1. Kapitel

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"Gehen die Zöpfe wirklich?" Verunsichert schaute ich in den Spiegel und zuppelte meine zwei Zöpfe zurecht. "Na klar, die sind mega süß und jetzt komm ich habe mega Hunger", sagte meine beste Freundin Alex und drückte ungeduldig die Tür vom Mädchenklo auf.

Alex hieß eigentlich Alexandra, doch sie hasste diesen Namen abgrundtief, weshalb sie sich immer mit ihrem Kürzel vorstellte. Kritisch warf ich einen letzten Blick in den Spiegel, zupfte ein letztes Mal meine Haare zurecht und folgte ihr auf den leeren Gang Richtung Kantine.

Die Kantine der Uni war wie immer brechend voll. Seufzend ließ ich meinen Blick über die besetzten Plätze schweifen, ob man sich noch irgendwo dazu setzen konnte? Da blieb mein Blick wie automatisch an einem blonden Hinterkopf hängen.

Da war Elias, seine breiten Schultern und honigblonden Haare erkannte ich schon von weitem. "Mhhm heute gibt es Kuhfladen mit Kartoffelmatsche", sagte Alex sarkastisch, die neben mir eifrig das Mittagsmenü studierte. Ich konnte ihr nur abwesend zuhören. "Na was solls, ich brauche jetzt unbedingt etwas im Magen." Sie schnappte sich ein Tablet und stellte sich in die Warteschlange.

Ich zwang mich meinen Blick von Elias loszureißen und folgte ihr. Als wir an der Reihe waren, klatschte mir die mürrische Kantinenfrau einen großen Klecks Kartoffelbrei auf den Teller und füllte den Rest mit Spinat und Rührei auf.

Neben mir machte Alex Würggeräusche, verlangte aber trotzdem nach einer größeren Portion. Als wir uns umdrehten, war die Kantine noch voller geworden. Ein aufgeregtes Summen erfüllte den Raum, da lauter Studenten durcheinander redeten.

Erneut blieben meine Augen auf Elias haften, selbst von hinten sah er gut aus. Er saß mit zwei Freunden an einem Tisch, an dem noch genau zwei Plätze frei waren. Vermutlich traute sich niemand neben ihm zu sitzen, da die drei schon zu den hübscheren Typen der Uni gehörten. Alex folgte meinem Blick und fing an zu grinsen.

"Super, du hast einen freien Platz entdeckt", sagte sie und schielte Richtung Elias hinüber. "Nein Alex, nicht" stammelte ich noch, doch sie war nicht aufzuhalten. "Ich erfülle lediglich meine Pflicht als beste Freundin." Sie stieß mir einen Ellenbogen in die Seite, ein Stoß, der mir beinahe mein Mittagessen kostete, grinste mich an und lief los.

Ich spürte, wie ich rot anlief. Alex wusste, dass ich schon seit einem Jahr Hals über Kopf in Elias verschossen war, mich aber nie traute ihn anzusprechen. Einerseits hasste ich sie für ihre Kuppelversuche, andererseits war ich ihr tief im Inneren dankbar. Ohne sie hätte ich nicht ein mal mit ihm geredet. Also nahm ich mein Tablet, versuchte es so elegant wie möglich zu balancieren und folgte ihr durch die Menge.

Als wir vor dem Jungstisch hielten, blickten diese auf. David, Elias und Leo, alle drei hätten unterschiedlicher nicht sein können. Elias hatte honigblonde Haare, braungebrannte Haut und ein freundliches Lächeln. Er hatte diesen typischen Surfervibe, den er ausstrahlte - was vermutlich auch daran lag, dass er Wassersport betrieb.

David hingegen hatte dunkle, fast schwarze Locken, die ihm immer in den Augen hingen. Er war deutlich blasser und hatte markante Gesichtszüge. Er und Elias waren schon von klein auf unzertrennlich gewesen und gingen ihr Leben lang auf dieselben Schulen.

Leo kam erst letztes Jahr dazu und war ein bisschen der Nerd der Gruppe. Mit seinen feuerroten Haaren und Sommersprossen stach er aus jeder Menge hinaus. Obwohl er oft für seine Haarfarbe von den anderen als "seelenlos" aufgezogen wird, verlor er nie seinen Humor und hatte stets ein freches Grinsen im Gesicht.

