Untersuchung

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Tag 2 Sonntag

Im MG kam ich wieder langsam zur Ruhe. Justus fuhr, was total außergewöhnlich war und Peter war mit mir hinten auf der Rückbank.

„Es tut mir Leid“, nuschelte ich, als mir bewusst wurde, welche Umstände ich ihnen gemacht hatte.

„Bob, hör zu, dir muss überhaupt nichts Leid tun, es ist nicht deine Schuld, was immer auch passiert ist und wenn es dir nicht gut geht, dann sind wir für dich da“, erwiderte Peter darauf.

„Danke“, sagte ich leise und sah Peter an, der sehr besorgt aussah.

„Justus hat vorhin, mit Inspektor Cotta telefoniert wegen einem Fall, den wir in den letzten Tagen hatten. Wir haben mit ihm geredet über das, was du geschrieben hast. Bob, wir fahren jetzt sofort in ein Krankenhaus.“

„Das ist nicht nötig, so schlimm ist es nicht.“

„Erinnerst du dich wieder?“, fragte Peter.

„Nein, aber -“

Peter unterbrach mich: „Hattest du keine Angst, als du eben ausgestiegen bist?“

„Doch schon, aber-“

„Hast du nicht gerade Schwindel und Übelkeit?“

„Ja schon.“

„Also keine Widerrede, wir fahren mit dir ins Krankenhaus!“

Ich ahnte, daß meine Freunde recht hatten.

„Bob vertraust du mir?“

„Ja klar, das weißt du doch.“ Was sollte diese Frage, als ob wir nicht schon öfters bewiesen hatten, daß wir einander vollkommen vertrauen konnten. Ich hatte nicht umsonst Peter vorhin angeschrieben. „Bob, dann zähl bitte alles auf was heute morgen komisch war, oder sich komisch angefühlt hat.“

„Ich konnte erst nichts sehen, ich hatte so eine Schlafmaske auf, die war nicht von mir, ich war unter einer fremden Decke. Mir war schwindelig, übel, ich hatte Kopfschmerzen und ich war orientierungslos. Da hatte ich schon Angst. Ich hab dann die Maske abgestreift und langsam wusste ich wieder wo ich war, ich hab mich aufgerichtet und dann -“ Ich brach ab, bisher hatte ich es verdrängt, daß es bedeutsam sein könnte, aber wenn doch dann - ich wollte den Gedanken nicht einmal zu Ende denken.

„Bitte Bob!“

„Ich ... Es zog in meinem Unterleib ... und ... ich weiß auch nicht. Ich habe Steven gesehen und ich bekam Angst, dabei war er immer nett gewesen, gestern und heute morgen auch, aber ich hab gerade 100 Minuten am Stück vor Angst gezittert, nur weil er neben mir gesessen hat. Ich weiß selbst nicht warum.“

„Bob, dieses Ziehen, hast du das immernoch?“

„Ja, aber es ist nicht so schlimm,  ... ich hab dann aufs Handy gesehen und festgestellt, daß es 7 Uhr war, also wir waren kurz vor Fresno-“

„Bob du lenkst ab, weil es dir unangenehm ist“, Justus hatte sich umgedreht und eingemischt an einer roten Ampel. „Wir verstehen das. Inspektor Cotta meint, daß es nach GHB klingt und da du wohl eher nicht zum Ausrauben ausgesucht wurdest.... GHB wird auch Vergewaltigungsdroge genannt, deswegen solltest du so schnell wie möglich untersucht werden.“

Das war zuviel. Ich wollte das nicht hören und schon gar nicht wollte ich darüber nachdenken. Ich legte die Hände auf die Ohren, wandte mich ab und weinte nun doch.  

Peter griff mich an den Schulter, zog mich an sich ran und hielt mich einfach fest. Ich ahnte nur, daß die zwei sich stritten, da ich an Peters Brust gelehnt jeden Atemzug spürte und verzerrt wahrnahm, wie er sprach.

