Bevor er die Lichtung, auf der die Katzen des GewitterClans lebten, betrat, entdeckte er Nassfuß, die mit fragendem Blick auf ihn zukam. Dämmerwolke setzte Apfeljunges in das von den Bäumen fallende, rotgoldene Laub und erklärte seiner Feundin alles, denn er wusste, ihr konnte er vertrauen, und rausreden war unmöglich, zumal die Jungen WellenClangeruch an sich trugen. Nachdem er geendet hatte nickte Nassfuß besorgt. "Ich werde dir helfen, Wildstern zu überzeugen. Silberfluss hat recht, er ist ein weiser Kater und er weiß, ob es das Richtige ist, die Jungen aufzunehmen." Mit diesen Worten nahm sie Käferjunges auf und schritt hinter Dämmerwolke her, auf die Lichtung, zum Bau des Anführers.
Es waren wenige Katzen im Lager und die gerade Anwesenden gingen ihnen mit verachtender Miene aus dem Weg. Vor dem Bau Wildsterns kam ihnen Jagdkralle, der zweite Anführer, entgegen.
"Was, ist das eure Frischbeute?!", höhnte er und schritt hochnäsig an ihnen vorbei.
"Dämlicher Fellball!", nuschelte Dämmerwolke leise zwischen dem schwarzen Fell hervor und Nassfuß schüttelte nur abweisend den Kopf, dann setzte sie Käferjunges ab, um sich bei Wildstern anzukündigen.
"Kommt herein und setzt euch", ertönte die dunkle, klare Stimme des Anführers. Die beiden jungen Krieger traten ein und Dämmerwolke ließ sich mit Apfeljunges neben Nassfuß und Käferjunges nieder.
Er war erst einmal in dem großen, dunklen Bau des Anführers gewesen, als Schüler. Er war nicht größer als der Bau der Schüler, die Baumwurzeln ließen wenig Licht, aber dafür im Winter auch wenig Kälte herein.
An der hinteren Seite des Baus lag Wildstern auf eine dicke, weiche Schicht Moos gebettet und blickte den vier Katzen skeptisch entgegen.
"Es riecht nach WellenClan", knurrte er, Käferjunges und Apfeljunges betrachtend. "Woher kommen diese Jungen?"
Nassfuß sah erwartungsvoll zu Dämmerwolke, der senkte den Blick. Wenn Wildstern jetzt schon so abweisend auf die Jungen reagierte, was würde er sagen, wenn er erfuhr, dass sie vom WellenClan waren?
Würde Wildstern ihn und Nassfuß dann überhaupt noch anhören wollen?
Dämmerwolke beschloss, gar nicht auf die Frage seines Anführers einzugehen, sondern ganz am Anfang zu beginnen: "Vor zwei Monden", fing Dämmerwolke an und behielt dabei Wildsterns Ausdruck im Blick. "An einem Tag in der Blattgrüne, begann ein scheinbar unlösbarer Streit zwischen dem WellenClan und dem GewitterClan." Dämmerwolke zitterte am ganzen Körper, er hatte das unerklärliche Gefühl, seinen Anführer zu belügen, dennoch fuhr er fort: "Narbengesicht hatte sich zu dieser Zeit zwei Geschichten und beide bestanden sie nur aus Lügen. Diese Geschichten dienten dazu, die beiden Clans gegeneinander aufzuhetzen und einen Vorwand für einen Angriff zu haben. Vor dieser Zeit waren Silberfluss, eine Königin aus dem WellenClan, damals noch eine Schülerin kurz vor ihrer Krieger Zeremonie, und ich gute Freunde und selbst jetzt sind wir es noch. Beide wussten wir, dass die Geschichten, welche Narbengesicht erzählte, nicht stimmte. An solchen Lügen sollte unsere Freundschaft nicht zerbrechen.
Wir erzählten niemandem etwas von unseren Ahnungen, weil jeder viel zu sehr in den Hass auf den anderen versunken war. Das war vermutlich ein großer Fehler von uns, aber wer hätte schon zwei ahnungslosen Schülern geglaubt?!
Dämmerwolke zuckte zusammen, als e die Augen des Anführers aufblitzen sah, doch Wildstern miaute nur ruhig: "Fahr fort!"
