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Tief in Gedanken versunken und unentschlossen sagte er seiner Mutter etwas später, dass er noch einmal rausgehen ging und sie sich ausruhen solle. Als Jimin aus dem Kellerraum herauskam, setzte sich auf eine kleine, halb stehende Mauer. Sein Blick schweifte in die Ferne, als er den Kopf leicht schief legte.
Seine Hände lagen auf seinen Knien, und er drehte langsam einen Ring an seinem Finger, den er irgendwann mal gefunden hatte. Sein Gesichtsausdruck wechselte zwischen Besorgnis und Entschlossenheit, während er über seine Mutter nachdachte. Er verstand, dass sie Angst hatte, ihn ebenso zu verlieren wie seinen Bruder. Er wollte ihr nur helfen und für sie da sein, damit sie nicht in Schwierigkeiten geriet.

Als Jimin den Blick auf die Slums richtete, spürte er, wie ihm ein unangenehmes Kribbeln den Rücken hinablief. Die Aussicht auf die Slums war von einer düsteren, trostlosen Atmosphäre geprägt, die einen Hauch von Schrecken erzeugte. Die Luft war schwer und verbraucht, und man konnte den Geruch von Müll und Verwesung in der Luft wahrnehmen.
Die Häuser waren größtenteils aus Überresten, Trümmern und schmutzigem Beton gebaut und wirkten wie verlassene Ruinen; sie vermittelten ihm das Gefühl, dass hier seit Jahren niemand mehr gelebt hatte. Der Anblick der tentakelartigen Auswüchse aus Stromkabeln und Rohren, die wie geisterhafte Arme aus den Wänden ragten, ließ ihn das Gefühl bekommen, als würde er von unsichtbaren Augen beobachtet werden. Instinktiv zog er seine Füße näher an sich heran und umklammerte seine Knie. Die schmutzigen Straßen und die allgegenwärtigen Graffiti und verfallenen Gebäude vermittelten ihm das Gefühl, als ob er in einer anderen Welt gefangen wäre, von der es kein Entrinnen gab.

Seine Augen weiteten sich, und er konnte den Schmerz und das Leid der Menschen förmlich spüren, während er ihre schmerzerfüllten Schreie hörte, die die Luft erfüllten. Als er die Müllberge und alten, rostigen Autowracks in den Hinterhöfen sah, wurde ihm bewusst, dass hier nichts mehr übrig geblieben war. Er verzog leicht das Gesicht; Er konnte den Gestank förmlich schmecken, der durch die schwüle, dunkle Luft wehte. Das Gefühl der Trostlosigkeit und Verzweiflung schien sich in den Menschen hier festgesetzt zu haben.
Ratten huschten zwischen den Müllsäcken umher, und ein paar streunende Hunde und Katzen durchsuchten den Müll nach Essensresten. Die wenigen verwelkten und kraftlosen Bäume und Sträucher, die es gab, vermittelten den Blonden das Gefühl, als ob die Natur selbst hier aufgegeben hatte.

Als er über die Entstehung der Slums und der Mauer nachdachte, ballte er die Fäuste und biss sich auf die Unterlippe, während sein Gesicht von Wut und Trauer verzerrt wurde. Es hatte irgendwann einen Krieg mit einer benachbarten Insel gegeben, wodurch Seoul und die heutigen Slums zerstört wurden. Nach dem Krieg wurde die große Mauer errichtet, die ursprünglich als Schutz dienen sollte, aber im Laufe der Jahrzehnte zu einer Trennungslinie zwischen Arm und Reich wurde.
Die Errichtung der großen Mauer hatte nicht nur eine Trennungslinie zwischen Arm und Reich geschaffen, sondern auch eine Trennung zwischen den Menschen und der Natur. Die Menschen wurden sofort sortiert: Jeder, der nicht zum Wiederaufbau der Insel beitragen konnte, durfte nicht im Schutz der Mauer leben.

Die Kluft zwischen Arm und Reich und die Macht, die diejenigen in Sicherheit und Reichtum auf Kosten der Armen ausüben konnten, war immens. Es war hart, aber sie hatten keine andere Wahl, als sich an die neue Realität und ihr Schicksal in einer zerstörten Müllhalde anzupassen.
Die Errichtung der großen Mauer nach dem Krieg mit der benachbarten Insel hatte eine noch größere Kluft geschaffen. Die Geschichte über die Entstehung der Slums und der Mauer wurde von Generation zu Generation weitergegeben, doch Jimin konnte nur ahnen, wie viel davon wirklich der Wahrheit entsprach.

Jimin atmete tief durch und schüttelte seinen Kopf. Plötzlich streckte er seinen Arm aus und deutete auf die Mauer. "Irgendwann überwinde ich dich, warte nur", flüsterte er sich selbst zu und ballte seine Hand zur Faust. In der Ferne konnte man die übergroße Mauer und die bunten Lichter sehen, die hinter der Mauer in den Himmel ragten und die Nacht erleuchteten. Das ließ Jimin nur erahnen, wie anders das Leben jenseits der Mauer sein musste.
Waren seine Träume und Wünsche tatsächlich so fernab von der Realität? Er träumte von einer Welt ohne diese trennende Barriere, in der die Menschen nicht nach Arm und Reich kategorisiert wurden – eine Welt, in der jeder die gleichen Chancen erhielt, unabhängig von seinem sozialen Status. Er fühlte sich wie ein Fremder in seiner eigenen Stadt und sehnte sich nach einem Leben, das ihm verwehrt blieb.

Seine Lippen formten einen traurigen, aber auch entschlossenen Ausdruck. Er dachte darüber nach, welche wunderbaren Freunde er trotz der beklemmenden Umstände in seinem Leben hatte. Er wusste, dass er nicht allein war und trotz allem glücklich sein konnte. Sie waren wie eine Familie für ihn, die alle in derselben schwierigen Situation steckten und einander halfen. Sie lachten und spielten zusammen, teilten knapp bemessenes Essen und erzählten sich Geschichten, die ihnen für einen Moment die bittere Realität vergessen ließen. Jimin wusste, dass er ohne sie nicht überleben könnte. Eine tiefe Dankbarkeit und Zuneigung erfüllten ihn, wenn er an die Menschen in seinem Leben dachte, die ihm Hoffnung gaben und ihm halfen, durchzuhalten. Zusammen fühlten sie sich weniger machtlos und hoffnungslos in dieser grausamen Welt.

Ein schwerer Seufzer entrang sich Jimins Lippen, als er den Blick wieder auf die Slums richtete. Die Armut und das Elend breiteten sich wie eine dunkle, erdrückende Wolke über den Slums aus, doch er wusste, dass es nichts brachte, sich Gedanken über Dinge zu machen, die er nicht ändern konnte.

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Set Me Free ʸᵒᵒⁿᵐᶦⁿWo Geschichten leben. Entdecke jetzt