Kapitel 2

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Margret warf mir einen undurchdringlichen, finsteren Blick von ihrem Beet zu.

„Hat die junge Miss Hawthorne mal wieder ihre extra Wurst bekommen?", fragte sie säuerlich.

Von Greasy Sea bis Mags hatte ich bis jetzt nur nette alte Damen kennengelernt, es war wohl nur eine Frage der Zeit, bis ich auf eine säuerliche, alte Hexe traf, die mich zu hassen schien. Nur mich. Dabei hatte ich ihr nichtmal was getan! Alle sagten immer wie eindrucksvoll sie doch wäre, immerhin hatte sie es geschafft in fünf verschiedenen Distrikten zu leben und nicht erwischt worden war. Ich konnte mir nicht erklären, was sie gegen mich hatte. Sie war sogar ursprünglich in zwölf aufgewachsen.

Ich kniff die Augen zusammen. „Tut mir leid, dass nach den Spielen psychisch angeknackst bin", zischte ich und warf ihr einen vernichtenden Blick zu. Ich hockte mich ins Beet und fing an Bohnen zu ernten.

Margret schlug mir auf die Finger. „Hör auf so an den Pflanzen zu reißen! Das habe ich dir schon tausend mal gesagt!", zischte sie und dann murmelte sie etwas von wegen, warum sie immer mich Inkompetente bekam.

Ich seufzte leise und machte vorsichtiger. Ich hatte wieder einen dieser Tiefpunkte erreicht. Einen der Tiefpunkte, in denen ich gerne in mir zusammenfallen würde und den Damm, der meine Tränen aufhielt, aufbrechen würde. Der Moment, in dem ich keinen Sinn mehr sah. In dem ich alles hasste. Jeden hasste. Am meisten mich selbst. Ich blickte mich um, stand auf.

Meine Bohnen landeten auf einem Haufen ihrer Artgenossen und ich schnappte mir eine Sichel.

Unser kleines Feld brachte schon einiges reifes Getreide zu Stande. Ein paar Kinder viele davon aus Neun und Elf hatten sich an die Ernte gemacht. Ich begann am Rand ihnen zu helfen.

„Lily!", rief mir jemand zu. Ich blickte aus meiner Hockposition auf.

Meine Hand schirmte die Sonne ab und ich sagte schließlich: „Hey, Luchs." Ich zwang meine Lippen zu einem kleinen Lächeln. Mein Kopf suchte sich hier wohl für jeden Menschen meiner Vergangenheit ein neues Gesicht. Hope war Prim, Madge war auf irgendeine Weise Katniss, Daniel war Peeta und Luchs war... Luchs war Rory und Vick.

Ja, wie beide. Ich vermisste sie. Ich vermisste sie so sehr. Ich vermisste sie und Posy und Mum und... Gale. Gale, der sich sicher in Schwierigkeiten brachte. Jede Sekunde. Jede Sekunde.

Gale, der wahrscheinlich voller Gewissensbisse und Selbsthass daran dachte, dass er mich nicht geholt hatte. Wenn er... Noch lebte. Bei diesem Gedanken musste ich schwer Schluck. Natürlich lebte er noch. Natürlich.

Luchs kam zu mir geeilt und setzte mir einen Strohhut auf den Kopf.

„Du musst vorsichtig sein, die Sonne ist ganz gefährlich", sagte er und lächelte mich an.

Innerlich verdrehte ich die Augen. Natürlich war das richtig, aber diese schlaue Weisheit hatte er sicher von Margret gelernt.

„Danke, Luchs. Da hast du recht", ich lächelte schief, „Gerade bei unserem roten Haar."

Ich strubbelte ihm durch sein Haar und er verzog das Gesicht.

„Lily!", sagte er empört lachend.

Er war ein Kind. Er war noch ein Kind. Die Mehrheit hier waren Kinder. Das war nicht fair. Aber das Leben ist nicht fair. Das war es nie und das wird es nie sein. Es wird uns immer verspotten und auslachen. Es tritt nach, wenn wir schon am Boden liegen. Fest und stark, damit wir unten bleiben.

Unten am Boden, im Staub, im Dreck. Da wo wir hingehörten.

Ich blickte Luchs an und sah in seine weichen, braunen Augen. Wie die eines Rehkitzes. Ganz unschuldig... So unschuldig. Sie glaubten noch fest an die Sicherheit der Welt, sie glaubten nicht an den Zerfall, der schon lange begonnen hatte.

Die Tribute von Panem - Falsches SpielWo Geschichten leben. Entdecke jetzt