ii. 1980 - schwarz wie die nacht

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» 𝘪𝘤𝘩 𝘣𝘳𝘢𝘶𝘤𝘩 𝘦𝘴 𝘴𝘤𝘩𝘸𝘢𝘳𝘻, 𝘴𝘤𝘩𝘸𝘢𝘳𝘻 𝘸𝘪𝘦 𝘥𝘪𝘦 𝘯𝘢𝘤𝘩𝘵 «
- 𝗗𝗨𝗡𝗞𝗘𝗟 : die ärzte

Nach so vielen Eierkuchen getränkt in Marmelade, dass mir der Bauch weh tut, kann ich gar nicht anders als zumindest kurz mit dem Kopf im Nacken die Augen zu schließen.

Dirk im Gegensatz dazu sieht aus, als hätte er gegen noch eine Portion in der Größe absolut keine Einwände und schaut mich nach einem Schluck Wasser wie das blühende Leben an.

Kann dieser Funke von Begeisterung nicht bitte jetzt einfach auch noch auf mich überspringen?

Wobei das tut er, denn wenn ich an heute Abend denke, macht sich eine Gewisse Vorfreude aber auch ziemlich viel Nervosität in mir breit.

Denn bei dem Konzert handelt es sich um eine regelrechte Feuertaufe für mich.
Mein allererstes hautnahes Eintauchen in die West-Berliner Welt des Punks.

Ich selbst gehöre wie Hussi immer so schön sagt, zur Kategorie der 'Barfußläufer' und bewege mich in meinem Hippiekosmos eigentlich ziemlich weit von den Kreisen entfernt, in denen sich Dirk und die übrigen Mitglieder von Soilent Grün rumtreiben.

Auch, wenn mir schon ziemlich früh erklärt wurde, dass man als Spandauer Punk von den meisten in Kreuzberg mehr als nur etwas schief angeguckt wird.

Das ich in die Szene von Zeit zu Zeit ziemlich oberflächlich reinschnuppern kann, hab ich auch nur meinem Nachbarn zu verdanken, der gelegentlich mal dafür sorgt, dass sich zwischen meine Sammlung aus Kandidaten wie Fleetwod Mac, Janis Joplin und Hendrix eben auch mal The Clash und dergleichen verirrt.

Hussi dagegen hat es sich genau wie Bernd und Kai-Uwe zur Aufgabe gemacht, mich bei jeder unserer seltenen Begegnungen zur Punkette zu missionieren, auch wenn die Bemühungen der drei zwar zwecklos aber dafür umso witziger sind.

Und Dirk, dem lasse ich seine gelegentlichen blöden Scherze über Räucherstäbchen, Kristalle und freie Liebe.

Und zwinge ihm gelegentlich mal das ein oder andere Album aus meiner Sammlung auf.

Einen wie bereits zuvor genannten Missionierungsversuch stellt auch der heutige Abend da, denn 'im Namen der Band' bin ich von Dirk vor ein paar Tagen auf dem Weg zum Bus zum Konzert von Tuxedomoon im SO36 eingeladen worden.

Zusagen können hab ich allerdings erst zwei Tage später, da der werte Herr Felsenheimer mal wieder um die Viertelstunde zu spät dran auf seinem Weg zur Berufsschule war, sein Grinsen habe ich an besagtem Abend aber nach der Zusage trotzdem regelrecht durchs Telefon durch gehört.

Auf die wirklichen Details kommen wir allerdings erst jetzt zu sprechen.

"Also, ick' komm ne Weile vorher klingeln und Hussi holt uns ab, der fährt vorher bei Bernd und Kai-Uwe vorbei. Im SO hältste' dich eenfach an uns, vertrau mir, dit wird geil!"
Ich kann gar nicht anders als zu Schmunzeln.

" Und du gloobst echt, ick fall da nich' auf?"
"Ach wat, zieh' dir eenfach n' paar dunklere Sachen an als sonst und n' paar Schuhe du Blumenkind, dann kommt dir schon keener blöde."

Er steht auf und stellt seinen Teller in die Spüle, ich mache das gleiche und verpasse ihm für den verbalen Seitenhieb gleich einen richtigen.

Barfuß in manchen Bezirken zu laufen, wäre mein endgültiger Beweis von Lebensmüdigkeit, auch wenn ich es prinzipiell eigentlich viel lieber mache und mag.

Meistens ist es aber sowieso eher im Sommer und abgesehen davon beim Herrn Erzeuger in Frohnau drin, da kennt mich sowieso kein Schwein.

"Ick werd schon nicht in Regenbogenfarben kommen, keene Angst."

𝗹𝗲𝘁 𝗺𝗲 𝗱𝗼𝘄𝗻 𝗲𝗮𝘀𝘆  | die ärzte Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt