Am nächsten Tag kam die Insel in Sicht. Es war früh morgens und außer Kellan und dem Navigator war niemand auf dem Deck. Die Sonne wanderte über den Horizont. Es war genau der Moment, als die Berge auf der Insel plötzlich golden zu leuchten begannen, während sich ein helles Blau um die Insel legte. Wahnsinn. Genau wie in dem Lied. Vielleicht war doch mehr dran.
Kellan brach mit Ches und zwei weiteren in einem kleinen Boot zur Insel auf. Lenora, eine etwa 1,75 m große Brünette, war eine verdammt gute Fährtenleserin. Terrel dagegen war ein kleiner, blonder älterer Mann Ende vierzig, der eine medizinische Ausbildung hatte und Wunden versorgen konnte.
Ihr Boot schipperte zu dem Sandstrand, an dem sie ohne weitere Vorkommnisse anlegten. Dieser erstreckte sich um etwa ein Viertel der Insel, der Rest waren Riffe und Klippen. Sie zogen das Boot bis an den Strand und schulterten ihre Rucksäcke mit Lebensmittel und anderen notwendigen Dingen.
„Wir sollten zunächst die Insel umrunden, um einen Überblick zu erhalten", schlug Lenora vor und die anderen nickten.
Die Umrundung dauerte etwa halben Tag, während sie immer wieder anhielten, sodass die Piratin Aufzeichnungen machen konnte. Seltsam, dass wir bisher noch keinen Spuren von anderen Menschen begegnet sind. Das änderte sich jedoch, als sie bei den großen Klippen ankamen, von denen sie sich absichtlich ferngehalten hatten. „Was zur Hölle?", kam es aus Ches' Mund.
Kellan konnte es auch nicht glauben. Vor ihnen war ein wahrhaftiger Schiffsfriedhof. Mindesten drei große und fünf kleine Schiffe lagen völlig zerschellt auf dem Gestein.
„Wie konnten sie-?", doch Terrel konnte nicht weiter sprechen, ein starker Wind rauschte plötzlich auf. Sie musste sich kurz die Hand vors Gesicht halten und ihre Augen begannen zu tränen.
Vor ihnen spielte sich ein Spektakel ab, das sie niemals erwartet hätten. Das Meer begann sich zu verändern, als würde es in sich laufen. Zahlreiche Strömungen bildeten sich, trafen aufeinander und bildeten Strudel. Diese wanderten um die Insel, auch an den Strand, wo es vorher ruhig gewesen war.
„Dieser Wind. Er ist der Grund, wieso man diese Insel normalerweise nicht erreicht", sagte Kellan. Dann wurde er ruhig, denn im Wind hörte er einen Klang, der ihn erstarren ließ. Er konnte es nicht beschreiben, nicht fassen. Der Himmel verdunkelte sich.
„Wir müssen einen Unterschlupf finden, denn es wird ein Sturm aufziehen", sagte Ches und sie nickten.
Wenige Minuten später setzte er dann ein, ein erbarmungsloser Regen. Sie flohen ins Innere der Insel, wo sie eine Höhle fanden. Sie waren völlig durchnässt und der Wind ließ das Wasser auf ihrer Haut eiskalt werden. In der Höhle entledigten sie sich alle ihrer Kleidung, auch Lenora. Niemand starrte sie an, denn das ging gegen ihren Codex. Sie machten ein Feuer und setzten sich um dieses, um trocken zu werden.
„Das ist der Wahnsinn. Innerhalb von zehn Minuten ist dieser Strom mit den tödlichen Strömungen entstanden. Nichts hat es angekündigt", sagte Lenora, die ihre Füße angezogen hatte, um ihre Vorderseite zu bedecken.
Ches nickte. „Es war also reines Glück, dass wir die Insel betreten konnten. Wären wir einige Stunden später aufgebrochen, wären wir wie diese Schiffe an den Klippen zerschellt."
Das gab Kellan zu bedenken, da sie die Insel wieder verlassen mussten und es mindestens eine Stunde dauern würde, das Hauptschiff zu erreichen. Wenn in dieser Zeit erneut ein solches Unwetter aufzog, würden sie unweigerlich kentern. Kellans Kleidung war zum Teil schon getrocknet, was an der Beschaffenheit lag – ein Geschenk seiner Mutter. Er warf Lenora sein Oberteil zu, die es dankend anzog, während er selbst sein Hose überstreifte.
Er nahm eine Fackel und stand auf. „Ich werde etwas die Höhle erkunden, um sicher zu sein, dass keine wilden Tiere uns im Schlaf angreifen", sagte Kellan. Sein bester Freund wollte aufstehen, um ihn zu begleiten, doch er hielt ihn auf. „Bleib hier und wache über unsere Vorräte, ich kann das alleine."
![](https://img.wattpad.com/cover/339221385-288-k84423.jpg)
DU LIEST GERADE
Marineblau
Short StorySirenen. Eine Melodie, der niemand widerstehen konnte, heißt es. Doch sollten diese Geschichten Wirklichkeit sein, denn es hatte Sichtungen gegeben. Einbildung? Vielleicht. Kellan, ein junger Pirat, begibt sich auf eine gefährliche Reise zur Insel d...