Es dauerte bis ich mich wieder beruhigen konnte. Ich lag immernoch schluchzend an Peters Brust, hatte aber die Hände gesenkt. Ich fühlte mich geborgen und sicher in Peters Arm. „Bob, ich fürchte, deine Reaktion heißt, daß du vermutest, daß das zutrifft, kann das sein?“

Ich nickte stumm. Peters Arme drückten mich kurz noch fester. „Bob, bitte! aus welchen Gründen vermutest du das?“

Ich schloss die Augen, als ich Peter tonlos antwortete: „Ich war in Fresno auf der Toilette und meine Hose war falsch zugeknöpft, meine Unterhose war. . naja sie saß nicht richtig und ... “  Ich griff fester zu und Peter gab einen kurzen Schmerzlaut von sich, aber er beklagte sich nicht. ... „Es ist Sperma und etwas Blut drin ... Ich weiß nicht, wie es dazu kam. Weiß nicht sicher, ob es von mir ist.“ Ich merkte, wie ich rot anlief, es war mir peinlich so die Kontrolle verloren zu haben, daß ich nicht mal solch wesentliche Sachen wusste.

„Bob, ich glaube dir, daß das total schlimm ist und daß du gerne das alles vergessen möchtest, es vielleicht auch lieber nicht genauer wissen möchtest, aber es ist total wichtig, daß du so schnell wie möglich untersucht wirst. Wenn du das möchtest bin ich die ganze Zeit über bei dir.“

Ich war nicht sicher, ob ich Peter bei solchen Untersuchungen dabei haben wollte, doch als ich daran dachte alleine zu sein... Ich nickte nur.

5 Minuten später lenkte Justus den MG auf den Parkplatz des Krankenhauses. Als wir ausstiegen, wartete Inspektor Cotta auf uns. Ich sah wie Justus mit einem leichten Nicken ihm etwas bestätigte und mir war klar, um was es ging. Ich konnte ihm nicht in die Augen sehen und schaute zu meinen beiden Füßen.

„Bob, wir gehen da jetzt rein, du musst das nicht alleine schaffen. Das Polizeigespräch kannst du mit mir führen, okay?“

„Danke.“

Es war schrecklich, wobei ich dachte, daß es vielleicht noch schlimmer gewesen wäre, wenn ich mich erinnern könnte. Letztendlich bestand der größte Teil meiner Antworten aus: „Ich weiß nicht.“ Doch die Untersuchungen belegten, daß ich mich nicht getäuscht hatte und daß es in der Zeit meines Blackouts einen sexueller Übergriff gab. Es machte mich verrückt nicht zu wissen, was genau passiert war, aber ich bekam eine Ahnung davon, wie schlimm diese Erinnerungen sein könnten und wieviel schwerer dann diese Fragen noch wären.

Justus wartete fast in der kompletten Zeit auf einem Sitzplatz im Wartebereich. Nur um mir Wechselkleidung zu holen, verließ er diesen Platz. Ich hoffte, daß Justus mit nicht verübelte, daß ich diesmal Peter ihm so klar vorzog, wo ich doch sonst immer so viel Wert darauf legte, sie gleich zu behandeln, aber ich hatte den Eindruck, daß es für Justus okay war, als wir zusammen das Krankenhaus verließen.  

„Bob, bitte komm morgen Nachmittag auf dem Revier vorbei, ein Elternteil sollte auch dabei sein. Ich war verpflichtet sie in Kenntnis zu setzen und werde sie jetzt gleich noch auf den aktuellen Stand bringen. Ich hoffe du siehst es als Erleichterung und nicht als Schikane.“

„Ist schon okay, kann ich jetzt nach Hause?... Ich möchte mich waschen.“

„Ja, jetzt ist das in Ordnung und auch sehr verständlich. Bis morgen.“

Ich nickte zum Abschied und wandte mich dann dem MG zu. Wieder fuhr Justus den Wagen während Peter mit mir hinten saß und mich festhielt. Es tat gut gehalten zu werden.

Zuhause wurde es noch schwerer. Meinen Eltern gegenüber zu treten, war unerträglich. Ich konnte sie einfach nicht ansehen und wiech ihren Blicken konsequent aus. Ich war überfordert, zitterte stark und klammerte mich an Peter. Mein Dad legte mir die Hand auf die Schulter. „Geh ruhig erst ins Bad, Peter und Justus können hier bei uns warten.“

Ich versicherte mich kurz bei Peter daß er wartete, dann flüchtete ich regelrecht ins Bad.

BusfahrtWo Geschichten leben. Entdecke jetzt