Blindes Herz & Blinder Gefährte

Blindes Herz - Kapitel 1

Das Feuer knisterte und die Schatten tanzten über die Holzdielen. Ein Mann mittleren Alters saß an einem Tisch, an dem sich die Gäste des Gasthauses versammelt hatten. Sie hatten bereits gegessen und sich prächtig unterhalten. Nun hingen sie gespannt an den Lippen des Mannes.

„Hier, liebe Leute, gibt es eine Legende. Die Legende von einem Monster, das sich tief im Wald, nördlich des Sees befindet, einem wahrlichen Monster, das seine Seele längst verloren hat. Vor Jahrhunderten war es ein Mann gewesen, doch er wurde von seiner Angebeteten verraten und mit einem Stich ins Herz getötet. Sein Herz blieb stehen und sein Atem erlosch.
Doch der Hass brannte so tief, dass er das Leben nicht aufgeben konnte. Er überwand den Tod und erwachte, doch er war kein Mensch mehr. Um zu Leben benötigt er das Blut anderer, denn sein eigenes Herz schlägt nicht mehr, kann ihn nicht am Leben erhalten.
Mit den Reißzähnen, die aus seinem Oberkiefer wuchsen, zerriss er den zarten Hals seiner ehemaligen Angebeteten und trank ihr Blut. Seit dieser Nacht hegte er einen tiefen Groll, denn der Fluch des ewigen Lebens ließ ihn kalt und gefühllos werden.
Er lebt nun in einer Hütte tief im Wald, lockt unvorsichtige Wanderer mit seiner wunderschönen Stimme, Duft und seinem atemberaubenden Aussehen in die Falle. Lasst euch nicht täuschen, denn seine Augen sind schwarz, völlig ohne Farbe, denn in ihnen gibt es kein Leben. Er ist nur eine Hülle.
Vor Jahrhunderten haben unsere Vorfahren einen Vertrag geschlossen, sodass er sich unserem Dorf nicht nähert. Sollte er jedoch einmal Blut brauchen, so bot sich ein Dorfbewohner an, der daraufhin eine Belohnung von unschätzbarem Wert erhielt. Ihm ist es nicht erlaubt einen Dorfbewohner zu töten, das würde den Vertrag brechen. Doch wie bereits gesagt, das gilt nicht für Touristen. Deshalb seid gewarnt. Geht nicht tief in den Wald und schon gar nicht bei Nacht, denn er wird dort auf euch warten und ihr werdet nie mehr zurückkehren."

Der Mann beendete seine Geschichte und alle schauten ihn gebannt an. Ein Monster, das eine Belohnung von unschätzbarem Wert im Austausch für etwas Blut erteilte? Wird es meinen sehnlichsten Wunsch erfüllen?

Ein junger Mann, der schweigend in der Ecke gesessen hatte, stand auf und ging auf sein Zimmer. Dieser hatte kurze hellbraune Haare, ein feminines Gesicht und war gerade einmal 25 Jahre alt. Die Dämmerung setzte ein, als dieser letztendlich das Gasthaus mit seinem Rucksack verließ. Ohne zu zögern, lief er tief in den Wald.