Kapitel 21: Schuldbekenntnis

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NURAMON

Ich hörte aufmerksam den Berichten der Gärtner zu und erfuhr von einigen Stadtbewohnern, dass es sich ausbreitete und schon bald die Felder erreichen würde, auf denen das Korn demnächst erntereif sei. "Könnte es sich um eine Krankheit handeln?", erkundigte ich mich und begutachtete eine tote Pflanze. "Wenn es eine ist, dann ist es keine, welche uns bekannt ist", erklärte einer und fuhr fort, "Aber egal, ob es nun eine ist oder nicht: Sie befällt alles, was lebt, unbeachtet, ob es essbar ist oder nicht. Und sie breitet sich schnell aus." Alle Anwesenden schauten einander beunruhigt an. "Habt ihr schon versucht, neue Pflanzen anzubauen?", wollte ich wissen und versuchte ruhig zu bleiben. Wenn sie merken, dass ich beunruhigt bin, überträgt sich das nur. Und panische Leute kann ich jetzt nicht gebrauchen.

Ich erhob mich wieder und Magda schüttelt den Kopf. "Es wächst nichts. Der Boden ist tot und enthält keine Mineralien, welche die Pflanzen brauchen. Und das wenige, was wir retten konnten, ist entweder verfault oder vertrocknet." Sie reichte mir einen Apfel, der von außen zwar genießbar erschien, aber sein Innenleben war vollkommen schwarz. Ein widerlicher Gestank drang mir in die Nase und ich zog den Kopf zurück. Genau wie bei dieser alten Frau... sie hat mir dasselbe gezeigt. Ich hätte nicht gedacht, dass es so schnell fortschreitet. Ich runzelte die Stirn. Was sagte sie noch gleich? Angestrengt dachte ich nach.

"Eure Hoheit. Ist alles in Ordnung?", erkundigte sich Magda besorgt und berührte mich am Arm. "Ja", ich räusperte mich kurz und sprach dann laut: "Wir werden das retten, was jetzt noch zu retten ist. Holt die Ernte ein, auch wenn es vielleicht noch zu früh ist. Überprüft die Kornkammern und Speicher des Schlosses. Stellt Verpflegung für die Bewohner bereit. Es muss streng rationiert werden. Kümmert euch um die Alten und Verletzten sowie Mütter mit Kindern. Sie haben Vorrang, was Nahrung und Medikamente angeht. Alle anderen sollen bei der Ernte helfen. Das ist ein ernster Notfall." Alle schauten mich mit hoffnungsvollem Blick an und schwärmten augenblicklich aus, um meine Anordnung weiterzugeben und auszuführen.

Eine einzelne Person war jedoch stehengeblieben.

ARYA

Ich bin die Ursache für das. Diese Wahrheit, welche mir die ganze Zeit bewusst gewesen war, traf mich auf einmal mit solcher Wucht, dass ich strauchelte und zu Boden sank. Ich spürte, wie Nuramon mich festhielt, sodass ich mich nicht verletzte.

Jetzt weiß ich, warum ich so schnell wieder gesund geworden bin... Die Natur hatte ihr Leben auf mich übertragen, damit ich überlebte. Sie hatte ihren Tod in Kauf genommen, um mich zu retten. Da ich meine Aufgabe als Göttin nicht vollbringen kann, verdirbt alles. "Das ist meine Schuld." Ich merkte gar nicht, dass ich es laut ausgesprochen hatte. "Arya. Nein. Das ist nicht wahr.", versuchte er mich sanft zu beruhigen. Energisch schüttelte ich den Kopf und befreite mich aus seiner Umarmung. "Du weißt ebenso wie ich, dass es so ist." Ich schaute in seine Augen. Sie sprachen genau das aus, was ich eben festgestellt hatte und er erwiderte nichts.

"Ich bin schon viel zu lange hier. Ich bin der Grund, warum dein Land zugrunde geht und gehen wird. Ich muss zurück in meine Welt, um deine wiederherzustellen." Aber wie? Mutter sagte, dass eine Rückkehr unmöglich sei. Aber Moritas hat es damals auch irgendwie geschafft. Es muss einen Weg geben. "Aber es ist nicht das, was du willst, nicht wahr? Du tust es aus Gewissensbissen und Schuldgefühlen." Seine Worte trafen mich und ich wollte widersprechen, aber ich fand keine Worte.

"Ich habe keine Wahl Nuramon...", flüsterte ich nach langem Schweigen. "Es wäre falsch, wenn ich in deiner Welt bliebe, auch wenn es das ist, was ich mir von ganzem Herzen wünsche. Das wäre egoistisch und so darf eine Göttin nicht handeln. Sie muss immer das Beste für die Menschen tun. Ihre eigenen Wünsche sind bedeutungslos." Ich schaute in die Ferne. Diese Worte hatte Mutter einst zu mir gesagt... Ich fühlte mich gefangen zwischen zwei Welten. Eine Stimme flüsterte zu mir, ich solle meinem Herzen folgen, die andere, dass das Wohl der Menschen immer Vorrang hat. Und was ist mit meinen Wünschen?

Die Anziehung des UnbekanntenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt