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»Bravo, Sandrine!«, entgegnete Sandrines Vater mit einem breiten Lächeln im Gesicht.

»Na, wie war ich?«

»Très manifique, ma fille! Und weil du morgen Geburtstag hast, haben deine Maman und ich ein ganz besonderes Geschenk für dich.«

»Ein besonderes Geschenk?«

»Dir gebührt die Ehre, in deiner eigenen Show vor der High Society Frankreichs aufzutreten.«

Sandrines Augen wurden riesig, als ihr Vater ihr die gute Nachricht überbracht hatte. Nie im Leben hätte sie sich auch nur im Entferntesten ausgemalt, einmal vor den mächtigsten Männern und Frauen Frankreichs auftreten zu dürfen.

Bisher hatten Sandrines Eltern sie nicht für reif genug gehalten, ihre eigene Nummer zu planen und vor einem realen Publikum umzusetzen. Doch in letzter Zeit legte sie sich so sehr ins Zeug, dass selbst ihr Vater und Trainer - der nebenbei noch als ihr härtester Kritiker gilt - vollends von ihrem Können überzeugt gewesen war.

Sie fiel ihm voller Vorfreude in die Arme. Freudentränen kullerten über ihre Wangen, die sie rasch wegwischte, um nicht schwach zu wirken. Denn, wenn ihr Vater etwas nicht leiden konnte, dann waren es unkontrollierte Gefühlsausbrüche.

»Merci, Papa!«, wisperte sie in sein Ohr. »Das ist das schönste Geschenk, das ihr mir machen konntet. Ich danke euch aus tiefstem Herzen.«

Anschließen wandte sie sich ihrer Mutter zu, die weitaus mehr Verständnis für ihre Tochter hatte, und ihre nassen Wangen mit ihren beiden Daumen trocken wischte.

»Du hast es dir verdient!«, entgegnete sie voll Stolz. »Aber das ist nicht alles ...«

Sandrine legte den Kopf schief. Noch nicht alles? Sie fragte sich, was es mit den Worten ihrer Mutter auf sich hatte und folgte aufmerksam jeder ihrer Bewegungen.

Als sie ihr schließlich eine rote Geschenkverpackung reichte, welche mit einer großen weißen Schleife verziert gewesen war, konnte Sandrine ihren Augen nicht trauen.

Noch ein Geschenk? Damit hatte sie nun wirklich nicht gerechnet. Sonst gab es nur Kleinigkeiten, wie kandierte Nüsse oder neue Ballettschuhe, weil die alten bereits vollends abgenutzt gewesen waren.

Doch Sandrines achtzehnter Geburtstag schien nicht nur etwas Besonderes für sie gewesen zu sein, sondern auch für ihre Eltern.

Für gewöhnlich durften sich die Kinder der Artistenfamilie Laframboise dann entscheiden, ob sie beim Cirque Ballerine bleiben, oder einen anderen Lebensweg einschlagen wollten. Natürlich war es im Interesse von Sandrines Eltern, dass sie blieb. Immerhin war sie eine der wenigen Feuer-Artistinnen und nun mehr die Hauptattraktion der Show, nachdem in Frankreich keine Tiere mehr in Zirkusvorstellungen auftreten durften.

»Na los, mach es schon auf!«

Sandrine nickte und nahm voller Vorfreude das Päckchen entgegen. Zaghaft zupfte sie am roten Geschenkpapier, ehe sie es nicht länger aushielt, auch nur eine Sekunde länger zu warten. Als sie die braune Pappschachtel öffnete und sah, was sich darin befand, setzte ihr Herz beinahe einen Herzschlag aus.

»Maman! Das ...« Sie kam kaum mehr aus dem Staunen hinaus. »Das ist zu viel! Das kann ich auf keinen Fall annehmen und überhaupt ...«

Mit einem lauten Shhhh unterbrach Sandrines Mutter sie und schloss sie kurz darauf in eine feste Umarmung. »Das hast du dir verdient, Liebes.«

Behutsam griff sie nach dem roten, elastischen Kostüm, welches ihre Mutter für sie genäht hatte, hielt es an ihren grazilen Körper und betrachtete sich im Anschluss daran im großen Wandspiegel des mühsam aufgebauten Umkleideraumes.

Sandrine - Playing with FireWo Geschichten leben. Entdecke jetzt