Dämmerwolke nickte und erzählte weiter: "Wir trafen uns heimlich an verschiedenen versteckten Plätzen, heimlich, denn die Gefahr war zu groß, entdeckt zu werden. Als ich sie heute traf, war sie sehr mager, die anderen Katzen sind es wahrscheinlich auch. Das WellenClan-Lager wurde überflutet. Frischbeute ist knapp, die Milch der Königinnen um ihre Jungen zu versorgen auch. Niemand kann diese Jungen hier versorgen. Ihre Mutter starb in der Flutung. Silberfluss hat diese Jungen mir überlassen und hiermit, Wildstern, frage ich dich, wirst du sie in den Clan aufnehmen.
"Gesprochen wie ein Krieger! Dir ist klar, dass sie niemals richtig zum GewitterClan gehören würden und dass gerade die Tatsache, dass sie aus dem WellenClan kommen, es ihnen besonders schwer machen wird, jemals in diesem Clan akzeptiert zu werden.", sagte Wildstern. Hoffnungsvoll blickte Dämmerwolke in die nachdenklichen Augen seines Anführers und Nassfuß bekräftigte: "Sie können nichts für den Streit zwischen den Clans."
Wildsterns tiefe, dunkle Stimme ertönte wieder: "Ihr wisst, dass viele mich für einen kaltblütigen Egoisten halten, ich denke nicht, dass ich das bin, aber ich zweifle nicht daran, dass ihr nicht auch dazu gehört." Eine kurze Stille herrschte, eine unglaublich angespannte Stille, die Dämmerwolke immer nervöser werden lies. Schließlich sagte Wildstern: "Die Jungen dürfen bleiben."
Als er und Nassfuß Wildsterns Bau verlassen hatten, konnte Dämmerwolke ein freudiges Schnurren nicht unterdrücken.
Er hoffte, dass das Gespräch mehr bewirkt hatte, als die Aufnahme der beiden Jungen. Nassfuß schien das Gleiche zu denken.
"Glaubst du, er wird über den Streit zwischen den Clans nachdenken?", fragte sie und trieb die Jungen zur Kinderstube. Dämmerwolke antwortete nicht, er wusste es genau so wenig wie sie.
Er hörte ein Grummeln und sah verblüfft zum sonnenbeschienenen Himmel auf, bis ihm klar wurde, dass es Nassfuß' Magen war. "Ess etwas! Ich kümmere mich darum." Dämmerwolke warf einen bedeutenden Blick in Richtung der ehemaligen WellenClan-Kätzchen.
Sie brauchten bald die Milch einer Königin, sie waren noch klein und schwach. Er schob die Jungen, Käferjunges voran, durch den dichten Ginstertunnel in die belichtete Kinderstube.
Die beiden Königinnen, die gerade dort waren, blickten ihn überrascht an. Efeuschweif, die älteste Königin im GewitterClan, sprach Sandwind einen kurzen Abschied zu und scheuchte ihre Jungen, die schon fast bereit für ihre Schülerzeremonie waren, nach draußen. Dämmerwolke starrte Polarjunges, das Junge der noch verbliebenen Königin Sandwind an.
Es war jünger als einen viertel Mond und hatte, wie auch Käferjunges und Apfeljunges, noch geschlossene Augen.
Sandwind hatte nur ein Junges geboren, sie würde die beiden neu Aufgenommenen gut versorgen können.
Dämmerwolkes Blick musste unbeabsichtigt ziemlich feindselig gewesen sein, denn Sandwind legte schützend ihren Schwanz um ihr einziges Junges und fauchte: "Wenn du ihn nicht magst, dann verschwinde!" Ihr Blick fiel auf die fremden Jungen und sie behielt sie eine Weile im Auge. "Wer sind die?", fragte sie, immer noch mit hasserfüllter Stimme. Vorsichtig erzählte Dämmerwolke die ganze Geschichte erneut, diesmal Sandwind und hoffte, so überzeugend zu klingen, wie er es bei Wildstern war. Sein Mut schwand, als sie ihn danach immer noch misstrauisch anstarrte. Sie hatte ihn noch nie wirklich leiden können und hatte auch keine Scheu, ihm dies zu zeigen.
Als sie die Jungen erneut beobachtete, wie sie hilflos umher krabbelten und nach Muttermilch suchten, wurde ihr Blick weicher.
"Ich werde sie bis zu ihrer Schülerzeremonie bei mir aufnehmen, aber du, verschwinde, sofort!" Dämmerwolke beobachtete noch kurz, wie die Königin die Neuankömmlinge vorsichtig an ihren Bauch schob und sie beruhigend leckte, dann warf sie ihm einen warnenden Blick zu und fuhr die Krallen aus. Dämmerwolke verschwand, bevor die Krallen der temperamentvollen Königin über seine Schnauze fuhren.