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Lilith
vor sechs Jahren

"Wie geht es ihnen?" fragt mich der Arzt und erschöpft öffne ich wieder meine Augen. Schon das zweite Mal fragt er es mir und er geht mir langsam auf den Sack. Ich fühle mich leer und komisch. Gleichzeitig fühle ich mich so, als wäre ich gerade von einer harten Narkose aufgewacht. Meine Augen erblicken wieder seine schwarzen Augen und ich betrachte den Herren vor mir etwas genauer. Er ist um in den 40er Jahre und begutachtet mich. "Was ist passiert?" frage ich etwas erschöpft und zittrig und der Mann schaut mich etwas mitleidig an. "Sie sind auf ihren Bauch gefallen," beginnt er und schluckt. „Leider war der Aufprall etwas zu stark. Sie haben ihren Sohn verloren. Es tut mir leid," flüstert er und ich schaue ihn an. Meine Hand ertastet meinen Bauch und ich spüre die Leere in mir. Wo ist mein Baby? Wo ist mein Kind? Panisch ertaste ich meinen Bauch wieder mit meinen beiden Händen und stehe auf. Mir wird kurz schwindelig, aber ich blinzele es schnell weg und schaue hin und her. Im Raum befinden sich nur Möbel, der Arzt und meine armselige Seele. Wo ist mein Kind? Abrupt verschwinde ich barfuß aus dem Zimmer, so dass ich in der Mitte des Flures bin.

"Ms Valentina, beruhigen Sie sich bitte," sagt der Arzt und fasst mich am Schulter an. Direkt ziehe ich es weg und schaue im Flur hin und her ehe all zu bekannte Gesichter vor mir erscheinen. Ohne zu denken gehe ich auf meinen Vater los und schreie ihn an. "Alles wegen dir. Wegen dir hab ich meinen Sohn verloren," schreie ich ihn an und haue gegen seine Brust. Ich wiederhole die Wörter immer und immer wieder und sein Blick bleibt kühl. "Du wirst mir danken," sagt er mir und ich höre direkt auf ihn anzuschreien. Was hat er gesagt? Dankbarkeit? Will er mich verarschen? Ich hab meinen Sohn gerade verloren und er sagt, ich solle ihm dankbar sein. Schmerz entsteht in meinen Augen und meine Arme bleiben schwach stehen. Tränen fließen aus meiner Auge und ich versuche mein Schluchzen zu bedecken. Wie kann ein Vater so gefühllos sein und glücklich darüber sein, dass sein Enkelkind gestorben ist. Der Mann vor mir ist ein Mörder. Der Mörder meines Kindes und es ist ihm bewusste, denn das Licht in seinen Augen sagt mehr als tausend Wörtern. Ich schaue ihn eklig an ehe ich aus dem Krankenhaus verschwinde.

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Seufzend öffne ich meine Schuhe und kicke sie mit meinem Fuß weg. Meine Jacke hänge ich auf und ich begebe mich ins Wohnzimmer, wo mein Freund sitzt und ein Haus aus Pappe erstellt. Er sitzt auf dem Boden und betrachtet sein kleines Werk auf unserer Couchtisch. Konzentrierend schneidet er aus Pappe verschiedene Forme heraus und klebt sie zusammen. Er hat mich noch nicht gemerkt und ich betrachte meinen sexy Freund. Seine schwarzen Haare sind leicht lockig und fallen ihm auf die Stirn. Er trägt einen grauen Jogginghose und einen weißen T-Shirt. Seine schönen grünen Augen betrachten das Werk vor ihm und seine beiden Augenbrauen sind leicht zusammengekniffen, so dass eine kleine Falte zwischen seinen Augenbrauen entstehen.

Linus und ich haben uns vor zwei Jahre kennengelernt und das auf einer Party. Meine beste Freundin und er sind Cousins und sie stellte mich ihm vor. So begann unsere Kennenlernphase, daraus wurde Freundschaft, dann Affäre und jetzt sind wir zusammen. Damals war er noch vergeben und ja, ich hab mich an ihn ran gemacht. Sophie, so hieß seine Exfreundin, hat mich schon seit dem wir Kleinkinder waren, immer fertig gemacht. Sie hielt sich für besser, für schlauer und für besondererer, da beide ihrer Eltern Ärzte sind. Dort wollte ich mich für meine Kindheit und Jugendzeit rächen, in dem ich ihren Freund ausspanne. Als sie es herausfand, wich jegliches Blut aus ihrem Gesicht und sie bezeichnete mich als Schlampe. Seit dem Tag sah ich sie nie wieder. Das ausspannen hat auch gut geklappt und aus reinem Spaß, wurde was ernstes. Linus ist mein Glück. Mein Leben. Er hat mir viele Türe geöffnet. Auch wenn mein Vater ihn über alles hasst, ich liebe seine Art. Er ist treu, lieb und warmherzig und wäre eigentlich ein toller Vater gewesen.

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