„Ich frag mich ja immer noch, wo die ganze Kohle abgeblieben ist", sagte Jessica und hielt sich das Kühlpad, das sie im Kühlschrank in der Gemeinschaftsküche aufgetrieben hatte, unter ihr Auge. „Rohrbach hat sie nicht, Jonas Lüscher hat sie nicht und die Mafia hat sie auch nicht."
„Gute Frage", gab Plattenberg ihr recht, während er sich mithilfe der Spieglung in der Fensterscheibe eine dunkelblaue Krawatte mit geometrischem Muster band. Die dunkelgrüne mit den rosa Streifen passte natürlich nicht mehr zu dem sauberen, hellblauen Hemd, das er nun trug, aber er war ja ‚für alle Eventualitäten gewappnet'.
„Vielleicht sollten wir die Villa in Billerbeck selbst noch einmal durchsuchen, wie unser lieber Freund, Herr Hofkamp, es uns vorgeschlagen hat."
„Und die Rattenscheiße vom Boden kratzen?", erinnerte Jessica an den Vorschlag des Kriminaltechnikers.
„Zum Beispiel."
„Na dann, viel Spaß dabei."
„Den werden Sie sicher haben, Frau Schillert."
Am liebsten hätte sie ihm das Kühlpad an den Kopf geworfen, doch sie brauchte es noch.
Zufrieden strich er die perfekt gebundene Krawatte zurecht, trat vom Fenster weg und setzte sich hinter seinen Schreibtisch.
Plötzlich flog die Tür auf und Ralf Hofkamp spazierte in seinem Laborkittel herein, einen grauen Papierordner in der Hand.
„Hallöchen", grüßte er in Jessicas Richtung. Plattenberg ignorierte er, als wäre der gar nicht da.
„Ach, Herr Hofkamp! Welch ein Zufall, wir haben gerade erst an Sie gedacht!", rief dieser sich selbst in Erinnerung.
„Das ist wohl eher eine zweifelhafte Ehre", brummte Hofkamp und ließ sich auf den Stuhl vor Jessicas Tisch sinken, auf dem gestern noch Jörg Schmidtmann gesessen hatte. Es kam ihr so vor, als wäre das schon Jahre her.
„Was ist denn mit Ihrem Gesicht passiert?", fragte der Kriminaltechniker, nachdem er ihr blaues Auge bemerkt hatte.
„Ich habe einen Verdächtigen verfolgt."
„Na, hoffentlich sieht der nicht genauso aus. Sonst ist wieder der Aufschrei groß, von wegen Polizeigewalt und so."
„Der sieht noch schlimmer aus", quatschte Plattenberg dazwischen. „Der hat eine Gipshand."
Verblüfft starrte Hofkamp Jessica an. „Sie haben doch wohl nicht einen Verdächtigen verprügelt?"
„Der hatte den Gips vorher schon!"
Hofkamp schüttelte nur den Kopf und knallte dann den mitgebrachten Ordner vor Jessica auf den Tisch.
„Wir sind fertig", verkündete er.
„Womit?"
„Damit, den ganz Dreck aus Hubners Bude zu analysieren. Was für ein Saustall das vielleicht war!"
„Na, endlich! Das hat ja länger gedauert als der Hundertjährige Krieg." Plattenberg stand auf, kam zu ihnen herüber und nahm sich den Ordner einfach, obwohl Jessica ihn gerade aufgeschlagen hatte.
„Steht da wenigstens etwas Brauchbares drin? Nachdem der Freund von Herrn Lüscher dessen Alibi für die Tatnacht bestätigt hat, gehen uns nämlich langsam die Verdächtigen aus."
„Na ja, wir haben schon noch etwas gefunden", meinte Hofkamp selbstzufrieden. „Etwas, was nicht unbedingt in diese Drecksbude gehört."
„Und was?", wollte Jessica gespannt wissen und ließ das Kühlpad, was sie schon wurfbereit hatte, wieder sinken.
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Im Namen der Gerechtigkeit
Mystery / ThrillerNichtsahnend kehrt Lukas von einer Party zurück und findet seinen WG-Mitbewohner tot in der Wohnung. Schnell ist klar, dass er ermordet wurde. Doch warum bringt jemand einen stinknormalen Studenten um? Ist ein Streit außer Kontrolle geraten? Sind Dr...