"Hey, wie ich sehe, habt ihr noch zwei Plätze für zwei hübsche Mädels wie uns", grinste Alex in die Runde. "Na klar, setzt euch, wir sind hier eh bald fertig", lud uns Leo mit freundlichem Lächeln ein, "Die besten Plätze in der Mensa, fühlt euch geehrt."

"Danke für diese Großzügigkeit", murmelte ich. Mit einem letzten Blick zu Alex setzte ich mich neben Leo während sie den Platz zwischen mir und David einnahm. Erst jetzt wagte ich es, einen Blick zu Elias zu werfen. Gott sah er heute wieder gut aus, sein blaues Shirt betonte seine Augen hervorragend.

Bevor ich es verhindern konnte, versank ich wieder in meinen Tagträumen. Was würde ich nur dafür geben, einmal durch seine Haare wuscheln zu können. Ob die wirklich so weich waren, wie sie aussahen? Wie konnte man nur so gut aussehen? Ich könnte ewig so in seine meerblauen Augen gucken, die mich ansahen, als könnten sie kein Wässerchen dieser Welt trüben.

"Du isst ja gar nichts, Tiana, schmeckt es dir nicht?" Elias sah mich fragend an. Eine sehr lange Sekunde verging, eine zweite, nach der dritten stieß Alex mich an: "Tia, Mund zu, du sabberst", flüsterte sie mir zu. Erst dann erwachte ich aus meiner Trance. Sofort merkte ich, wie meine Wangen heiß wurden. Feuerrot angelaufen blickte ich auf meinen vollen Teller. Wie lange hatte ich Elias angestarrt? Und seit wann hat er es bemerkt?

"Sorry, ich habe geträumt", nuschelte ich verlegen. Am liebsten würde ich vor Scham im Boden versinken. Wenn sich jetzt ein Loch in der Erde aufmachen würde, würde ich nicht zögern und hineinspringen. "Wer kann es ihr verübeln, diese Pampe kann man ja nicht wirklich Essen nennen", rettete Alex mich aus meiner Bredouille und sah ihr Spinat strafend an. Lachend stimmten die anderen zu.

"Ich glaube auch nicht, dass ich noch einen Happen davon hinunterkriege. Ich gehe schon mal vor, wir sehen uns später." David erhob sich mit seinem ebenfalls kaum angerührten Essen, nickte uns ein mal zu und ging Richtung Ausgang. "Was ist denn mit dem los?" Leo sah Elias fragend an, doch der zuckte nur die Schultern. "Vielleicht hat er noch was vor."

Nach kurzer Zeit und einem Essen, das besser schmeckte, als es aussah, verabschiedeten sich die beiden Jungs von uns und gingen ebenfalls. Nachdem sie den Raum verlassen haben, ließ ich meinen Kopf auf die Tischplatte fallen und stieß einen langen Seufzer aus. "Danke Alex, du hast mich gerettet. Das war ja mal oberpeinlich." Alex lachte, "Ja, das war nicht deine Meisterleistung der Kommunikation, aber ich habe dich ja auch damit überfallen."

Ich drehte meinen Kopf zu ihr und fing an zu grinsen. "Aber weißt du was? Alle Peinlichkeit beiseite?", Alex sah mich argwöhnisch an und hob eine Augenbraue. "Was kommt jetzt?" Ich wendete mich ihr komplett zu und setzte mich ruckartig auf. "Er kennt meinen Namen!", jauchzte ich freudig.

Alex sah mich halb liebevoll, halb mitleidig an und legte ihren Arm um mich. "Ach Tia... Du bist verloren." Ich wusste das. Keinem war das so bewusst wie mir und doch konnte ich diesen kleinen Hoffnungsfunken in mir nicht unterdrücken, der langsam zu glühen begann. Vielleicht war es doch nicht so schwer, ihm näherzukommen. Vielleicht, ganz vielleicht könnte es doch etwas werden.

"Ob ihm wohl meine Haare aufgefallen sind?", murmelte ich verträumt vor mich hin, nur um einen Klaps auf den Hinterkopf zu bekommen. "Wach wieder auf und hilf mir abräumen." Alex sah mich kopfschüttelnd an.

"Jaja", antwortete ich leicht grummelig. Sie hatte vermutlich recht, aber trotzdem wollte ich noch nicht ganz aus dieser Traumwelt aufwachen. Vielleicht haben ihm die Zöpfe ja gefallen...

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⏰ Letzte Aktualisierung: Oct 03, 2023 ⏰

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