Kapitel 11

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Ich lag im Bett, spürte, wie Liams Arme sich um mich schlangen und mich fest an sich drückten. In meinen Ohren hallten die Explosionen noch immer nach, die wir in den Bunkern hörten. Von der Decke rieselte Staub, der gar nicht wirklich da war und dauerhaft hing mit der Geruch von Snows Rosen in der Nase. Rosen… Die Rosen, die er über uns abgeworfen hatte und die Rosen, die die Luft verpesteten… Die Rosen, die eine reine Warnung an uns waren. An Katniss waren. An mich waren.

Eine orange lag auf meinem Nachttisch. Warum ich sie mitgenommen hatte? Ich wusste es nicht… ich wusste es wirklich nicht. Wahrscheinlich, weil das ich war. Ich war die eine orange Rose zwischen tausenden weißen. Ich gehörte zu ihnen und doch… doch irgendwie nicht. Dass ich mich auf eine Rose konzentrieren konnte war ein Wunder, denn Gale war fort. Mein Bruder Gale war einfach… fort.

Nein, natürlich war er nicht tot, quicklebendig war er sogar, aber er war auf der gefährlichsten Missionen überhaupt. Er befreite sie. Er befreite die anderen Tribute… er befreite die Gefangenen. Er befreite Peeta.

Ich begann zu zittern und spürte, wie sich Liams Arme fester um mich schlossen. Auch er war mit Gedanken bei seinem Bruder. Finnick war nicht dort, natürlich war er nicht dort, er war ein emotionales Wrack. So wie ich es nun mal auch war. So wie viele Tribute es waren, abgesehen von Eric, den man sowieso nie einschätzen konnte.

Finnick war oben bei den Rosen und er redete, er redete darüber, wie ihn das Kapitol benutzt hatte, ihn verkauft hatte und er redete über die Geheimnisse. Die Geheimnisse, die ihm als Währung dienten. Ich hörte nicht zu, da Liam nicht zuhören wollte. Also vergruben wir uns hier und schwiegen. Es war ein erholsames Schweigen, da wir wussten, dass es so schnell nicht auseinander gerissen wurde und wir es genießen konnten. Natürlich könnte es sein, dass wir alle starben, aber… hoffentlich ließ man uns davor noch einen Moment. Einen Moment, der nur uns gehörte, in dem keiner über den unmittelbar bevorstehenden Tod nachdenken musste, an die Spiele denken musste…

Natürlich war unser Geist nicht ruhig, dafür passierte im Moment zu viel, dafür hatten wir zu viel gesehen, aber es war nah dran. Vorsichtig drehte ich mich zu ihm. Seine Augen waren geschlossen. Er lächelte nicht, trotzdem sah man das Grübchen, dass sich durch das viele Lächeln in seine Wange gegraben hatte und sollten wir wirklich alt werden… sollte es so sein… dann sollte das Fältchen ruhig noch tiefer werden. 

Als ich bei dem Gedanken seufzte, schlug er die Augen auf und sah mich an. „Alles okay?“, wisperte er und streichelte mir eine Strähne aus dem Gesicht. Selbst der Untergrund hatte es nicht vermocht die Bräune und das Strahlen seiner Haut zu nehmen. Das war bewundernswert wo ich doch aussah wie ein Geist. Ich wusste selbst nicht, warum ich mir darüber jetzt Gedanken machte, es war mir einfach so in den Kopf gekommen.

„Ja… alles okay“, antwortete ich ihm leise und küsste ihn kurz flüchtig auf die Lippen. Wie immer konnte ich es kaum glauben, dass er mich überhaupt noch wollte. Ich war ein Wrack, das konnte keiner abstreiten, auch wenn sie es andauernd taten.

Ich ließ meinen Kopf auf seine Brust sinken und lauschte einen Augenblick seinem Herzschlag. Es vermischte sich mit dem Rauschen der Lüftung und wiegte mich langsam in einen ruhigen Schlaf.

Ich spürte, wie jemand mich vorsichtig an meinen Schultern schüttelte. „Sie sind zurück“, sagte Liam, der sich über mich beugte.

Sofort richtete ich mich auf und sprang aus dem Bett. „Wie lange schon?“

„Gerade erst“, erwiderte er.

Ich nickte, brachte meine Haare in Ordnung und lief dann mit schnellen Schritten los. Ehe mir klar wurde, dass ich nicht wusste, wo sie überhaupt waren.

Liam kam neben mir zum Stehen. „Die Krankenstation, komm.“ Er ergriff meine Hand und zusammen liefen wir in den reinlich weiße und nach Desinfektionsmittel riechende Trakt, den ich noch gut genug aus meiner Quarantänezeit kannte.

Die Tribute von Panem - Falsches SpielWo Geschichten leben. Entdecke jetzt