Veränderungen

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Am Samstagmorgen beim Frühstück verkündete uns Eva offiziell, dass heute jemand bezüglich eines Pflegekindes käme und dass sie der betreffenden Person im Laufe des Tages Bescheid geben würden, wenn das Paar eingetroffen sei. Wir nahmen die Nachricht ohne allzu große Reaktionen zur Kenntnis, da wir ja zum einem schon davon wussten und zweites das doch häufiger geschah. Nach dem Frühstück setzte ich mich an meine Hausaufgaben und las in unserem Deutschbuch die nächsten 20 Seiten, bevor Maja und Liana ins Zimmer kamen und mich zum Spielen holten. Wir spielten SOS Affenalarm, wo man einen Turm hatte und Plastikaffen, die nicht nach unten fallen durften. Wir hatten gerade eine Runde gespielt und Maja hatte gewonnen, als Eva zu uns in den Raum kam.

„Marlene, kommst du mal bitte mit? Da sind zwei Leute, die gerne mit dir sprechen würden." Sie brauchte es nicht aussprechen, ich wusste auch so, dass es um die Pflegeeltern ging. Mit mulmigem Gefühl im Magen folgte ich der Heimleiterin in ihr Büro und dachte darüber nach, wie ich mir vor ein paar Tagen gewünscht hatte, dass es nicht um mich gehen würde. Das sah ich auch immer noch so, aber jetzt war es anders gelaufen als geplant. Was konnte ich dagegen machen? Mit einem seltsamen Grinsen im Gesicht der sonst relativ strengen Leiterin öffnete sie mir die Tür zu ihrem Büro und mir stockte der Atem. Es saß nicht irgendein Paar in diesem Raum, nein, es waren Lena und Mark. Lena und Mark. Ich blinzelte, schloss kurz die Augen und öffnete sie wieder, aber sie saßen immer noch da. Wie sollte ich das verstehen? Ich traute mich nicht, das Offensichtliche zu denken, war vollkommen überfordert. Zum Glück tat Mark das Richtige. Er stand auf und nahm mich in den Arm. Es war egal, warum sie da waren oder ob ich vielleicht tatsächlich ihr Pflegekind werden sollte, hauptsache, sie waren da.

„Hey, du, alles gut." Er fuhr mir sanft über den Rücken und übergab mich dann Lena. Ich umarmte sie und fragte dann leise:

„Wollt ihr wirklich, ich meine..." Meine Stimme brach ab. Sie tauschten einen Blick und Lena sagte dann genauso leise:

„Ja, Marlene, wenn du einverstanden bist, würden wir einfach gesagt gerne deine Pflegeeltern werden." Ich brauchte einen Moment, bis der Satz bei mir ankam und dann brachen alle Dämme. Die Tränen flossen aus meinen Augen, aber zum allerersten Mal waren es keine Traurigen. Ich weinte vor Glück, vor Unglauben und vielleicht auch ein bisschen vor Erleichterung, weil sie es waren und niemand sonst.

„Oh, nicht weinen, es ist doch alles gut." Mark lächelte und musste jetzt gleichzeitig Lena und mich trösten, die auch ein paar Tränen verdrückte. Minutenlang lagen wir uns in den Armen und ich glaubte wirklich zu träumen. War das real?

Als ich mich wieder beruhigt hatte, wurde beschlossen, dass ich noch mal in mein Zimmer gehen sollte, bis Lena und Mark mit Eva und Johanna noch ein paar Sachen besprochen hatten und sie mich dann holen würden, um einen Spaziergang zu machen. Völlig durcheinander ging ich zurück ins Zimmer und Ava eilte sofort auf mich zu.

„Lene, alles gut?" Ich nickte perplex und ließ mich aufs Bett sinken.

„Lena und Mark wollen mich als Pflegekind.", sagte ich dann tonlos und Ava riss die Augen auf.

„Lena und Mark? Die Lena und Mark? Deine Lena und Mark?" Ich nickte und sie umarmte mich, was mich noch mehr verwirrte, weil Ava so gut wie nie jemanden freiwillig umarmte.

„Das ist doch schön, Lene, das freut mich für dich, wirklich. Haben sie dich ein bisschen überrannt?" Ich nickte und biss die Zähne zusammen, weil in meinen Augen schon wieder Tränen standen.

„Sie gehen gleich mit mir spazieren.", ergänzte ich und lehnte mich ein bisschen gegen Ava. Ich konnte das nicht realisieren. Konnte es einfach nicht.

„Entspann dich, Lene. Es sind nur Lena und Mark, du kennst sie beide so gut, es ist nichts anders als sonst. Freu dich einfach, das ist doch das, was du dir insgeheim gewünscht hast, oder?" Ich nickte, Ava hatte mich durchschaut.

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⏰ Letzte Aktualisierung: Mar 25, 2023 ⏰

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