Wenn man plötzlich an für immer denkt - Steffi (3)

Kapitel 361

Als Steffi am nächsten Morgen wach wurde, hatte sie überhaupt keine Lust, aufzustehen. Sie lag in ihrem Bett in der Wohnung in Bremen, die sie sich jetzt mit Noah teilte. Seitdem hatte sich hier auch einiges verändert, denn hauptsächlich nutzte Noah die Wohnung für seine Arbeit als Fotograf. Aber trotzdem hing immer noch ihr Herz an dieser Wohnung. Sie schaute sich um und warf durch ihre Zimmertür einen Blick auf den Flur. Sie musste daran denken, wie Wincent sie hier vor 2 Jahren das erste Mal besucht hatte und Brötchen mitgebracht hatte. Sie hatte sich damals sofort in seine spontane Art verliebt. Und jetzt? Jetzt sorgte es immer wieder für Streit. Aber war es wirklich ein Streit? Oder brauchten die beiden das manchmal, um wieder daran erinnert zu werden, was sie eigentlich an dem jeweils anderen liebten? Und da fielen Steffi auch sofort 1000 Dinge ein. Sie musste lächeln. Sie würden nachher einfach telefonieren und dann nochmal in Ruhe über alles sprechen. Und dann dachte sie an den Moment, als sie nach dem Besuch beim Frauenarzt hier im Flur standen. Es fühlte sich an, als wäre es gestern gewesen. Sie hatten gerade die Nachricht erhalten, dass das Baby tot war. Sie musste an Wincents Reaktion denken, wie er einfach aus der Wohnung gerannt war. An den Schmerz, den er damit zum Ausdruck gebracht hatte. Sie musste schlucken. Sie hatten das alles geschafft, und sind daran auch noch enger zusammengewachsen. Plötzlich kam ihr dieser kleine Streit von gestern noch dummer vor. Und trotzdem machte es sie auch traurig, dass Wincent jetzt nicht bei ihr sein konnte. Sie hätte ihn wirklich gebraucht, um das Interview zu überstehen. Aber das ging nunmal nicht, also musste sie da alleine durch. Sie hatte sich heute nichts vorgenommen und wollte den Tag einfach genießen. Mit einem Kaffee setzte sie sich später auf den Balkon und atmete die noch kalte Frühlingsluft ein, als plötzlich ihr Handy klingelte. Es war Wincent. Ein flaues Gefühl machte sich in ihrem Magen breit. Aber sie freute sich auch, dass er von alleine anrief. “Hey.” meldete sie sich kurz und wartete auf eine Antwort am anderen Ende. “Hey. Habe ich dich gestört?” fragte Wincent vorsichtig. “Nein, hast du nicht. Ich sitze gerade mit nem Kaffee aufm Balkon. Hast du gerade Pause?” fragte sie und wieder dauerte es einen Moment, ehe Wincent antwortete. “Ja, leider nur kurz. Aber ich wollte die nutzen, um mich bei dir zu entschuldigen. Es tut mir leid, dass ich gestern so unaufmerksam war. Und dass ich dich übergangen habe. Ich wollte dich damit nicht verletzen.” Steffi konnte an seiner Stimme hören, dass es ihm wirklich leid tat. Sie lächelte. “Ach Winnie, das weiß ich doch. Entschuldigung angenommen. Mir tut es auch leid, was ich da gestern gesagt habe. Ich war nur einfach so wütend, weißt du?” “Ja, das kann ich total verstehen. Wenn du willst, sage ich das alles wieder ab. Wir können auch hier in Deutschland was Cooles finden.” “Bist du bescheuert?” rief Steffi da sofort ins Handy. “Auf keinen Fall sagst du das ab. Das ist doch ne mega Sache für euch.” Wincent musste schmunzeln. “Ja, ich glaube das könnte echt geil werden. Aber meinst du, du kannst wirklich nicht mitkommen?” Steffi zögerte. Die Vorstellung, mit Wincent und dem Rest seiner Gang in einer Strandvilla auf Bali zu sein, war schon sehr verlockend. Wenn es nicht so kurzfristig wäre. “Ich kann es dir wirklich noch nicht sagen. Aber ich schaue mal, okay?” Mehr konnte sie ihm jetzt leider noch nicht versprechen und das akzeptierte Wincent. “Ich habe noch 10 Minuten, magst du mir noch kurz von der Interview Geschichte erzählen?” fragte er dann und Steffi fasste kurz zusammen, worum es morgen ging. “Und bist du dafür wirklich bereit? Das ist ein großer Schritt, damit an die Öffentlichkeit zu gehen.” Steffi schluckte. “Ja, das stimmt. Aber ich habe mich mit Lara darauf verständigt, dass sie mich erstmal namentlich nicht erwähnt. So kann ich noch ein bisschen anonym bleiben. Hoffe ich zumindest.” “Das ist gut. Aber es kann natürlich sein, dass dich irgendjemand an der Stimme erkennt.” Das war Steffi bewusst, gerade Wincents Fans kannten sie ja nunmal, aber die Frage war ja auch, wer von denen überhaupt das Interview hören würde. “Und wenn das passiert, dann ist das eben so. Ich will mich damit ja auch nicht verstecken. ist das für dich alles in Ordnung?” fragte sie, denn irgendwie betraf es ihn ja auch direkt. Wenn sie erkannt werden würde, dann würde es in der Crew sicher schnell die Runde machen, dass Wincent fast Vater geworden wäre. “Ja, das ist okay für mich. Ich möchte dich bei allem unterstützen und finde es wichtig, dass dieses Thema angesprochen wird. Ich rede ja auch offen über meine depressiven Phasen.” Das von Wincent zu hören, war Steffi nochmal wichtig. “Danke dir. Wann kommst du eigentlich nach Hause?” “Ich versuche, morgen nach Feierabend hier loszukommen. Kann aber sein, dass ich dann erst nachts bei dir bin.” “Okay, hauptsache, du bist überhaupt irgendwann wieder hier.” schmunzelte Steffi. “Natürlich bin ich das. Du fehlst mir. Und Steff? Ich bin stolz auf dich, dass du das machst. Du packst das morgen. Ruf mich danach sofort an, ja?” Steffi wurde warm ums Herz, Wincents Worte bedeuteten ihr sehr viel. “Ich liebe dich. Und ich melde mich morgen. Danke.” Sie drückte noch einen Kuss in den Hörer und dann verabschiedeten sie sich. Erleichtert atmete sie durch. Sie war froh, dass sie inzwischen beide so gut darin waren, Fehler einzugestehen und kleine Streits sofort aus der Welt schaffen konnten. Sie wollte ihr Handy gerade zur Seite legen, als noch eine WhatsApp Nachricht kam. Ein Bild von Wincent, wie er das kleine Punkt-Tattoo an seinem Handgelenk sanft küsste. “Wir sind in Gedanken bei dir.” hatte er dazu geschrieben. Steffi strich lächelnd über das Bild und dann konnte sie es nicht verhindern, dass ihr eine kleine Träne über die Wange lief und auf ihr Handy tropfte. “Ich liebe euch.” sagte sie tonlos, atmete einmal tief durch und wischte sich dann die Tränen aus dem Gesicht. jetzt fühlte sie sich wirklich bereit für Morgen.