Das Kurzschwert sauste durch die Luft und durchtrennte mit einem Schnitt den Bizeps seines Gegners, der schreiend seine Axt losließ. Eyris vollführte eine Drehung, trat dem verwunderten Gegner das Bein weg und machte ihm den Garaus. Keine Sekunde änderte sich sein Gesichtsausdruck. Man nannte ihn den stummen Eisprinz, denn er tötete seine Gegner mit einer tödlichen Eleganz, wie kaum ein anderer. Auf seinem Gesicht zeigte sich dabei keine Regung, keine Empfindung. Es war, als würde er eine Maske tragen. Niemand wusste, was er dachte.
Sein Zopf aus hellblondem Haar, das jedes Mitglied seiner Familie hatte, ruhte ruhig auf seiner Schulter. Er war nicht so breit gebaut wie die meisten Angehörigen seines Clans, doch immerhin hatte er eine ansehnliche Größe für einen Wikinger. Er wischte seine Waffe an der Kleidung seines toten Gegners sauber und betrachtete diese unzufrieden. Sie war beschädigt, doch er musste mit dem arbeiten, was er hatte.
Die anderen Gefährten, die ihn begleitet hatten, kamen bei ihm zusammen. „Ich denke, wir haben alle erwischt", sagte Ulf, der Anführer ihrer Gruppe. Die anderen stimmten lauthals zu, während Eyris nur nickte, sie mit seinen sturmgrauen Augen betrachtete.
„Nun gibt es nur noch eines zu tun", sagte Ulf, „wir müssten bei den Claws of Fenrir vorbeischauen. Dieser fremde Clan dringt vermutlich nicht nur in unser Territorium ein."
Fenrir war der nordische Gott, dem sich dieser Clan verschrieben hatte. Dieser war ein großer, wilder Wolf und der Sohn des Gottes Loki. Seine Schwester Hel, die Göttin der Toten, war die Göttin, der sich ihr eigener Clan – Hel's Sword – verschrieben hatte. Sie trugen als Zeichen ihrer Verehrung alle Kleidung die auf der einen Seite hell und auf der anderen schwarz war. Zudem kämpften sie nur mit Schwertern.
Eyris folgte seinem Anführer, als sie in die Richtung des Territoriums des benachbarten Clans ritten. Schon an der Grenze sah er die Wachen, welche Rüstungen trugen, in denen Wolfsfelle eingearbeitet waren – ein Zeichen ihrer Verbundenheit zu ihrem Gott Fenris.
„Was ist euer Anliegen?", fragte die Wache, alle waren angespannt.
„Wir müssen mit Stiegson reden. Es geht um den fremden Clan, der in unser und vermutlich auch in euer Territorium eingedrungen ist. Es gab einige Angriffe und Plünderungen", erwiderte ihr Anführer.
Mit einem Nicken wurden sie durchgelassen und ritten in die Richtung, in der sich das Haus des Oberhauptes befand. Die beiden Clans lebten schon seit Generationen in Frieden und es herrschte auch ein Austausch, sei es bei Ware oder Wissen. So hatten sie solange ihre Stellung verteidigen können. Dennoch waren sie zwei getrennte Gruppen, das hatte sich nie geändert. Im Zweifelsfall war die Treue keine Frage.
Mit einer eleganten Bewegung stieg Eyris vom Pferd und strich sich eine Strähne hinter das Ohr. Anders als viele seiner Kameraden hatte er keinen Bart. Dennoch machte seine kühle, emotionslose Miene das wieder wett. Er folgte Ulf wie ein Schatten, niemand würde es wagen, sie anzugreifen.
Als Ulf stehen blieb, taten es auch er und seine anderen Mitstreiter. „Wartet hier. Ich hoffe, es wird nicht allzu lange dauern", sagte ihr Anführer und trat die Stufen des Gebäudes nach oben. Sie setzten sich auf die Stufen und wartete.
Während die anderen begannen, sich über den Kampf zu unterhalten, zog Eyris stumm sein Schwert und begann es zu reinigen. Es wird nicht mehr lange halten. Er würde eine neue Waffe brauchen, das wusste er.
„Ein Schlag auf die Seite und es wird brechen", erklang eine tiefe Stimme. Er musste nicht aufschauen, denn er wusste, wer mit ihm sprach. Es gab nicht viele, die ihn einfach so ansprachen. Sein Blick hob sich und er schaute in hellblaue Augen. Über das linke zog sich eine Narbe, wobei er Glück hatte und dieses nicht verloren hatte. Das Gesicht wurde von kurzem schwarzen, verwuschelten Haaren umrahmt und ein leichter Bart zierte dieses.
Der Mann vor ihm war größer und auch breiter als er selbst. Seine Muskeln hatte er vom Kampf und seiner Tätigkeit als Schmied, denn Iorund war einer der besten Schmiede des Landes. Jeder riss sich um seine Waffen. Zum Leid vieler suchte sich dieser jedoch seine Kunden aus und das nicht nach der Menge des Geldes, das man zu zahlen bereit war. Er stattete primär die Krieger aus, die ihr Leben dem Schutze des Dorfes widmeten.
„Die Klinge, die unsere Leben schützt, darf niemals stumpf sein. Kein Geld der Welt kann ein Leben bezahlen."
Das waren seine Worte gewesen.
Iorund schaute zu dem Eisprinzen, der wie immer nicht auf seinen Kommentar geantwortet hatte. Mit den Augen fuhr er dessen elegante Kinnlinie bis zu den Augen nach, die ihn mehr als alles andere reizten. In diesem wollte er das Feuer sehen, wie sie sich verdunkelten. Er wollte diesen Mann unter sich begraben und seinem Mund Laute entlocken, die niemand anderes jemals zu hören bekommen würden.
Eyris betrachtete die nackte Brust, denn der Schmied und Krieger trug nur eine lange schwarze Lederhose. Er kommt aus der Schmiede, denn der getrocknete Schweiß glänzte noch auf dessen Oberkörper. Langsam schob er das Schwert in die Scheide zurück.
Der schwarzhaarige Wikinger schaute ihn an, in seinen Augen ein glühender Blick. Diesen hatten unzählige Männer und Frauen ihm zugeworfen und niemals hatte er diesen erwidert. Er tippte seinen Kameraden an und zeigte in Richtung des angrenzenden Waldes, wo sich ebenfalls ein Fluss befand. Er wollte das Blut abwaschen. Dieser nickte nur und er erhob sich.
Stumm lief Eyris an dem Hünen vorbei, konnte für einen Moment die Hitze spüren, die er ausstrahlte. Er war sein Gegenteil und wusste immer noch nicht, weshalb er sich noch keine Frau oder Mann gesucht hatte. Jeder würde liebend gerne diese Position einnehmen. Geschichten über ihn und auch seine Fertigkeiten im Bett waren selbst an seine Ohren gedrungen.
Seine Schritte trugen ihn durch die Bäume zu dem kleinen Fluss, wo er seinen Metallharnisch ablegte und sein Oberteil aufknöpfte. Er konnte die glühenden Augen in seinem Rücken spüren.
Iorund musste ein Knurren unterdrücken, denn die helle Haut, die der Krieger vor ihm entblößte, ließ seine Finger zucken. Zu sehen, wie dieser sich das Blut abwusch, die Tropfen über den Oberkörper liefen, schürte das Feuer in seinem Unterleib. Die Blutspritzer in dessen Gesicht und auf der Kleidung hatten ihn mehr als erregt. Dieser Mann besaß eine tödliche Eleganz, das war unbestreitbar. Dennoch konnte ihn niemand haben. Eyris war wie ein seltenes Juwel, das jedoch außerhalb jeglicher Reichweite lag.
Als dieser Mann den Zopf löste und die Haare in das Wasser tauchte, um sie vom Blut zu reinigen, bewegten sich Iorunds Beine wie von selbst. Er legte die Hand an dessen Schulter. Anstatt ihn jedoch anzugreifen, drehte sich der Eisprinz nur zu ihm, schaute ihn an, schaute ihn mit diesen sturmgrauen Augen an. Sanft fuhr er durch die nassen Haare, entwirrte sie vorsichtig und zupfte die Reste aus diesen. Dann begann er diese gekonnt vom Ansatz zu flechten.
Warum? Eyris betrachtete stumm den Mann. Jedem anderen hätte er die Hand gebrochen, denn er ließ sich nicht anfassen, wenn es nicht notwendig war. Seine Hand ist so warm.
„Keine Sorge, ich hege keinen Todeswunsch. Dennoch sind diese Haare zu schön, als dass sie weiter beschmutzt sein sollen", sagte die tiefe Stimme. Die Finger fuhren vom Ansatz des fertigen Zopfes zu seinem Kinn. „Wie auch diese Blume, deren Gift tödlicher ist, ihre Stacheln versteckt."
Auf Eyris' Gesicht zeigte sich keine Regung, dennoch spürte er eine Veränderung. Eine Hand legte sich an die seine und zog sich sanft auf. Ein Ruck fuhr durch seinen Körper und ehe er sich versah, tauchte er in das kühle Wasser. Prustend tauchte er auf und schaute in das Gesicht des Eisprinzen. Dieser knöpfte sein Oberteil wieder zu und drehte sich einfach um. Kleiner Dämon, dachte der Schmied, während er sich über den Rand zog. Seine Kleidung war mit Wasser vollgesogen und Tropfen fielen aus seinen Haaren. „Das war es wert", rief er laut genug, dass der Eisprinz es noch hören konnte.
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Ísprinsinn minn & Járnsmiðurinn minn
Historia Corta𝟭) 𝗜́𝘀𝗽𝗿𝗶𝗻𝘀𝗶𝗻𝗻 𝗺𝗶𝗻𝗻 Eyris ist einer der besten Krieger seines Vikingerclans Hel's Sword unter der Göttin Hel. Feinde dringen in ihr Gebiet, also entschließen ihr Anführer, den Anführer des Nachbarclans den Claws of Fenrir. Während si...