griffe der Tüte. „Man hat einiges in der Zeitung lesen können. Du bist ganz schön viel herumgekommen in den paar Monaten." „Ja, Vater hat mich zweimal mitgenommen." „Evelyn, ich hab dich schon gesucht. Schau mal, ich..." Edith verstummte, sobald sie Teddy sah. „Theodore, wie nett dich zu sehen." Früher hatte sie immer Teddy zu ihm gesagt, wie alle anderen auch. „Edith, Evelyn und ich sind zufällig ineinander gerannt. Wir haben uns nur kurz unterhalten." „Na dann. Kommst du, Liebes? James wartet sicher schon mit dem Essen auf uns. Und wir wollen doch morgen schon früh los." „Fahrt ihr über die Feiertage weg?", fragte Teddy interessiert. „Wir fahren nach Sandringham." Edith harkte sich bei ihr unter und sie machten sich auf den Weg nach Hause. „Geht es dir gut, Evelyn?" Die lief etwas benommen neben ihr durch den Schnee. „Geht schon." Zuhause angekommen wartete James bereits mit Suppe und heißem Tee auf sie. „Na, war es schön?" „Wir haben Theodore getroffen." Man hörte Edith an, dass sie noch immer wütend auf den Jungen war.
Als Evelyn schließlich abends einschlief, waren ihre Träume unruhig. Sie warf sich hin und her und fand nicht so recht Ruhe. „Nein! Lass mich los! Ich will das nicht!" „Evelyn! Liebes, es ist alles gut!" Sie nahm die Hände von den Ohren und öffnete die Augen. Verwirrt sah sie sich um. Wo war sie? Alles um sie herum war hell und sie konnte nirgends ein Ende sehen. „Hallo?" Dann berührte sie jemand an der Schulter. Erschrocken fuhr sie herum. Hinter ihr stand in weißen Leinen eine blonde Frau. Sie sah der Frau ähnlich, die William ihr auf Fotos gezeigt hatte. „Mum?" „Evelyn. Wie schön dich zu sehen. Dein Bruder war erst vor einigen Wochen hier." „Er hat es mir erzählt. Und ich hab ihm nicht so recht geglaubt." „Das ist nur natürlich. Ich hätte es auch nicht geglaubt an deiner Stelle." „Wieso bin ich hier? Will hast du scheinbar Ratschläge gegeben, zumindest hat er das erzählt." „Er war sehr besorgt um dich, weißt du. Ich habe versucht ihm zu helfen. Deshalb war er hier." „Und ich?" „Dir geht es nicht gut. Das habe ich gefühlt und dich deshalb zu mir gerufen." „Ich will das es aufhört. Die Albträume, diese schlimmen Gedanken, das Gefühl, dass ich nicht gut genug bin." „Ich weiß, Liebes. Mir ging es genauso. Aber glaub mir, wenn ich dir sage, dass alles gut wird. Du hast William und Catherine, deinen Vater und deine Pflegeeltern. Und ich bin immer hier wenn du mich brauchst. Ich kann nicht in die Zukunft sehen, aber ich bin mir sicher, dass es dir bald besser gehen wird. Du musst nur Hilfe annehmen." Während sie redeten, liefen sie nebeneinander her. „Die Bucket-List, soll ich sie wirklich nicht abarbeiten?" „Nein, das was ich William gesagt habe, ist war. Sie sollte dich zum leben bringen, wenn du als Royal keine Lust mehr hast und dich bedrängt fühlst. Ich wollte sichergehen, dass du auch mal rauskommst." „Es ist nicht mehr viel übrig, weißt du. Die Hälfte ist schon weg." „Wirklich? Da warst du ja fleißig." „Es sind noch Sachen übrig, die ich mit William, Harry und Catherine machen wollte." „Es wird sicher wunderbar. Aber ich glaube unsere Zeit ist schon fast vorbei. Denk daran, was ich dir gesagt habe. Nimm Hilfe an, das ist nicht schlimm." Diana begann langsam durchsichtiger zu werden. „Mum, warte. Glaubst du, ich sollte ein richtiger Royal werden?" „Du wärst eine fabelhafte Prinzessin, Liebes. Mach was du für richtig hältst. Ich hab dich lieb." Und schon war sie verschwunden. „Evelyn! Du musst aufstehen. Wir wollen doch gleich los zum Flughafen!", hörte sie Edith rufen.
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Die Bucket-List meiner Mutter
FanfictionEvelyn ist ein ganz normales Mädchen aus einer Kleinstadt in Wales. Sie lebt dort mit ihren Pflegeeltern und trainiert mit ihrem besten Freund für die Tanzmeisterschaft. Ihre Mutter, an die sie keine Erinnerungen hat, ist bei einem Autounfall gestor...